Der Mann aus dem Dschungel
geheiratet habe."
John öffnete die Augen und betrachtete sie verständnislos.
"Ich dachte damals, dass ich unbedingt einen
Wissenschaftler heiraten müsste, und Richard schien meine Interessen zu teilen. Es hat ihm nicht gepasst, dass ich mit zweiundzwanzig schon meinen Abschluss in der Tasche hatte.
Eine Frau, die schneller Karriere macht als er, das kann er nicht vertragen. Ich habe mich bemüht, aber er hat mich verlassen. Vor ungefähr einem Jahr."
Sie seufzte auf.
"Eigentlich hatte ich gehofft, dass der Auftrag von Hunnicutt mich ganz auf die Spitze der akademischen Welt tragen wird. Ich habe die Preise und Auszeichnungen schon vor Augen gehabt. Es hätte alles wunderbar klappen können, wenn ich überzeugt gewesen wäre, dass du nur ein
Forschungsobjekt bist und kein Mensch."
Im Nachhinein erschien ihr der Gedanke völlig absurd. Sie schüttelte den Kopf.
"Du hältst mich für verrückt, nicht wahr?" sagte sie, immer noch auf Französisch. "Wahrscheinlich bin ich das auch. Aber zum Glück verstehst du nichts von Sex. Oder du besitzt so viel Geschmack, dass du dich nicht für mich interessierst. Du bist viel zu attraktiv, um mich in Ruhe schlafen zu lassen, John, und es würde mir das Leben ungemein erleichtern, wenn du einfach verschwindest, bevor ich…"
Er war so schnell, dass sie ihn nur verschwommen
wahrnehmen konnte. Sein Körper sprang nach vorn wie ein Berglöwe. Aber es war kein Feind, dem er nachsetzte. Er überwand nur die Distanz zwischen ihnen, nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und zog es zu sich heran.
In seinen dunklen Augen und in seinem Gesicht spiegelte sich keine Spur von Verständnis. Sie sah nur seinen Mund, der sich auf ihren presste, bevor sie auch nur ahnen konnte, was er vorhatte.
Sie war so schockiert, dass sie nur still halten konnte. Sein Kuss ließ die Worte in ihrer Kehle ersterben, Worte, die er ohnehin nicht zu verstehen schien. Er schmeckte nach frischem Wasser und nach den Früchten, die sie gegessen hatten. Kühl und nass pressten sich seine Lippen auf ihren Mund. Für einen Moment gab sie sich dem Verlangen hin, bereit, ihre Lippen für ihn zu öffnen, bereit für alles. Doch plötzlich trat die Gegenwart wieder zwischen sie, so plötzlich, dass sie ihre Hand auf seine warme, nackte Brust legte und ihn heftig zurückstieß.
Sanft fiel er nach hinten über. Fast schien es, als hätte er mit ihrer Reaktion gerechnet. Sein Gesicht war leer und ausdruckslos wie immer.
"Warum hast du das getan?" fragte sie mit heiserer Stimme.
"Woher weißt du überhaupt, wie das geht? Wer um alles in der Welt bist du?"
Er machte keine Anstalten, den Abstand zwischen ihnen zu vergrößern. Plötzlich befürchtete sie, dass er sie wieder küssen würde. Und dass sie es genießen würde. Sie erschrak bei dem Gedanken, dass sie ihren Mund für ihn öffnen würde, dass seine starken, kräftigen Hände sie überall dort berühren würden, wo sie wünschte, dass er sie berühren sollte. Es war ganz einfach. Sie wollte ihn. Und bis jetzt hatte sie nicht bemerkt, dass dieses einfache und starke Verlangen nach ihm an ihr klebte wie ein Parasit.
Wenn er sie auch nur noch ein einziges Mal berührte, nur noch ein einziges Mal küsste, dann würde sie sich auf der Stelle die Kleider vom Leib reißen und hier im Dschungel seinen Geschmack und seinen Duft in sich aufsaugen und sich lustvoll im weichen, heißen Fleisch seines starken Körpers verstecken.
Das musste sie unbedingt verhindern. Sie hatte nichts, um sich gegen ihn zur Wehr zu setzen. Noch nicht einmal die schwache Waffe der Worte, dachte sie, als ihr plötzlich die Betäubungspatronen einfielen, die sie vor ihrer Flucht eingesteckt hatte. Es musste gelingen, heimlich in der Hosentasche den Verschluss zu lösen und blitzschnell zustechen, wenn er sich ihr wieder nähern würde. Das war ihre einzige Chance, sich in Sicherheit zu bringen.
Er veränderte seine Sitzposition. Sie war sicher, dass er sie gleich wieder berühren würde. Schnell steckte sie ihre Hand in die Tasche und suchte nach dem Verschluss der Spritze, als ihr etwas Scharfes in den Finger stach.
Sie zog ihre Hand heraus. Entsetzt stellte sie fest, dass eine der Verschlusskappen sich von allein gelöst hatte. Die Nadel hatte sich in ihren Finger gebohrt.
"Oh…" Bevor sie zu Ende sprechen konnte, schwanden ihr die Sinne. Bewusstlos lag sie zu Füßen des wilden Mannes.
8. KAPITEL
John Bartholomew Hunter betrachtete die Frau, die zu seinen Füßen lag. Auch ohne
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