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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Bedenken bekommen und ist übergelaufen. Wir haben versucht, ihn zu liquidieren, aber das ist schiefgegangen. Dann hat das Politbüro für längere Zeit auf Attentate als Mittel geheimdienstlicher Arbeit verzichtet.«
    Drosdow ließ seine Kippe in den Schlamm fallen und trat sie mit dem Gummistiefel aus. »Ende der sechziger Jahre hat sich das geändert. Ein Blick in den Westen hat uns überall innere Konflikte gezeigt: die Iren, die Basken, die deutsche Baader-Meinhof-Gruppe, die Palästinenser. Und wir hatten auch eigene Geschäfte zu erledigen: Dissidenten, Überläufer, Sie verstehen.
    Wie Sie wissen, ist für Mordaufträge die Abteilung Fünf der Ersten Hauptverwaltung zuständig gewesen. Die Abteilung Fünf wollte einen hervorragend ausgebildeten Killer permanent im Westen stationieren, um kurzfristig Aufträge durchführen zu können. Die Wahl ist auf Oktober gefallen.«
    »Wer ist er?« fragte Michael.
    »Ich bin zur Abteilung Fünf gekommen, als er schon im Westen war. In seiner Akte hat nichts über seine wahre Identität gestanden. Natürlich hat's Gerüchte gegeben. Er soll der uneheliche Sohn eines sehr hohen KGB-Offiziers sein. Eines Generals, sogar des KGB-Chefs. Seine Mutter soll Jüdin gewesen sein. Aber kein einziges dieser Gerüchte hat sich beweisen lassen.
    Jedenfalls hat der KGB frühzeitig begonnen, ihn systematisch auszubilden. 1968 ist er über die tschechisch-österreichische Grenze in den Westen geschleust worden. Wenig später war er in Paris, wo er als Flüchtling in einem katholischen Waisenhaus aufgenommen worden ist. Im Lauf der Jahre hat er sich eine hieb-und stichfeste französische Identität zugelegt.
    Französischer Schulabschluß, französischer Paß, alles. Er hat sogar seine Wehrpflicht in der französis chen Armee abgeleistet.«
    »Und dann hat er zu morden begonnen.«
    »Wir haben ihn eingesetzt, um den Westen zu destabilisieren, um den westlichen Regierungen Schwierigkeiten zu machen. Er hat in beiden Lagern gemordet. Er hat Unruhe gestiftet. Die Flammen geschürt. Und er hat erstklassige Arbeit geleistet. Er ist stolz darauf gewesen, niemals versagt zu haben. Dabei hat er auf alle Hilfsmittel verzichtet, die wir ihm angeboten haben, Munition mit Blausäure oder Giftgas zum Beispiel. Er hat seine eigene, für ihn charakteristische Tötungsmethode entwickelt.«
    »Drei Schüsse ins Gesicht.«

    »Brutal, wirkungsvoll, dramatisch.«
    Michael kannte die Wirkung dieser Methode; Drosdow brauchte sie ihm nicht näher zu schildern. »Hat er einen Führungsoffizier gehabt?« fragte er mit mühsam beherrschter Stimme.
    »Ja, er wollte nur mit einem zusammenarbeiten, mit einem gewissen Michail Arbatow. Ich habe einmal versucht, Arbatow abzulösen, aber Oktober hat gedroht, den Neuen zu ermorden. Arbatow ist eine Art Familienersatz für ihn gewesen. Außer seinem Führungsoffizier hat er niemandem getraut - und auch Arbatow nicht wirklich.«
    »In Paris ist neulich ein Michail Arbatow ermordet worden.«
    »Ja, ich habe die Meldung gelesen. Die Polizei hat ihn als das Opfer eines Raubüberfalls bezeichnet. Er ist als ein in Paris lebender pensionierter russischer Diplomat beschrieben worden. Eines habe ich im Leben gelernt, Mr. Osbourne: Was in der Zeitung steht, darf man nicht alles glauben.«
    »Wer hat Arbatow ermordet?«
    »Natürlich Oktober.«
    »Warum?«
    »Das ist eine sehr gute Frage. Vielleicht hat Arbatow zuviel gewußt. Fühlt Oktober sich bedroht, mordet er. Nur darauf versteht er sich - und auf die Malerei. Er soll ein ziemlich begabter Künstler sein.«
    »Er hat sich selbständig gemacht? Er ist freiberuflicher Killer geworden?«
    »Der beste der Welt, sehr gefragt. Arbatow ist sein Agent gewesen. Gemeinsam sind die beiden ziemlich reich geworden.
    Wie ich höre, hat es viel Neid gegeben, weil Arbatow an Oktobers Talenten glänzend verdient hat. Arbatow hat viele Feind e, viele Neider gehabt - aber wenn ich seinen Mörder finden wollte, würde ich zuerst Oktober befragen.«

    Die Sonne verschwand wieder, und am Himmel zogen schwarze Regenwolken auf. Sie kamen an einem aus Kalkstein erbauten großen Landsitz vorbei, der von weiten Rasenflächen umgeben war. Michael erzählte von Colin Yardley. Von seiner auf Videofilm festgehaltenen Ermordung. Von Astrid Vogel.
    Drosdow schüttelte langsam den Kopf. »Ein Mann wie Yardley, der aus der Branche stammt, hätte eigentlich wissen müssen, wie gefährlich eine Kamera im Schlafzimmer sein kann. Das ist so ungefähr der einzige

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