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Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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haben, ist unentschuldbar. Eine private Schutztruppe stellt eine weit größere Gefahr für die Allgemeinheit dar als ein einzelner Verbrecher oder eine ganze Verbrecherbande. Sie ebnet den Weg für eine Lynchjustiz und bejaht den Rechtsbruch. Sie setzen den Schutzmechanismus der Allgemeinheit außer Funktion. Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Sie reden wie ein Buch«, sagte der Mann im Trainingsanzug säuerlich.
    »Ganz richtig«, antwortete Martin Beck. »Denn das ist eine Frage von fundamentaler Bedeutung. Es geht um das Prinzip. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Es dauerte einige Stunden, bis sie verstanden, was er meinte. Als Kollberg seine Wohnung in der Palandergatan betrat, saß seine Frau im Bett und stickte. Ohne ein Wort zu sagen, zog er sich aus trabte ins Badezimmer und duschte. Dann ging er zu Bett.
    Sie legte die Stickerei zur Seite und sagte: »Du hast ja eine Riesenbeule im Nacken. Hast du dich herumgeschlagen?«
    »Nimm mich in die Arme«, war seine einzige Antwort.
    »Der Bauch ist im Wege, aber . . . komm her. Wer ist es denn gewesen?«
    »Ein paar dumme Amateure«, murmelte Kollberg und schlief ein.

22
    Beim Frühstück am Sonntagmorgen fragte Martin Becks Frau: »Wie steht's? Könnt ihr diesen Kerl nicht bald fassen? Das mit Lennart gestern ist ja schrecklich, obwohl man verstehen kann, daß die Leute sich fürchten. Aber daß sie anfangen, auf Polizisten einzuschlagen, geht zu weit.«
    Martin Beck saß ein wenig vornübergebeugt in Pyjama und Bademantel am Frühstückstisch. Er versuchte, sich an einen bestimmten Traum zu erinnern. Ein unangenehmer Traum, der irgendwie mit Gunvald Larsson zu tun hatte.
    Er drückte die erste Zigarette des Tages aus und sah seine Frau an. »Sie wußten ja nicht, daß er von der Polizei war«, sagte er. »Trotzdem«, meinte sie, »trotzdem ist es einfach eine Schande.« »Ja, es ist eine Schande«, stimmte er ihr zu. Er biß in eine Scheibe Toast und betrachtete mit gerunzelten Brauen den Stummel im Aschenbecher.
    »Du solltest nicht schon vor dem Frühstück rauchen«, mahnte sie, »das ist nicht gut für deinen Hals.«
    »Nein«, sagte Martin Beck und nahm die Hand aus der Bademan-teltasche. Er hatte sich gerade die nächste Zigarette anzünden wollen, ließ es nun aber bleiben und dachte: Inga hat recht. Es ist nicht gesund. Ich rauche zuviel. Und teuer ist es außerdem.
    »Du rauchst sowieso zuviel«, sagte sie, »und teuer ist es dem.«
    »Ich weiß«, stimmte er ihr zu.
    Er fragte sich, wie oft sie das im Laufe ihrer sechzehnjährigen Leben schon gesagt hatte. Das zu schätzen war unmöglich. »Schläft das Kind?« fragte er ablenkend. »Ja, es sind ja Sommerferien. Lilian ist gestern erst spät nach Hause gekommen. Ich habe es nicht gern, wenn sie abends so lange draußen herumläuft. Besonders jetzt nicht, wo dieser Irre noch frei herumläuft. Sie ist ja noch ein Kind.«
    »Sie wird bald sechzehn«, sagte er, »und wenn ich richtig verstanden habe, war sie bei einer Freundin im Haus nebenan.«
    »Nilsson sagte gestern, daß Eltern, die ihre Kinder ohne Aufsicht auf Straßen und Plätzen herumlaufen lassen, selbst dran Schuld sind, wenn was passiert. Er sagt, es gibt Minoritäten in der Gesellschaft, Exhibitionisten und solche, die ihre Triebe ausleben müssen, und daß es Schuld der Eltern ist, wenn den Kindern was passiert.« »Wer ist Nilsson?«
    »Er ist Angestellter. Sie wohnen unter uns.« »Hat er Kinder?« »Nein.« . »Ja dann…«
    »Genau das habe ich auch gesagt. Daß er nicht weiß, wie es ist, wenn man Kinder hat. Wie unruhig man immer ist.« »Warum hast du mit ihm gesprochen?«
    »Man muß ja wohl freundlich zu den Nachbarn sein. Es würde nichts schaden, wenn auch du hin und wieder etwas freundlicher zu den Leuten wärst. Außerdem sind es wirklich nette Menschen.« »So hat es sich aber nicht angehört«, sagte Martin Beck. Er spürte, daß ein Streit auszubrechen drohte, und trank deshalb schnell seinen Kaffee aus.
    »Ich muß mich anziehen«, murmelte er und stand auf. Er ging ins Schlafzimmer und setzte sich auf die Bettkante. Inga wusch ab. Als er kein Wasser mehr laufen hörte und ihre Schritte sich näherten, zog er sich schnell ins Badezimmer zurück und verriegelte die Tür. Dann ließ er Wasser in die Wanne ein, zog sich aus und streckte sich in dem heißen Badewasser aus. Er lag ganz ruhig und entspannte sich. Mit geschlossenen Augen versuchte er, sich an denn Traum zu erinnern, der etwas mit Gunvald Larsson zu tun hatte. Weder

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