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Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci

Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci

Titel: Der Maler des Verborgenen: Roman über Leonardo da Vinci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Vermeulen
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weiß ich es wieder. Du warst der Esel, der mein Mehl zum Markt trug.«
    Zoroastro machte eine Verbeugung und eine Handbewegung zu dem neben ihm stehenden Leonardo, auf dass dieser den Beifall der Zuhörer entgegennehmen konnte.
    Schmunzelnd schlängelte sich Leonardo zwischen den Umstehenden hindurch zum Tisch mit den Weinfässchen und Häppchen, der in der Mitte des Salons unter einem Kristalllüster mit mindestens hundert brennenden Kerzen prangte.
    »Meister da Vinci«, begrüßte ihn dort ein noch recht junger, unscheinbar aussehender Mann. Er schwankte ein wenig und stützte sich mit einer Hand auf den Tisch, während er in der anderen einen halb abgenagten Hähnchenschlegel hielt.
    »Verzeihen Sie«, sagte Leonardo, seinen Römer einem Dienstboten reichend, damit er ihn wieder füllte, »aber sollte ich Sie kennen?«
    »Ich bin der Sekretär des Botschafters von Florenz. Man nennt mich die Gans, weil ich den lieben langen Tag einen Gänsekiel in der Hand halte.« Der Mann warf den Schlegel weg und wischte sich mit einem schneeweißen Tuch das Kinn ab. »Gehen die Arbeiten am Pferd leidlich voran?« Er rülpste unterdrückt und nahm einen gefüllten Zinnbecher vom Tisch. »Man gibt mir keinen Römer mehr, weil ich derlei stets fallen lasse«, erklärte er. »Und das soll dem Holz des Fußbodens schlecht bekommen.«
    »Es muss erst Raum für die Arbeiten geschaffen werden, und überdies habe ich vorerst eine Reihe anderer Dinge zu tun.«
    »Gedenken Sie denn wirklich , damit zu beginnen? Mit dem Pferd, meine ich.«
    Leonardo runzelte misstrauisch die Stirn. »Warum fragen Sie das in diesem eigenartigen Ton?«
    »Das ist ein Geheimnis.« Der Sekretär trank seinen Becher in einem Zug leer und hickste laut.
    »Hat Seine Exzellenz etwas über mich gesagt, was ich wissen sollte?«
    »Ob Sie das wissen sollten, darüber lässt sich streiten.«
    Er ist betrunken und faselt wirres Zeug, sagte sich Leonardo mit leichtem Abscheu. Er nahm seinen wieder gefüllten Römer entgegen und wandte sich zum Gehen.
    »Das Vertrauen des Herrn Sforza in Sie ist allem Anschein nach nicht sonderlich groß«, sagte der Sekretär in seinem Rücken.
    Leonardo drehte sich um: »Wie kommen Sie darauf?«
    Der andere grinste triumphierend. »Er hat über den Botschafter bei Lorenzo de’ Medici zwei weitere Künstler aus Florenz angefragt, die Ihnen assistieren sollen.«
    »Ach ja?«, sagte Leonardo mit gespielter Gleichgültigkeit.
    »Ja. Aber die Antwort war ein Nein. Der Stadtherr von Florenz möchte mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun haben.«
    Eigentlich sollte mich das nicht erstaunen, dachte Leonardo. Es ist ja wirklich ein gigantischer Auftrag. Aber dennoch war er gekränkt, denn er hatte gehofft und angenommen, dass er zu einem Vertrauten von Il Moro geworden war. Wenn er Assistenten benötigte, würde er sie sich schon selber suchen. Verstimmt fragte er: »Hat jemand in Ihrer Position denn in solchen Sachen keine Diskretion zu wahren?«
    »Ich sagte doch bereits, dass es sich um ein Geheimnis handelt!«
    »Vielleicht sollten Sie lieber ein wenig sparsamer mit dem Wein umgehen.«
    »Auch ein Sekretär kann nicht allein von Tinte leben, Meister.« Und damit drehte er Leonardo den Rücken zu, als betrachte er das Gespräch als beendet.
    »Man hat gefragt, ob du nicht etwas auf der Lira spielen möchtest«, sagte Zoroastro, als Leonardo wieder an seiner Seite erschien.
    Leonardo schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich gehe jetzt lieber nach Hause.«
    »So plötzlich?«
    »Es macht mir keinen Spaß mehr«, erwiderte Leonardo. Er kippte seinen Wein hinunter, stellte seinen Römer mit einem Knall auf dem nächstbesten Tisch ab und ging grußlos zur Tür. Er schaute sich nicht einmal um, ob Zoroastro ihm folgte.
    »Da ist ein Unbekannter, der dich persönlich zu sprechen wünscht«, meldete Ambrogio de Predis. »Eine zwielichtige Gestalt, wenn du mich fragst. Und er stinkt. Soll ich vorsichtshalber in der Nähe bleiben?«
    Ohne zu antworten, schob Leonardo seinen Stuhl zurück und ging in die Werkstatt. Er erkannte den in Lumpen gekleideten jungen Mann, der sichtlich nervös an der Eingangstür wartete. Unter dem linken Arm trug dieser einen in schmutziges Sackleinen gewickelten runden Gegenstand. In der Tat ging ein unangenehmer, strenger Geruch von ihm aus, als hätte er in einem alten Fuchsbau genächtigt. Man merkte ihm die Erleichterung an, als er Leonardo erblickte.
    »Ich habe ihn«, sagte er sogleich.
    »Unversehrt?«
    Der

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