Der Maler
PLO-Sprecher.
In bezug auf seine Arbeit hegte Schamron keinerlei Skrupel.
Palästinensische Guerillas waren 1964 ins Haus der Familie Schamron eingedrungen und hatten seine Eltern im Schlaf ermordet. Sein Haß auf die Palästinenser und ihre Führer war grenzenlos. Aber jetzt wendete sein Haß sich gegen jene Israelis, die mit Massenmördern wie Arafat und Assad Frieden schließen wollten.
Er hatte sein Leben damit verbracht, Israel zu schützen; er hatte von einem Groß-Israel vo m Sinai bis zum Westufer des Jordans geträumt. Das alles wollten die Friedenswilligen jetzt weggeben. Der Ministerpräsident sprach offen von einer Rückgabe der Golanhöhen, um Assad an den Konferenztisch zu locken. Schamron erinnerte sich gut an die schlimme Zeit vor 1967, als die syrische Artillerie das nördliche Galiläa von den Golanhöhen aus beschossen hatte. Arafat herrschte in Gaza und auf der West Bank. Er forderte einen unabhängigen Palästinenserstaat mit Jerusalem als Hauptstadt. Jerusalem! Das würde Schamron niemals zulassen.
Er hatte sich geschworen, den sogenannten Friedensprozeß zum Scheitern zu bringen, mit allen Mitteln. Lief alles weiter nach Plan, hatte er gute Aussichten, seinen Wunsch erfüllt zu bekommen. Assad würde jetzt auf keinen Fall an den Verhandlungstisch kommen. Die Araber in Gaza und auf der West Bank würden vor Wut schäumen, wenn sie in den Morgennachrichten von den amerikanischen Angriffen hörten.
Die Armee würde eingreifen müssen. Es würde eine neue Runde mit Terroranschlägen und Vergeltungsmaßnahmen geben.
Damit war der Friedensprozeß unterbrochen. Ari Schamron leerte seine Teetasse und drückte seine Zigarette aus.
Nie hatte er eine Million Dollar besser investiert.
Dreitausend Kilometer weiter nördlich fand in Moskau in der Zentrale des Föderalen Sicherheitsdiensts FSB, der die KGB-Nachfolge angetreten hatte, eine ähnliche Nachtwache statt. Der Mann am Fenster war General Konstantin Kalnikow. Es war kurz nach Tagesanbruch, und dieser Oktobertag war selbst für Moskauer Begriffe kalt. Ein eisiger sibirischer Wind wirbelte Schneeflocken über den Platz vor dem Fenster. Zum Glück mußte Kalnikow in ein paar Wochen dienstlich auf die Karibikinsel Sankt Maarten. Er würde es genießen, dieser ewigen Kälte für ein paar Tage zu entkommen.
Kalnikow fröstelte und zog die schweren Vorhänge zu. Er setzte sich an seinen Schreibtisch und machte sich daran, einen Aktenstapel durchzuarbeiten. Der überzeugte Kommunist Konstantin Kalnikow war 1968 vom KGB angeworben worden.
Er hatte es zum Chef der Zweiten Hauptabteilung für Spionageabwehr und die Bekämpfung innerer Subversion gebracht. Als mit der Sowjetunion dann auch der KGB zusammengebrochen war, hatte Kalnikow eine Führungsposition in dem neuen Nachrichtendienst FSB behalten. Kalnikow war jetzt für Rußlands Geheimdienstoperationen in Mittel-und Südamerika zuständig.
Dieser Job war ein Witz. Sein Budget war so niedrig, daß er kein Geld für Agenten oder Spitzel hatte. Er war machtlos wie ganz Rußland.
Kalnikow hatte miterlebt, wie Präsident Boris Jelzin die russische Wirtschaft zugrunde gerichtet hatte. Er hatte miterlebt, wie die einst gefürchtete Rote Armee in Tschetschenien gedemütigt wurde. Hatte miterlebt, wie ihre Panzer aus Mangel an Sprit und Ersatzteilen verrosteten. Hatte miterlebt, wie ihre Soldaten Hunger litten. Und er hatte miterleben müssen, wie der ruhmreiche KGB zur Zielscheibe des Spotts anderer Nachrichtendienste geworden war.
Er wußte, daß er nichts tun konnte, um eine Kursänderung zu erreichen. Rußland glich einem in rauher See schlingernden großen Schiff. Es brauchte lange, um seinen Kurs zu ändern oder zu stoppen. Kalnikow hatte zwar sein Rußland, aber nicht sich selbst aufgegeben.
Schließlich hatte er eine Familie zu versorgen: seine Frau Katja und drei hoffnungsvolle Söhne. Ihre Fotos waren das einzig Persönliche in seinem ansonsten kühlen, sterilen Dienstzimmer.
Kalnikow hatte beschlossen, seine Position auszunutzen, um sich zu bereichern. Er war der Anführer einer Gruppe von Heeresoffizieren, Geheimdienstleuten und Mafiamitgliedern, die Rußlands militärische Hardware auf dem Weltmarkt an den Meistbietenden verkaufte. Kalnikow und seine Männer hatten Atomtechnologie, waffenfähiges Uran und Raketentechnologie an Syrien, den Iran, Libyen, Nordkorea und Pakistan verkauft.
Damit hatten sie Millionen von Dollar verdient.
Er schaltete CNN ein; eine Expertenrunde
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