Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann aus dem Dschungel

Der Mann aus dem Dschungel

Titel: Der Mann aus dem Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
Vom Netzwerk:
möchtest du doch zurück zur Festung und mit Hunnicutt sprechen."
    Absichtlich drehte sie ihm den Rücken zu. Peinlich achtete sie darauf, das Buch vor seinem Blick zu verbergen.
    "Aber vielleicht ist das doch keine gute Idee. Irgendwann am Vormittag wird der Kapitän hier auftauchen. Dann musst du es nicht länger in dieser primitiven Umgebung aushallen.
    Wenn ich Hunnicutt treffe, werde ich zusehen, dass deine Sachen in die Staaten gebracht werden. Zurück zu dir. Ich nehme an, dass er deine Adresse hat."
    Sie hielt ihren Blick starr auf die Wand gerichtet. Ein Treffen mit Hunnicutt? Was glaubte er wohl, was er gegen Hunnicutts Milliarden ausrichten konnte? Hunnicutt konnte sich jede Schutzmacht der Welt kaufen. John war hilflos.
    "Weißt du", bemerkte er beiläufig, "als Ehefrau wärst du einfach die Hölle. Dein Schweigen ist genauso schlimm wie die chinesische Wasserfolter. Wenn ich die Wahl hätte zwischen den kleinen Stromexperimenten des ersten
    Wissenschaftlers, der mich untersucht hat, und deinem Schweigen erster Klasse, ich glaube, ich würde das
    Stromexperiment vorziehen."
    Sie drehte sich herum. Das Wort Ehefrau hatte sie wie der Blitz getroffen. Er schien es zu bemerken und trat einen Schritt zurück, um körperliche Distanz zwischen sie zu bringen. Regungslos blieb sie auf dem Bett liegen und beobachtete ihn mit starrem Blick.
    "Ich mache uns etwas zu essen", sagte er. "Übrigens, meine Mutter war Französin. Ich sage das nur, um dich vor weiteren unangenehmen Überraschungen zu bewahren."
    Versteinert blickte sie ihn an. Erst, als er das Zimmer verließ, begriff sie. Französisch hatte sie im Dschungel für die peinlichsten Geständnisse benutzt. Und er hatte jedes Wort verstanden.
    Er machte Spaghetti. Der Duft der Tomatensoße vermischte sich mit den tropischen Gerüchen, die durchs Haus waberten.
    Ihr Magen knurrte. Niemand konnte Spaghetti ruinieren, und sie starb fast vor Hunger. Aber sie würde lieber verhungern, als sich mit John an einen Tisch zu setzen und mit ihm zu reden.
    "Essen ist fertig."
    Nun ja, das Sterben war doch nicht so leicht, wie sie gedacht hatte. Außerdem war noch ein halbes Blech Schokokekse übrig geblieben. Sie schob das Buch unter das Kissen, kletterte aus dem Bett und eilte in die Küche.
    "Eigentlich wollte ich den Tisch auf der Veranda decken.
    Aber dann fiel mir ein, dass du dich bestimmt nicht mit mir zusammen an einen Tisch setzen würdest. Ich habe dir einen Teller fertig gemacht. Du kannst ihn nehmen und irgendwo für dich allein essen. Weil ich gekocht habe, musst du abwaschen.
    Aber denk nicht, dass ich meinen Mund halte."
    Misstrauisch sah sie ihn an, nahm einen Teller mit Spaghetti und eine Gabel. Unauffällig suchte sie nach den
    Schokokeksen, die sie auf dem Schrank stehen gelassen hatte.
    Sie waren verschwunden.
    Endlich sah sie ihn an. Sein Lächeln brachte sie fast zur Weißglut. "Nett von dir, einen Nachtisch zu machen", meinte er. "Ich wusste nicht, dass man aus dem Zeug, das ich hier rumstehen hatte, Schokokekse backen kann. Jetzt musst du nur noch eines tun. Frag mich, wo sie sind, und ich werde es dir erzählen."
    Er hatte sie entführt. Das war die eine Sache. Die
    Schwellungen an ihrem Handgelenk waren eine andere.
    Lügen, Betrug und Enttäuschungen waren weitere Nägel für seinen Sarg. Aber es gab nichts, wirklich nichts Schlimmeres, als eine Frau von ihrer Schokolade zu trennen. Der Blick, den sie ihm zuwarf, hätte aus der Hölle einen Eisberg machen können.
    Unbeeindruckt zuckte er mit den Schultern. "Das reicht nicht, Libby. Frag mich, wo die Kekse sind. Oder du musst auf sie verzichten."
    Immerhin blieb sie eine Dame. Sie warf ihm nicht die Spaghetti an den Kopf, so gern sie es auch getan hätte.
    Stattdessen stellte sie den Teller wieder auf den Tisch. Ohne John eines weiteren Blickes zu würdigen, lief sie auf die Veranda und schloss die Haustür hinter sich.
    Der Mond war bereits aufgegangen. Eine dünne Scheibe über dem Ozean. Die Sterne funkelten am Himmel. Sie setzte ihre Füße auf das Geländer und sah zu, wie die Flut sich wieder zurückzog. Die Abendluft wurde kühler. Eine Nacht musste sie noch durchhalten. Wenn sie erst einmal wieder zurück nach Chicago gekommen war, dann würde sie sich in ihrem Apartment verkriechen und sich für Monate nicht mehr blicken lassen. Jetzt galt es durchzuhalten.
    Sie hatte ihre Uhr auf Ghost Island zurückgelassen und wusste nicht, wie spät es jetzt war. Alles hatte sie hinter sich

Weitere Kostenlose Bücher