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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Sonnenbrille ins rechte Auge.
    Trotz seiner gründlichen Leibesvisitation hatte der Ringer übersehen, daß der rechte Bügel von Delaroches Sonnenbrille nadelspitz zugefeilt war, so daß dieser Stoß die Augenhöhle durchdringen und eine Verzweigung der Hauptschlagader hinter dem Auge durchtrennen konnte. Der Blutverlust war rapide und katastrophal. Der Mann wurde rasch bewußtlos. In wenigen Augenblicken würde er tot sein.
    Delaroche legte ihn wieder aufs Sofa vor den Fernseher und seinen Pornofilm. Er zog die Sonnenbrille aus dem zerstörten Auge und wusch sie in der Küche sorgfältig ab. Er hob die CD-ROM vom Teppichboden auf und steckte sie in die Innentasche seiner Jacke.
    Dann setzte er seine Sonnenbrille auf und trat in den Pariser Mittag hinaus.
    Delaroche beschloß, Micha il Arbatow zu liquidieren, während er von Monets »Seerosen« umgeben im Musée de l'Orangerie des Tuileries saß. Im Grunde genommen war das keine schwierige Entscheidung. Wenn er diesen Auftrag ausgeführt hatte, würde er zu den meistgesuchten Männern der Welt gehören. Die mächtigsten Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste der Welt würden nach ihm fahnden. Der Mann, der ihm am meisten schaden konnte, war Arbatow. Wurde Arbatow aufgespürt und unter Druck gesetzt, konnte er ihn verraten, um seine eigene Haut zu retten. Das war ein Risiko, das Delaroche nicht eingehen wollte.
    Er betrachtete die gedämpften Blau-, Grün-und Gelbtöne von Monets Gemälden und dachte über die Tat nach, die er vorhin ausgeführt hatte. Morde machten ihm keinen Spaß, aber sie verursachten ihm auch keine Gewissensbisse. Er war dafür ausgebildet, brutal und schnell zu töten. Die Geschwindigkeit, mit der er mordete, bewahrte ihn vor Schuld-oder Reuegefühlen. Es war so, als verübe ein anderer die Tat. Er war nicht der Mörder; die Männer, die einen Mord in Auftrag gaben, waren die eigentlichen Täter. Delaroche war nur die Waffe: das Messer, die Pistole oder der stumpfe Gegenstand. Hätte er den Auftrag nicht angenommen, hätte es ein anderer getan.
    Er verbrachte den Rest des Tages damit, sich zu entspannen.
    Er aß im Hotelrestaurant zu Mittag, verwandelte sich dabei wieder in Karel van der Stadt, Tourist aus Holland, und machte anschließend ein einstündiges Nickerchen in seinem Zimmer.
    Dann fuhr er zu seiner Galerie und lieferte die Aquarelle ab. Der Galerist war wie immer begeistert und stellte ihm für die bereits verkauften Bilder einen Scheck über zweihunderttausend Francs aus.
    Am Spätnachmittag rief er in Zürich an. Herr Becker bestätigte ihm, daß auf seinem Konto eine zweite telegrafische Überweisung über eine Million Dollar eingegangen sei. Das bedeutete, daß die Leiche des amerikanischen Agenten aufgefunden worden war. Oder, was wahrscheinlicher war, Delaroches anonyme Auftraggeber hatten den Vorgang durch Abhörmikrofone und Überwachungskameras mitverfolgt.
    Delaroche fragte nach dem gegenwärtigen Kontostand.
    Becker räusperte sich gewichtig, um ihm mitzuteilen, sein Guthaben betrage jetzt etwas über vier Millionen Dollar.
    Delaroche bat ihn, die Abhebung einer halben Million Dollar in unterschiedlichen Scheinen vorzubereiten, die er binnen achtundvierzig Stunden in Zürich abholen werde. Dann wies er Becker an, drei Millionen Dollar auf drei verschiedene Konten auf den Bahamas zu überweisen.
    »Auf jedes Konto eine Million, Monsieur Delaroche?«
    »Ja.«
    Der Ruhestand hatte Michail Arbatow träge gemacht. Wie die meisten alleinstehenden alten Männer hatte er sich eine sorgfältig ausgearbeitete Routine zugelegt, von der er nur selten abwich. Dazu gehörte, daß er jeden Abend vor dem Schlafengehen seinen Hund ausführte. Das einzige Lebewesen, das noch berechenbarer war als Arbatow, war sein Hund: Der Köter pinkelte jeden Abend in dem kleinen Park in der Nähe von Arbatows Wohnung an denselben Baum und verrichtete sein Geschäft auf demselben Rasenstück.
    Delaroche lauerte ihm im Dunkel unter den Bäumen auf.
    Arbatow näherte sich auf die Minute pünktlich. Nach seinen Abendspaziergängen hätte Delaroche die Uhr stellen können.
    Die Nacht war kalt, und bei dem einsetzenden leichten Regen war der Park menschenleer. Aber selbst wenn Leute unterwegs gewesen wären, wußte Delaroche, daß er die Tat so rasch und lautlos verüben konnte, daß niemand es bemerken würde.
    Arbatow ging vorüber. Delaroche folgte ihm lautlos.
    Der Hund blieb stehen, um zu pinkeln, planmäßig, wie immer am gewohnten Baum.
    Delaroche

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