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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Hoden mit einer Kerzenflamme anbrannten, nannte er die Namen aller Studenten, mit denen er befreundet war, aber sie behaupteten immer noch, er lüge.
    Jedesmal, wenn er ohnmächtig wurde, weckten sie ihn wieder auf. Manchmal legten sie eine Pause ein und ließen ihn in dem Glauben, es sei endlich vorüber, aber dann fingen sie wieder an, und er flehte sie an, ihn zu töten, damit der Schmerz endlich aufhöre. Sie machten noch lange weiter, nachdem er ihnen schon alles, was er wußte, erzählt hatte.
    Es mußte im Morgengrauen gewesen sein, als er zum letztenmal das Bewußtsein verlor.
    Als er wieder zu sich kam, lag er auf dem Bett. Seine Füße und Hände waren bandagiert. Er fühlte entsetzliche Schmerzen. Er wollte sich umbringen, aber er war zu schwach, sich zu bewegen. Der Kahlköpfige kam gegen Abend in seine Zelle. Als Felix ihn sah, schluchzte er vor Angst. Der Mann lächelte nur und verschwand. Er kam nie wieder.
    Ein Arzt stattete Felix täglich einen Besuch ab. Felix versuchte vergeblich, etwas von ihm zu erfahren: Wußte jemand draußen, daß er hier war? Hatte sich niemand nach ihm erkundigt? Hatte irgendwer versucht, ihn zu besuchen? Der Arzt wechselte nur die Verbände und ging dann wieder.
    Felix überlegte. Lydia war bestimmt in seinem Zimmer erschienen und hatte die dort herrschende Unordnung bemerkt. Irgend jemand im Hause könnte ihr gesagt haben, daß die Geheimpolizei ihn abgeführt hatte. Und sie? Hatte sie vielleicht Nachforschungen angestellt, auch auf die Gefahr hin, sich bloßzustellen? Sie hätte es auf diskrete Weise tun können, hätte heimlich zum Innenminister gehen und ihm eine Geschichte über den Freund ihrer Zofe erzählen können, den man irrtümlicherweise verhaftet habe?
    Jeden Tag hoffte er auf ein Wort von ihr, aber es kam nie.
    Sechs Wochen später konnte er wieder fast normal gehen, und man entließ ihn ohne Erklärung.
    Er ging zurück zu seiner Wohnung, erwartete, eine Nachricht von ihr vorzufinden, wurde aber enttäuscht. Sein Zimmer hatte man inzwischen an einen anderen vermietet. Er fragte sich, warum Lydia nicht weiterhin die Miete bezahlt hatte.
    Er ging zu ihrem Haus und klopfte an die Eingangstür. Ein Diener erschien. Felix sagte: »Felix Davidowitsch Kschessinsky beehrt sich, Fräulein Lydia Schatowa seine Grüße auszurichten .«
    Der Diener schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
    Schließlich ging er in die Buchhandlung. Der alte Buchhändler sagte: »Ich habe eine Nachricht für dich. Sie wurde gestern von ihrer Zofe hier abgegeben.«
    Felix riß den Umschlag mit zitternden Fingern auf. Der Brief war nicht von Lydia, sondern von der Zofe. Er lautete:
    »Ich wurde entlassen und habe keine Arbeit, alles ist Ihre Schuld. Sie ist verheiratet und gestern nach England abgereist; das ist der Lohn für Ihre Sünden.«
    Er blickte den Buchhändler mit Tränen in den Augen an.
    »Ist das alles?« rief er weinend aus.
    Neunzehn Jahre lang hörte er nichts mehr von ihr.

    Die normale Hausordnung war momentan im Waidenschen Haus aufgehoben, und Charlotte saß mit dem Dienstpersonal in der Küche.
    Die Küche war makellos sauber, denn natürlich hatte die Familie auswärts zu Abend gegessen. Das Feuer im großen Herd war ausgegangen, die hohen Fenster standen weit offen und ließen die kalte Nachtluft herein. Das für die Mahlzeiten der Dienerschaft bestimmte Steingutgeschirr stand sauber geordnet im Schrank; die Messer und Löffel der Köchin hingen an einer Reihe von Haken; ihre unzähligen Schüsseln und Töpfe standen in den großen Eichenschränken.
    Charlotte hatte keine Zeit gehabt, wirklich zu erschrecken. Zuerst, als der Wagen so plötzlich im Park stehengeblieben war, hatte sie sich nur gewundert, und danach hatte sie sich bemüht, Mama vom Schreien abzuhalten. Als sie nach Hause kamen, hatte sie noch ein wenig gezittert, aber jetzt, im Rückblick, fand sie die ganze Geschichte ziemlich aufregend.
    Der Dienerschaft ging es ebenso. Daher empfand Charlotte es als beruhigend, am großen gebleichten Holztisch zu sitzen und die Ereignisse mit diesen Leuten zu besprechen, die ihr so vertraut waren. Mit der Köchin, die ihr stets mütterliche Zuneigung entgegenbrachte; mit Pritchard, den sie achtete, weil Papa ihn achtete; mit der tüchtigen und fähigen Mrs. Mitchell, die als Haushälterin für jedes Problem eine Lösung wußte.
    Der Kutscher William war der Held der Stunde. Er beschrieb mehrere Male den wilden Blick in den Augen seines Angreifers, als dieser ihn mit der

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