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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Aspekt des Altwerdens, der mich nicht stört, muß ich sagen. Nun habe ich endlich Ruhe vor fleischlichen Begierden. Ich habe meine Hunde, meine Bücher und meine Cotswold Hills.«
    Michael lachte halblaut.
    »Oktober hat einmal mit der Rote-Armee-Fraktion zusammengearbeitet. Dabei hat er Astrid Vogel kennengelernt.
    Sie war viele Jahre untergetaucht - in Tripolis, in Damaskus, im Shoufgebirge. Sie hat für ihren Idealismus teuer bezahlt. Irgend etwas hat sie veranlaßt, wieder aktiv zu werden. Ich denke, daß Geld dahintersteckt.«
    »Warum hat Oktober Colin Yardley ermordet?«
    »Vielleicht sollten Sie diese Frage anders stellen: Was hat Colin Yardley getan? Weswegen läßt ihn jemand von dem besten Berufskiller der Welt liquidieren?«
    Er hat vielleicht bei einem Waffenhändler namens Faruk Chalifa eine Stinger gekauft und sie den Männern übergeben, die Flug 002 abgeschossen haben, dachte Michael.
    Leichter Regen setzte ein, und es wurde spürbar kälter. Die beiden Hunde schwänzelten um Drosdows Gummistiefel herum, als wollten sie ihm zeigen, daß sie sich aufs Haus und ihren warmen Platz am Kamin freuten. Vor ihnen tauchte das Dorf Aston Magna auf: ein paar kleine Häuser an der Kreuzung zweier schmaler Straßen. »Ich würde Sie gerne nach Moreton zurückbringen«, sagte Drosdow, »aber die Briten lassen mich nicht fahren.«
    »Danke, ich kann leicht zurückgehen.«
    »Tut mir leid um Ihre Schuhe«, sagte der Alte und tippte mit seinem Spazierstock auf Michaels ruinierte Slipper. »Nicht gerade das richtige Schuhwerk für eine Winterwanderung über die Cotswolds.«
    »Ein geringer Preis für Ihre Hilfe.«
    Michael blieb stehen. Drosdow ging einige Schritte weiter, blieb dann ebenfalls stehen und drehte sich um. »Einen Mord haben Sie nicht erwähnt«, stellte er fest. »Die Ermordung Sarah Randolphs in London. Ich nehme an, daß sie nichts mit Ihrem gegenwärtigen Fall zu tun hat. Ich bewundere Ihre Professionalität, Mr. Osbourne.«
    Michael sagte nichts, sondern wartete schweigend.
    »Sie ist eine überzeugte Kommunistin, eine Revolutionärin gewesen«, sagte Drosdow. Er blickte mit ausgebreiteten Armen zum Himmel auf. »Herr, bewahre uns vor den Idealisten! Ihre Sarah ist eine Freundin aller Unterdrückten der Welt gewesen: der Iren, der Araber, der Basken. Außerdem hat sie bereitwillig für meinen Dienst gearbeitet. Wir haben Ihre wahre Identität gekannt. Wir haben gewußt, daß Sie Agenten in uns freundlich gesinnte Guerillabewegungen eingeschleust haben. Wir wollten mehr über Sie erfahren, deshalb haben wir Sarah Randolph auf Sie angesetzt.«
    Michael wurde schwindlig. Sein Herz jagte. Er hatte das Gefühl, sein Hörvermögen zu verlieren. Drosdow schien sich von ihm zu entfernen, war nur noch ein schmaler Strich am Ende eines langen, schwarze n Tunnels. Michael versuchte, seine Gefühle wieder unter Kontrolle zu bekommen. Er hatte Angst, Drosdow werde seine Verwirrung bemerken und den Mund halten. Aber er wollte alles hören. Nach so vielen Jahren wollte er die ganze Wahrheit erfahren, auch wenn sie noch so schmerzlich war.

    »Sarah Randolph hat einen verhängnisvollen Fehler gemacht«, sagte Drosdow. »Sie hat sich in ihr Opfer verliebt.
    Sie hat ihrem Führungsoffizier erklärt, sie wolle aussteigen. Sie hat damit gedroht, Ihnen alles zu erzählen. Sie hat damit gedroht, zur Polizei zu gehen und ein Geständnis abzulegen. Ihr Führungsoffizier ist zu dem Schluß gekommen, daß eine derart labile Person den Auftrag nicht erledigen könne. Die Zentrale wollte sie beseitigen lassen, und ich mußte unserem Mann den Mordauftrag erteilen. Vielleicht sollte ich mich bei Ihnen entschuldigen, Mr. Osbourne, aber das ist keine persönliche, sondern eine rein dienstliche Sache gewesen. Das verstehen Sie, nicht wahr?«
    Michael hatte Mühe, eine Zigarette aus der Packung zu ziehen und zwischen seine Lippen zu stecken. Seine Hände zitterten.
    Drosdow trat vor und gab ihm mit einem verbeulten silbernen Feuerzeug Feuer.
    »Ich finde, Sie haben es verdient, die Wahrheit zu erfahren, Mr. Osbourne, deshalb habe ich Ihnen alles andere erzählt. Aber die Sache ist vorüber. Sie ist Teil der Vergangenheit, genau wie der kalte Krieg. Gehen Sie zu Ihrer Frau zurück und vergessen Sie Sarah Randolph. Sie ist nie real gewesen. Und was Sie auch tun, nehmen Sie sich in acht«, sagte er warnend. Er brachte seinen Mund dicht an Michaels Ohr heran. »Machen Sie bei der Verfolgung Oktobers nur einen einzigen Fehler, erledigt

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