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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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blieb ebenfalls stehen und setzte sich erst wieder in Bewegung, als der Hund fertig war. Er sah sich um, ob sie allein waren. Dann schloß er mit ein paar raschen Schritten zu Arbatow auf. Durch das Geräusch der Schritte alarmiert, fuhr Arbatow rechtzeitig herum, um Delaroche mit erhobenem Arm noch hinter sich stehen zu sehen. Der mit brutaler Gewalt geführte Handkantenschlag traf Arbatow seitlich am Hals und zerschmetterte ihm das Rückgrat.

    Der Alte brach zusammen. Der Hund kläffte wild und zerrte an der Leine, die Arbatows Finger noch immer umklammerten.
    Delaroche griff in Arbatows Mantel und zog seine Brieftasche heraus. Straßenräuber töten nicht mit einem einzigen Schlag gegen den Hals. Das machen nur Profis. Straßenräuber knüppeln ihre Opfer nieder und mißhandeln sie. Er trat Arbatow mehrmals ins Gesicht und ging davon.
    Der Regen wurde stärker. Das Kläffen des Hundes verhallte im regennassen Dunkel. Delaroche ging in normalem Tempo weiter. Er nahm Geld und Kreditkarten aus Arbatows Brieftasche und warf sie in eine Blumenrabatte neben dem Weg.
    Im bläßlichgelben Lichtschein der Straßenbeleuchtung sah er, daß er Blut am rechten Schuh hatte. Er wischte es mit einer alten Zeitung ab und hielt ein Taxi an, das ihn ins Hotel brachte. Er würde problemlos den Nachtzug erreichen. Er packte rasch und bezahlte das Zimmer.
    Im Bahnhof warf er Arbatows Kreditkarten in einen Abfallbehälter. Der Zug war schon gut besetzt, als er einfuhr, aber Delaroche fand einen Sitzplatz und ließ sich von dem Mann, der mit Erfrischungen durch den Wagen kam, ein Bier und ein Sandwich geben. Dann schob er sich seine Lederjacke als Kissen unter den Kopf und schlief bis Brest durch.

16
    WASHINGTON, D.C.
     
    Susanna Dayton arbeitete von Mittag bis acht Uhr abends ohne Pause; nur irgendwann am späten Nachmittag ging sie mal zur Haustür und nahm die bestellte Pizza entgegen. Tom Logan, der Redakteur von der Post, hatte mehr gefordert, und sie hatte es ausgegraben. Der Artikel war hieb-und stichfest. Sie hatte Grundbuch-und Bankauszüge, um ihre schwersten Vorwürfe zu untermauern. Sie hatte doppelte und dreifache Zeugenaussagen, um die übrigen zu beweisen. Niemand, der in ihrem Artikel vorkam, würde die Ergebnisse ihrer Recherchen bestreiten können. Die Tatsachen sprachen für sich, und Susanna hatte die Tatsachen.
    Heute schrieb sie nur. Um nicht gestört zu werden, arbeitete sie zu Hause. Ihr Artikel enthielt massenhaft Informationen: Namen, Zahlen, Daten, Orte, Leute. Die Herausforderung für Susanna war, daraus eine interessante Story zu machen. Sie begann mit einer kurzen Skizze ihrer Hauptfigur: James Beckwith, ein junger Staatsanwalt, ein vielversprechendes Talent ohne eigenes Vermögen, aber mit der Chance, als Rechtsanwalt ein Vielfaches dessen zu verdienen, was in der Politik möglich wäre. Auftritt Mitchell Elliott, ein unermeßlich reicher Rüstungsindustrieller und Wohltäter der Republikaner.
    Bleiben Sie in der Politik, hatte Elliott dem jungen Beckwith geraten, und überlassen Sie alles weitere mir. Im Lauf der Jahre hatte Elliott das Ehepaar Beckwith durch zahlreiche Immobiliengeschäfte und andere finanzielle Transaktionen reich gemacht. Und der Mann, der viele dieser Projekte ausgearbeitet hatte, war Sam Braxton, Elliotts wichtigster Rechtsberater und sein Lobbyist in Washington.
    Alles weitere ergab sich aus dieser Prämisse. Gegen acht Uhr abends hatte sie einen Artikel mit fast fünfhundertfünfzig Zeilen fertig. Morgen vormittag würde sie ihn Tom Logan zeigen.
    Wegen der schweren Anschuldigungen würde Logan ihn dem Chefredakteur der Post vorlegen müssen. Dann würden die Anwälte ihn kritisch begutachten.
    Sie wußte, daß ihr einige lange, schwierige Tage bevorstanden.
    Ihrem Artikel fehlte nur noch ein abschließendes Element: Kommentare aus dem Weißen Haus, von Mitchell Elliott und Samuel Braxton. Sie blätterte in ihrer Rolodex-Kartei, fand die erste Telefonnummer und tippte sie ein.
    »Alatron Defense Systems.« Die akzentfreie Männerstimme klang vage militärisch.
    »Hier ist Susanna Dayton von der Washington Post. Kann ich bitte Mitchell Elliott sprechen?«
    »Tut mir leid, Ms. Dayton, aber Mr. Elliott ist im Moment nicht zu sprechen.«
    »Könnten Sie ihm etwas von mir ausrichten?«
    »Gewiß.«
    »Haben Sie etwas zum Schreiben?«
    »Natürlich, Ms. Dayton.«
    »Ich würde gerne wissen, ob Mr. Elliott sich zu folgenden Beschuldigungen äußern möchte, die ich in einem

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