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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Tasche. Ein anderer Zweig des Awad-Clans war bei Dir Jassim massakriert worden. 1967 wurde die Familie erneut vertrieben, diesmal in die libanesischen Flüchtlingslager. Awads Vater arbeitete nie, sondern saß nur in den Lagern herum und erzählte, wie er als Junge mit seinem Vater in Oliven-und Orangenhainen gearbeitet hatte. Das verlorene Paradies.
    In den achtziger Jahren schloß der junge Mohammed Awad sich den radikalen islamischen Freiheitskämpfern in Beirut und dem Südlibanon an. Er trat in die Hisbollah ein. Er trat in die Hamas ein. Seine Ausbildung erhielt er im Iran und in Syrien - Handfeuerwaffen, Guerillataktik, Spionageabwehr, Bombenherstellung. Als Arafat Rabin im Weißen Haus die Hand schüttelte, war Awad empört. Als Arafats Sicherheitskräfte auf Geheiß Israels die Hamas verfolgten, schwor Awad Rache. Mit fünfzig der besten Hamas-Kämpfer gründete er das Schwert von Gaza, die gefährlichste palästinensische Terrorgruppe seit dem Schwarzen September.
    Böiger Wind strich übers Deck. Awad griff mit einer Hand in seinen Mantel. Michael fuhr zusammen, widerstand jedoch der Versuchung, seine Pistole zu ziehen. »Keine Aufregung, Mr. Osbourne«, sagte Awad. »Ich will nur eine Zigarette rauchen. Außerdem wären Sie längst tot, wenn ich Sie hätte umbringen wollen.«
    Sein fließendes Englisch klang für ungeübte Ohren praktisch akzentfrei. Aus der Innentasche seines Mantels zog er eine Schachtel Dunhill. »Ich weiß, daß Sie Marlboro Light rauchen, aber vielleicht genügen auch diese, ja? Ihre Frau raucht Benson & Hedges, nicht wahr? Sie heißt Elizabeth Cannon Osbourne, arbeitet als Rechtsanwältin in einer der großen Washingtoner Anwaltsfirmen und wohnt mit Ihnen in der N Street in Georgetown. Sie sehen, Mr. Osbourne, wir haben unseren eigenen Nachrichten-und Sicherheitsdienst. Und wir erhalten natürlich viel Unterstützung von unseren Freunden in Damaskus und Teheran.«
    Michael nahm eine Dunhill und kehrte dem Wind den Rücken zu, um sie sich anzuzünden. Als Awad die Hand hob, um sich seine Zigarette anzuzünden, sah Michael den Bombenauslöser in seiner rechten Hand.
    »Sie haben demonstriert, was Sie beweisen wollten, Ibrahim«, sagte Michael.
    »Ich weiß, daß das eine überflüssige Demonstration gewesen ist, aber ich wollte Ihnen zeigen, daß ich weder Ihnen noch Ihren Angehörigen schaden will. Sie sind nicht mein Feind, und ich habe weder die Zeit noch die Ressourcen, um Sie zu bekämpfen.«
    »Warum tragen Sie dann das Semtex am Körper?«
    »In diesem Geschäft sind Sicherheitsvorkehrungen manchma l unerläßlich.«
    »Ich habe Sie nie für einen potentiellen Selbstmörder gehalten.«
    Awad lächelte und blies Rauch aus seinen kunstvoll geformten Nüstern. »Ich habe immer geglaubt, Allah lebend mehr nützen zu können als tot. Außerdem haben wir keinen Mangel an Freiwilligen für Einsätze, bei denen der Märtyrertod winkt. Soviel ich weiß, haben Sie als Kind einige Zeit im Libanon gelebt. Sie kennen die Verhältnisse, unter denen unser Volk dahinvegetiert. Unterdrückung kann zum Wahnsinn führen., Mr. Osbourne. Manche unserer Jungs würden lieber sterben, als ihr Leben in Ketten zu verbringen.«

    Michael blickte nach links und sah die junge Frau aus dem Zug, die rauchend an der Reling lehnte und unablässig die Fähre absuchte.
    »Ich dachte, Ihrer Meinung nach sei der Platz einer Frau am heimischen Herd«, sagte Michael, der die junge Frau beobachtete.
    »Bedauerlicherweise erfordert dieses Geschäft manchmal den Einsatz einer begabten Frau. In unserem Gespräch soll sie Odette heißen. Sie ist Palästinenserin und schießt hervorragend.
    Beim früheren westdeutschen Geheimdienst hat es die Vorschrift gegeben, zuerst die Frauen außer Gefecht zu setzen.
    In Odettes Fall wäre das in der Tat ein sehr guter Ratschlag.«
    »Nachdem wir uns jetzt alle kennen«, sagte Michael, »sollten wir zur Sache kommen. Worüber wollen Sie reden?«
    »Der gestrige Angriff in Heathrow ist das Werk des Schwerts von Gaza gewesen. Wir betrachten ihn als Vergeltungsschlag für Ihre lächerlichen Luftangriffe auf unsere Freunde in Libyen, Syrien und Iran. Sie sind gestern der Held des Tages gewesen, Mr. Osbourne. Ihre Anwesenheit ist ein Zufall gewesen, das kann ich Ihnen versichern. Ehrlich gesagt wäre mir wohler, wenn Sie beide erschossen hätten. Männer in Haft machen mich immer etwas nervös.«
    »Tatsächlich kommt seine Vernehmung gut voran«, behauptete Michael, der dieser

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