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Der Mann, der den Zügen nachsah

Der Mann, der den Zügen nachsah

Titel: Der Mann, der den Zügen nachsah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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von der Küche aus durch sein Zimmer ging, ehe es im Dach verschwand. Die Züge stießen bösartige Pfiffe aus. Der ganze Lärm von draußen mit den dumpfen und den spitzen Tönen und dem Keuchen der Maschinen war wie ein Orchester; dazu manchmal das Zischen eines Autos mit Vollgas auf der Fernstraße.
    Louis fuhr nach Marseille… Und diese Rose mit ihrem bleichen Gesicht las nicht einmal die Zeitung, um zu erfahren, wer er war… Und Louis fluchte wohl ganz allein über ihn… Es sei denn, er hatte schon im Sinn, ihn zu verkaufen…
      Das war ohne Bedeutung, oder etwa nicht? Er konnte nur die Achseln zucken und verächtlich auf den zu engen Pullover und den Overall blicken, unter denen der wahre Popinga für kurze Zeit verborgen war.
    Er war stärker als sie alle, auch als Louis und als Jeanne
    Rozier. Die ganze Bande war gleichsam angebunden an die Werkstatt, ebenso wie Mama an ihr Haus angebunden war, wie Claes an seine Patienten und an Eleonore und wie Copenghem an seinen Schachclub, dessen Präsidentschaft sein ganzer Ehrgeiz war.
    Er, Popinga, war an nichts gebunden, an niemand, an keine Idee, an nichts und wieder nichts, und der Beweis war…

    6

    Die Indiskretionen des Ofenrohrs
    und der zweite Überfall von Kees
    Popinga

    Vielleicht wäre er in der lauen Wärme des Ofenrohrs, in dem man sozusagen die Flammen hindurchzischen hörte, eingeschlummert, hätte er nicht plötzlich gehört, wie in der Küche eine Tür ging, dann Schritte zum Ofen und dann einen Lärm, der alle anderen Geräusche zudeckte, weil nämlich jemand im Ofen herumstocherte. Und dieser Lärm hatte kaum aufgehört, als er Goins fragende Stimme vernahm:
    »Du hast an der Tür gelauscht? Was macht er?«
      Und die Stimme von Rose, die mißlaunig antwortete: »Ich weiß nicht. Man hört nicht einmal, ob er sich bewegt.«
    »Machst du mir vielleicht eine Tasse Kaffee?«
    »Gewiß! Was fummelst du denn da?«
      »Das siehst du doch! Ich versuche die Weckuhr zu reparieren, die nicht mehr gehen will…«
      Kees lächelte. Er stellte sich die beiden vor: Goin in Pantoffeln, mit der ausgegangenen Zigarette, die an seiner Lippe klebte, die Stirn gerunzelt bei der Aufgabe, den Wecker auf dem Küchentisch auseinanderzunehmen und wieder zusammenzusetzen, während seine Schwester, nach dem Geräusch zu urteilen, das Geschirr abwusch.
    »Wie denkst du denn über diesen Kerl?«
      Die Stimmen kamen um so gedämpfter, weil die da unten sich ganz ruhig in aller Muße unterhielten und zwischen den Sätzen lange Pausen machten. Manchmal unterbrach ein vorbeifahrender Zug das Gespräch und ließ nur noch Wortfetzen übrig.
      Kees hörte mit geschlossenen Augen zu und genoß die in Wellen aufsteigende Ofenwärme.
      »Ich finde: ein Sonderling und ein bißchen verrückt. Ich würde ihm nicht über den Weg trauen. Was hat er denn ausgefressen?«
      »Ich habe es eben erst erfahren. Er hat in Amsterdam eine Tänzerin erwürgt und vielleicht schon davor einen Alten abgemurkst.«
      Kees Popinga fühlte sich trotz seiner Schläfrigkeit bemüßigt, den Arm auszustrecken und das Wort »abgemurkst« in sein rotes Notizbuch zu schreiben.
      Unten kochte das Wasser, und Rose mahlte eilig etwas Kaffee und stellte eine Tasse und die Zuckerdose auf den Tisch.
    »Hast du Louis gesprochen?«
      »Ja. Ich wollte wissen, was er mit dem Genossen da oben vorhat.«
    »Und was hat er gesagt?«
      »Du weißt doch, wie er ist. Er will glauben machen, daß er über alles nachdenkt und nichts ohne Überlegung tut… Obwohl ich für meine Person immer behaupte, daß er nur improvisiert. Er versuchte mir zu erklären, daß er den Burschen in der Hand hat und ihm soviel aus der Nase ziehen kann, wie er will. Doch zunächst einmal, habe ich erwidert, hat der Bursche uns auch in der Hand…«
    »Trink deinen Kaffee, solange er warm ist. Da liegt noch eine Schraube auf der Erde…«
      »Wenn man Louis so etwas sagt, regt er sich auf und fährt einen an, er trage die ganze Verantwortung und man solle ihn nur machen lassen. Ich habe ihm gesagt: von mir aus gern. Mit den Autos, das geht in Ordnung! Aber ich habe nicht gern so jemand wie diesen verrückten Holländer unter meinem Dach. Angenommen, er ist wahnsinnig und springt dir an die Kehle…«
    »Ich habe keine Angst vor ihm.«
      »Abgesehen davon, daß das für uns um die fünf Jahre bedeuten könnte… Nach meiner Meinung war es Jeanne, die Louis diesen Biedermann aufgeschwatzt hat. Und Louis, der ihr

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