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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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fragte Vandenberg.
    Richardson schüttelte den Kopf. »Vorläufig behandeln wir den Fall als Einbruch, der schiefgegangen ist. Tut mir leid, daß ich Sie belästigen mußte, Mr. Vandenberg, aber wir müssen alles nachprüfen. Das verstehen Sie doch?«
    »Natürlich, Detective.« Richardson gab ihm seine Karte.
    »Sollte Ihnen noch etwas einfallen, zögern Sie bitte nicht, mich anzurufen.«
    »Mir gefällt es nicht, in meinem Büro im Weißen Haus von der Washingtoner Polizei angerufen zu werden, Mitchell.«

    Die beiden Männer gingen an ihrem üblichen Treffpunkt, Hains Point am Washington Channel, nebeneinander her. Mark Calaha n folgte ihnen in einigem Abstand und achtete darauf, daß sie nicht beobachtet oder belauscht wurden.
    »Die Washingtoner Polizei macht mich nicht besonders nervös, Paul«, sagte Elliott gelassen. »Ihren letzten Mörder hat sie 1950 verhaftet, glaube ich.«
    »Ich will nur eines von Ihnen hören, Mitchell. Sagen Sie mir, daß Sie absolut nichts mit dem Tod dieser Journalistin zu tun haben.«
    Sie blieben stehen. Mitchell Elliott wandte sich Vandenberg zu, ohne jedoch zu sprechen.
    »Legen Sie Ihre Hand auf eine imaginäre Bibel, Mitchell«, verlangte Vandenberg, »und schwören Sie bei Gott, daß weder Calahan noch sonst einer Ihrer Schlägertypen Susanna Dayton ermordet hat.«
    »Sie wissen, daß ich das nicht kann, Paul«, sagte Elliott gelassen.
    »Schweinehund!« flüsterte Vandenberg. »Wie zum Teufel ist das passiert?«
    »Wir haben sie überwacht - elektronisch und durch ständige Beschattung«, antwortete Elliott. »Wir sind in ihrem Haus gewesen, um zu kontrollieren, wie weit sie mit ihrem Artikel war, und dabei hat sie uns leider überrascht.«
    »Sie hat Sie überrascht! Jesus, Mitchell! Wissen Sie, was Sie da sagen?«
    »Ich weiß genau, was ich sage. Einer meiner Leute hat einen unglücklichen Mord verübt. Der Stabschef des Weißen Hauses ist jetzt der Begünstiger eines Verbrechens.«
    »Sie Sche ißkerl! Wie können Sie's wagen, den Präsidenten da hineinzuziehen?«
    »Nicht so laut, Paul. Man weiß nie, wer zuhört. Und ich habe den Präsidenten in nichts hineingezogen, weil wir unmöglich mit dem Mord an Susanna Dayton in Verbindung gebracht werden können. Wenn Sie sich zusammenreißen und keine Dummheiten machen, passiert überhaupt nichts.«
    Vandenberg funkelte Calahan an, der seinen Blick erwiderte, ohne auch nur zu blinzeln. Dann wandte er sich ab und ging weiter. Über den Fluß trieben leichte Regenschleier.
    »Ich habe noch eine Frage, Mitchell.«
    »Sie wollen wissen, wer dieses Verkehrsflugzeug tatsächlich abgeschossen hat, nicht wahr?«
    Vandenberg sah Mitchell schweigend an.
    »Halten Sie sich an die Regieanweisungen, und sagen Sie Ihren Text auf, Paul. Stellen Sie nicht allzu viele Fragen.«
    »Mitchell! Ich will's jetzt wissen!«
    Elliot wandte sich an Calahan. »Mark, Mr. Vandenberg fühlt sich im Augenblick nicht recht wohl. Bringen Sie ihn sicher zu seinem Wagen zurück. Gute Nacht, Paul. Wir sprechen uns bald wieder.«
    Der Chauffeur steuerte Vandenbergs Limousine ums Tidal Basin. Jenseits des Wassers verschwamm das angestrahlte Jefferson Memorial im leichten Regen. Der Wagen erreichte die Independence Avenue, fuhr rasch an dem turmhohen Washington Memorial vorbei und bog auf den Potomac Parkway ab. Vandenberg sah zum Lincoln Memorial auf.
    Mein Gott, was habe ich getan? dachte er.
    Er brauchte einen Drink. Er hatte sein Leben lang noch nie einen Drink gebraucht, aber jetzt hatte er einen bitter nötig. Er schloß kurz die Augen. Seine rechte Hand zitterte, deshalb bedeckte er sie mit der linken und starrte über den Fluß hinaus, der unter der Brücke vorbeiströmte.

26
    LONDON

    Am nächsten Morgen stand Michael schon vor Tagesanbruch auf, ging unter die Dusche und zog sich in dem deprimierenden Schlafzimmer der sicheren Wohnung an. Hier war es still bis aufs Rauschen des einsetzenden Berufsverkehrs um den Bahnhof Paddington herum und die Stimmen von Wheatons Aufpassern im Schlafzimmer nebenan. Er trank Instantkaffee aus einem angestoßenen Becher, ignorierte aber einen Teller mit altbackenen Croissants. Meistens war Michael vor einem Treff die Ruhe selbst, aber heute war er angespannt und nervös wie damals als Anfänger beim ersten Einsatz nach seiner Ausbildung auf der »Farm«. Er rauchte selten vor Mittag, aber heute war er schon bei der zweiten Zigarette. Er hatte wenig geschlafen und sich in dem durchgelegenen Einzelbett herumgeworfen, weil

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