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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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versuche, »im Augenblick nicht erreichbar« sei.
    Max Lewis fuhr über die Key Bridge und dann auf dem George Washington Parkway nach Norden. Den Range Rover hatte er irgendwo in Georgetown abgehängt. Er musterte die Gestalt auf dem Beifahrersitz: ein großer, ziemlich attraktiver schwarzhaariger Mann ohne Bart. Eigentlich sah er Michael Osbourne recht ähnlich. Max schaute in den Rückspiegel. Der Range Rover war nirgends zu sehen. Einen verrückten Augenblick lang machte ihm die Sache richtig Spaß.
    Elizabeth hatte gesagt, er solle zum Haupttor der CIA fahren.
    Dort würde ihn jemand abholen und mit reinnehmen. Er gab Gas, und die Tachonadel kletterte auf fünfundsiebzig Meilen.
    Der Mercedes schwebte mühelos über die sanften Hügel und weiten Kurven des Parkway. Herbstlaub flatterte von den Bäumen, und unter ihm glitzerte der Potomac in der strahlenden Dezembersonne.
    Max sah wieder zu der Gummipuppe hinüber. »Hören Sie, Mr. Jib«, sagte er, »da wir einige Zeit miteinander verbringen werden, sollten wir vielleicht die Gelegenheit nutzen, etwas mehr übereinander zu erfahren. Ich heiße Max und bin schwul. Das stört Sie hoffentlich nicht.«
    Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm das blaue Blinklicht eines Virginia State Trooper. Er sah auf seinen Tacho und stellte fest, daß er fast achtzig fuhr.
    »Oh, Scheiße«, sagte Max, trat leicht auf die Bremse und fuhr auf einen Aussichtsplatz über dem Fluß.
    Der Polizist stieg aus und setzte seine Mütze auf. Max ließ sein Fenster herunter. »Sie sind weit über siebzig gefahren, Sir, wahrscheinlich knapp achtzig. Darf ich bitte Ihren Führerschein sehen?« Dann bemerkte er die Gummipuppe auf dem Beifahrersitz. »Was ist das?«
    »Das ist eine sehr lange Geschichte, Officer.«
    »Ihren Führerschein, bitte.«
    Max klopfte die Brusttaschen seiner Jacke ab. Sie hatten das Haus so rasch verlassen, daß er seinen Aktenkoffer und seine Brieftasche vergessen hatte. »Tut mir leid, Officer«, sagte er, »aber den habe ich nicht bei mir.«
    »Bitte den Motor abstellen und aussteigen«, verlangte der Trooper in eintönig leierndem Tonfall. In diesem Augenblick wurde er jedoch durch einen schwarzen Range Rover abgelenkt, der hinter ihnen hielt.
    »Officer, Sie werden mich für verrückt halten«, sagte Max, »aber hören Sie mir jetzt lieber gut zu.«

    Delaroche stieg aus und kam auf den Trooper zu. Astrid stieg ebenfalls aus, trat vor den Mercedes. Der Polizeibeamte öffnete den Schnappverschluß seines Halfters und griff nach seinem Revolver. »Zurück in den Wagen, Sir, sofort!«
    Delaroche zog bereits die Beretta aus dem Hosenbund. Er riß den Arm hoch und drückte zweimal ab. Der erste Schuß traf den Trooper in die Schulter, warf ihn herum. Der zweite traf seinen Hinterkopf und ließ ihn auf dem Bankett zusammenbrechen.
    Astrid stand vor dem Mercedes und hielt ihre Pistole mit ausgestreckten Händen umklammert. Sie sah erst den Mann am Steuer, dann die Puppe auf dem Beifahrersitz, auf dem Elizabeth Osbourne hätte sitzen sollen. Heißer Zorn stieg in ihr auf. Sie hatte sich mit einem uralten Trick reinlegen lassen.
    Der Motor des Mercedes sprang an, und die Feststellbremse wurde gelöst. Astrid feuerte ruhig und überlegt drei Schüsse durch die Windschutzscheibe. Das Glas zersplitterte und verfärbte sich sofort blutrot. Der Ermordete fiel nach vorn aufs Lenkrad, und der schrille Ton der Autohupe erfüllte die Luft.
    Michael ging nervös Wache haltend in Adrian Carters Büro auf und ab und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Carter puttete mit Golfbällen, um seine Nerven zu beruhigen. Eines von Monica Tylers Faktoten wartete vor Carters Büro wie ein Schuljunge, der zur Strafe auf den Flur geschickt worden ist.
    Michael schloß die Tür, damit er unbelauscht mit Carter reden konnte.
    »Warum habe ich die Akte Oktober nie zu sehen bekommen?«
    »Weil der Zugang eingeschränkt war«, sagte Carter tonlos und hochkonzentriert mit gesenktem Kopf. Er schlug den Ball, verfehlte das Ziel aber um fünfzehn Zentimeter. »Scheiße«, murmelte er. »Zu verkrampft.«
    »Warum ist der Zugang eingeschränkt gewesen?«
    »Dies ist ein Geheimdienst, Michael, nicht der Lesesaal der Stadtbücherei. Wie du weißt, erfährt bei uns jeder nur das, was er wissen muß. In der Zeit, in der Oktober ein aktiver KGB-Agent gewesen ist, hast du wahrscheinlich nicht wissen müssen, daß er existiert.«
    Carter schlug seinen nächsten Ball. Diesmal traf er das Ziel.
    »Warum sind

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