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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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unserem Bruder nichts zu tun.«
    »Wenn ich das geglaubt hätte, wärst du schon seit Stunden tot«, sagte Philipp mit einem freundlichen Lächeln. »Praxis’ Komplize ist noch immer in Pella, und er ist verheiratet mit meiner Mutter.«
    Philipps rehäugiges Mädchen sah auf, als hätte das plötzliche Schweigen ihre Aufmerksamkeit erregt. Als sie die Mienen der beiden Männer sah, senkte sie den Blick sofort wieder.
    Und plötzlich, von einem Augenblick zum anderen, schien Arrhidaios das Interesse an dem Thema zu verlieren.
    »Ich mag Athen«, sagte er und ließ die Hand bewundernd über den Rücken des Mädchens gleiten. »Ich hatte zwar schon immer eine hohe Meinung von Athen, aber ich hatte mir nie vorgestellt, was für ein Vergnügen es ist, in der zivilisiertesten Stadt der Welt zu leben. Es gibt keine Lust, ob nun geistig oder fleischlich, die man hier nicht befriedigen kann, und ich leide unter keinen Beschränkungen. Ich habe Muße und, dank der Gunst meiner Freunde, auch Geld. Eigentlich habe ich so viel Muße, wie man es sich nur wünschen kann.«
    »Aber ich frage mich, was deine Freunde von dir verlangen werden, wenn deine Muße zu Ende geht.«
    Arrhidaios sah Philipp an, als hielte er ihn für den größten Narren der Welt.
    »Es ist möglich, daß es meinen Freunden eines Tages gelingen wird, mich zum König von Makedonien zu machen«, sagte er mit bemühter Beiläufigkeit, die seine Verärgerung eher verriet als verhüllte.
    »Unser Bruder Perdikkas ist König.« Das Lächeln auf Philipps Lippen deutete an, daß Verrat ihn nicht mehr entsetzen konnte. »Und, sollte er kinderlos sterben, bin ich sein Nachfolger. Oder haben deine Freunde vielleicht vor, uns beide umzubringen?«
    Nun war es Arrhidaios, der auf diese Unterstellung gelassen reagierte. Er zuckte nur die Achseln.
    »Meine Freunde haben nicht vor, irgend jemanden zu ermorden. Ich glaube, sie gehen davon aus, daß Ptolemaios ihnen diese Arbeit abnimmt.«

20
     
     
    WENN ER ÜBERLEBTE, würde Perdikkas, der König von Makedonien, im zweiten Jahr seiner Herrschaft offiziell zum Mann werden. Niemand schien dieser Tatsache viel Beachtung zu schenken, vor allem der Regent nicht, der weiterhin herrschte, als wäre er selbst der König, und Perdikkas verspürte wenig Lust, ihn daran zu erinnern. Er war sich ziemlich sicher, daß sein Stiefvater ihn lieber würde umbringen lassen, als die Macht aufzugeben. Er lebte in dauernder Angst. Die Erinnerung an den Tod seines Bruders war noch schmerzhaft lebendig, und manchmal wachte er nachts auf und mußte seine ganze Kraft zusammennehmen, um nicht zu schreien, denn er wußte nicht mehr, ob er im Traum Alexandros’ Blut auf dem Schwert des Mörders gesehen hatte oder sein eigenes.
    Diese Nacht war die schlimmste. Zitternd saß er auf der Bettkante, die Tränen liefen ihm in den Bart, und er starrte hinaus in die Dunkelheit, als wartete er darauf, daß gleich ein Feind ihn anspringe.
    Schließlich stand er auf und tastete sich zu dem Tisch neben der Kommode, auf dem ein Becken und ein Krug mit Wasser standen. Er mußte sehr leise sein. Eine Verbindungstür führte in das Schlafzimmer seiner Mutter, und in dieser Nacht schlief Ptolemaios in ihrem Bett. Perdikkas wusch sich das Gesicht mit der stummen Verstohlenheit eines Mannes, der Opfergaben vom Altar raubt.
    Danach ging es ihm etwas besser. Er konnte sich wieder aufs Bett setzen und über das Problem nachdenken, das, wie ihm immer deutlicher bewußt wurde, der Schlüssel zu seinem Überleben war: Wie konnte er den Regenten töten?
    Es war nicht so leicht, wie es aussah. Ptolemaios lagschlafend im Nebenzimmer, aber trotzdem konnte Perdikkas nicht einfach hinübergehen und ihn mit einer Lanze durchbohren. Schließlich lag auch seine Mutter im selben Bett, und er konnte den Mann doch nicht vor den Augen seiner Mutter umbringen. Schon allein die Vorstellung – die Schreie und Flüche, das Blut überall auf ihrem nackten Körper – war entsetzlich.
    Aber wenn es geschah, ohne daß sie es sah, so sagte sich Perdikkas, und wenn sie dann erst einmal darüber nachgedacht hatte, würde sie erkennen, daß er das Richtige getan hatte, das, was ein Mann zu tun hatte, und sie würde ihm verzeihen. Sie würde bestimmt begreifen, daß er keine andere Wahl gehabt hatte. Sie würde zwar weinen, aber nach einer Weile würde sie die Notwendigkeit der Tat erkennen, und er würde wieder ihr Sohn sein. Schließlich war das Blut immer noch stärker als die Lust.
    In der

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