Der Mann aus dem Dschungel
den Atem. "Du musst…
mich… loslassen", keuchte sie. "Ich bin dir nur ein Klotz am Bein. Ich kann nicht… warum… warum schleppst du mich mit?"
Aber sie verschwendete nur ihre Energie. John schenkte ihr keinerlei Beachtung. Inzwischen waren sie so weit in die grüne Hölle vorgestoßen, dass sie den Weg zurück kaum mehr allein gefunden hätte. Vor Erschöpfung stolperte sie ein paar Mal, bis sie endlich zu Boden fiel. Er drehte sich um. Sein Blick durchbohrte das Dunkel. Unverwandt starrte er sie an.
Bevor sie begriff, was er vorhatte, beugte er sich herunter, umfasste ihre Hüfte, hob Libby hoch und warf sie über seine Schulter.
"Was zum Teufel fällt dir ein? Lass mich sofort runter! Lass mich runter, verdammt noch mal!" schrie sie. Wild hämmerte sie mit den Fäusten auf seinem Rücken und gab sich alle Mühe, ihn in den Unterleib zu treten, während er sie weiter in den Dschungel hineinschleppte. Ungerührt ließ er ihren wütenden und schmerzhaften Protest über sich ergehen. Seine Schulter drückte hart in ihren Magen. Schließlich ließ die Panik nach und wich einer Welle heißen Hasses auf ihren Peiniger. Sprachlos vor Wut erkannte sie, dass ihr Protest keinen Sinn machte. Ganz offensichtlich verstand er kein Wort und ihre Tritte und Fausthiebe beeindruckten ihn nicht im Geringsten.
Das Schicksal scheint es nicht gut mit mir zu meinen, dachte sie, während sie wie ein Sack Kartoffeln über der Schulter des Wilden hing und sich durch den endlosen Dschungel
schleppen lassen musste. Die Nacht tauchte die Umgebung in tiefes Schwarz und verschluckte sogar die Bäume, deren tief hängende Zweige über ihre Arme streiften. Im Grunde war es gut, dass John sie trug. Sie selbst hätte niemals den Weg gefunden und wäre geradewegs gegen den nächsten
Urwaldriesen gerannt, der im Weg gestanden hätte.
"Lässt du mich bald gehen?" bat sie inständig, obwohl sie sich inzwischen nicht mehr sicher war, ob sie das wirklich wollte.
Dann hielt er an, setzte sie sanft zu Boden und trat ein paar Schritte zurück. "Lieber Gott, ich wünschte, wir könnten miteinander reden!" stieß sie verzweifelt hervor. "Wenn ich nur die geringste Ahnung hätte, was hinter deinem
versteinerten Gesicht vor sich geht, wäre mein Leben um einiges einfacher. Wo willst du denn jetzt wieder hin?"
Aber er verschwand in der Dunkelheit, ohne zu antworten.
Schließlich konnte er nicht sprechen. Oder doch?
Und wie lange sollte sie hier sitzen bleiben? Das Mondlicht glänzte schwach über den Baumwipfeln. Sie konnte erkennen, dass sie auf einer kleinen Lichtung Rast machten. In der Nähe hörte sie einen Bach vorbeiplätschern. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie unglaublich durstig war.
Plötzlich stand er wieder neben ihr. Sie hatte nicht gehört, dass er zurückkam. Lautlos bewegte er sich durch die Nacht, als wäre er ein Teil von ihr. Als er wieder auftauchte, ließ er ein paar grüne Köstlichkeiten in ihren Schoß fallen. Ihr entfuhr ein kleiner Freudenschrei.
Er setzte sich neben sie und begann zu essen. Die großen grünen Blätter und die merkwürdige Form der Früchte stieß sie zunächst ab. Aber ihm schien es zu schmecken, und außerdem war sie hungrig. Mutig biss sie in die Frucht, die wie ein Kürbis aussah. Sie war auf alles gefasst. Aber es schmeckte gar nicht übel. Eher mehlig und nicht so süß, wie sie erwartet hatte, aber vermutlich sehr nahrhaft.
"Nie wieder ohne Fast Food", murmelte sie, als sie sich die zweite Frucht nahm. "Ich bin nicht geschaffen für dieses Leben."
Natürlich reagierte er nicht. Als er seine Mahlzeit fast beendet hatte, nahm er ein großes, flaches Blatt, ging damit zum Bach und füllte es mit Wasser. Wie eine Tasse hielt er es ihr an den Mund. Kleine Tropfen perlten auf ihre Füße.
"Okay", sagte sie. "Du hast gewonnen. Ich bin durstig." Sie versuchte ihm das Blatt wegzunehmen, aber er weigerte sich, es ihr zu geben. Er hielt es einfach nur an ihre Lippen. Sie hatte keine Wahl und trank das frische, klare Wasser aus dem Blatt, das er ihr anbot.
"Warum hast du mich hierher gebracht?" fragte sie ihn.
"Warum hast du mich nicht bei den anderen zurückgelassen?
Ich gehöre nicht in den Dschungel, ich bin ein Stadtmensch.
Diese Stille hier bringt mich um den Verstand. Ich hasse Camping. Ich hasse Trekkingtouren in der freien Wildbahn.
Ich will zurück nach Chicago in mein eigenes Bett. Wenn ich doch niemals etwas von Edward J. Hunnicutt und seinen verdammten Milliarden gehört
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