Der Mann, der den Regen träumt
halten, der keinerlei Recht hat, Forderungen an den Jungen zu stellen.«
Elsa widersprach ihm nicht.
»Sie müssen verstehen, dass ich Sie nicht darum bitte, Finn nicht mehr zu besuchen, weil Sie etwas falsch gemacht haben. Im Gegenteil, ich bitte Sie darum, weil ich um Ihre Sicherheit besorgt bin.«
Elsa schenkte ihm ihr sarkastischstes Lächeln. »Wie überaus selbstlos von Ihnen, Mr Fossiter, aber ich habe dieses Gespräch schon mit Finn geführt. Er hat auch darauf beharrt, dass er gefährlich ist. Wegen des Wetters in ihm, meinte er. Ihm habe ich auch gesagt, dass ich das selbst beurteilen kann.«
Daniel sank in seinem Stuhl zurück, zu schockiert über das, was sie gerade gesagt hatte, denn Finn hatte ihm in die Augen gesehen und geschworen, dass er ihr nichts davon erzählt hatte. »Soll das heißen, Sie wissen, was in ihm ist?«
»Ich habe gesehen und gehört, was in ihm ist.«
Plötzlich wurde ihm kalt. Die Sonne in seinem Nacken und die heiße Brühe in seinem Mund fühlten sich eisig an. Finn hatte ihn belogen. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie das Wetter in ihm gesehen und gehört haben und trotzdem noch mit ihm befreundet sein wollen?«
»Ja. Was ist daran so schwer zu glauben?«
Daniel kaute auf seinem Daumennagel. Es dauerte einen Moment, bevor er wieder etwas sagen konnte, und selbst dann fiel es ihm schwer, die Angst aus seiner Stimme zu verdrängen. »Haben Sie jemandem davon erzählt?«
»Natürlich nicht. Das ist doch viel zu … persönlich.«
Er atmete aus. »Dem Himmel sei Dank. Wenigstens in der Hinsicht sind Sie nicht so leichtsinnig.«
»Leichtsinnig? Hören Sie, nur weil ich niemandem davon erzählt habe, bin ich noch lange nicht der Meinung, dass er sich für das, was in ihm ist, schämen sollte. Wissen Sie was? Ich finde sogar, dass das etwas Wundervolles ist.«
»Ich sage das, weil ich Sie schützen will, nicht ihn.«
»Ich glaube nicht, dass er gefährlich ist. Ich glaube nicht, dass er auch nur einer Fliege etwas zuleide tun könnte.«
Daniel rieb sich die Augen. »Wenn Sie damit meinen, dass er einer Fliege nie mit Absicht etwas zuleide tun könnte, dann sind wir einer Meinung. Was mir Sorgen macht, Miss Beletti, ist, was er unabsichtlich tun könnte.«
»Wir sind beide erwachsen. Ich denke, damit können wir umgehen. Sie müssen aufhören, Finn zu behandeln wie ein kleines Kind.«
Daniel konnte sich nicht erklären, warum sie so entschlossen war, seine Einmischung als bevormundend zu verstehen, doch das hatte nur zur Folge, dass er ihr gegenüber so offen sein wollte wie nur möglich. Was sie von ihm dachte, spielte keine Rolle. Solange er sie nur davon überzeugen konnte, sich nach dieser Unterhaltung von Finn fernzuhalten. »Ich behandle ihn nicht wie ein Kind. Ich behandle ihn wie ein wildes Tier.«
»Mein Gott, das ist ja noch schlimmer.«
Er runzelte die Stirn. »Sie sind mir ein Rätsel, Miss Beletti. Ein Mysterium, wenn Sie mir gestatten, dieses Wort zu benutzen. Ich kann weder behaupten, dass ich verstehe, warum Sie nach Thunderstown gekommen sind, noch, warum Sie so viel aufs Spiel setzen, um mit diesem Jungen zusammen zu sein.«
»Ich glaube nicht, dass ich etwas aufs Spiel setze. Im Gegenteil, ich bin überzeugt, dass dieser Junge und ich ziemlich viel gewinnen könnten.«
»Sind Sie sich da so sicher?«
»Natürlich bin ich mir sicher.«
»Sie haben keine Ahnung, wie Finn sein kann.«
»Doch, das habe ich. Er kann freundlich sein, rücksichtsvoll und ruhig.«
Daniel Fossiter seufzte. »Vielleicht liegt es daran, dass Sie noch so jung sind. Nur junge Leute setzen ihr Leben so leichtfertig aufs Spiel.«
Elsa wollte ihm gerade widersprechen, doch dann hielt sie inne. »Wie bitte? Was meinen Sie damit?«
Seine Augen wurden schmal. »Er hat es Ihnen nicht erzählt, oder?«
»Was erzählt?«
»Was er Bett–«, er unterbrach sich und stieß die Luft aus, »seiner Mutter angetan hat.«
»Bitte«, sagte Elsa leise, »erzählen Sie mir, was passiert ist.«
Daniel schloss einen Moment lang die Augen. Es war eine schmerzvolle Erinnerung, das konnte Elsa ihm ansehen.
»Ich weiß nicht, wie viel Finn Ihnen über seine Kindheit erzählt hat, aber er ist gezwungenermaßen sehr behütet aufgewachsen. Am Anfang hat Betty immer versucht, so zu tun, als wäre er ein ganz normales Kind, doch kurz nachdem er in die Schule kam, begannen die anderen Kinder, ihn zu hänseln. Eines Nachmittags warfen sie auf dem Schulhof einen Stein nach ihm. Er traf ihn hier«,
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