Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
Vom Netzwerk:
Schuld.“
    „Er wird bald alt genug sein, um nachzudenken statt nachzutr agen.“
    „Kann sein, aber trotzdem, das alles ist nicht fair ihm gege nüber.“
     
    Unser Sohn blieb eine Woche in der Stadt. Mit Melanie traf er sich zwei mal. Ich war nicht dabei, und er fragte auch nicht nach mir. Ich telefonierte derweil mit Zeller Gasthäusern und wollte schon zu den Bordellbetreibern übergehen, sofern es die gab, als ich im Goldenen Lamm eine Kellnerin an den Apparat bekam, die einen Jürgen Rogalla kannte.
    „Ist das so ein Möchtegern-Kraftprotz mit Kartoffelnase, der sich die Haare über die Glatze kämmt?“
    „Also von einer Glatze weiß ich nichts...“
    „Darf man auch keine Anspielungen machen, da wird der echt sa uer. Ist überhaupt ein Choleriker. Der hat hier mal ne Show abgezogen mit chinesischen Essstäbchen und uns dabei ne Tür ruiniert. Seitdem hat er Hausverbot.“
    „Das ist er! Wissen sie, wie ich ihn erreichen kann?“
    „Nee. Aber ich sehe ihn immer mal beim Skifahren.“
    „Ich kann nicht bis zum nächsten Winter warten.“
    „Schon klar. Vielleicht läuft er mir vorher mal über den Weg.“
    Ich gab ihr unsere Adresse und bat sie dringend, ihm auszuric hten, sich bei mir zu melden. Sie versprach es, aber ich machte mir wenig Hoffnungen.
    Melanie bewarb sich bei sämtlichen Banken im Umkreis, bekam ein ige Absagen und von den meisten einfach keine Antworten. Ihr Nachteil war, dass sie keine Berufspraxis vorzuweisen hatte. Während sie weiterhin putzen ging, hockte ich bei schlechtem Wetter daheim, bei Sonnenschein auf einer Parkbank und schmiedete Pläne.
    Das Hauptproblem, dahin war ich längst g ekommen, war gar nicht, herauszufinden, wie man an Honkes herankam und ob er einen Teil des Lösegeldes bar versteckt hatte; das Problem war nicht einmal, wie ich ihm davon etwas wieder abjagen könnte; das Problem war vielmehr die Frage, wie es hinterher weitergehen sollte. So lange Honkes lebte und in Freiheit war, würden nicht nur Melanie und ich, sondern auch Mirko ständig auf der Flucht sein und Angst haben müssen, dass er uns fand. Konnte man es nicht als Notwehr betrachten, ihn umzubringen?
    Natürlich nicht. So befreiend der Gedanke war, ein Mord kam für mich nicht in Frage. Was Ho nkes verdiente, war Gefängnis, und so drehten sich meine Pläne immer mehr darum, nicht nur so viel Geld wie möglich zurückzuholen, sondern ihn auch vor Gericht zu bringen. Ich kam mir dabei vor wie ein Lottospieler, der sich todsichere Strategien ausdachte, wohl wissend, dass es die nicht gab, der aber nicht aufhören konnte, danach zu suchen und bald in der Suche allein seinen Lebensinhalt fand.
    Ich war gerade so weit, mich doch der Polizei zu stellen, man wü rde mich als deutschen Staatsbürger schon nicht nach Kasachstan ausliefern, da traf an einem Vormittag im Juni eine Zell-am-See-Ansichtskarte von Rogalla ein:
    „Viele Grüße aus meinem Dauerurlaub. Wenn was ist, derzeit gilt die 0043-6542-593058.“
    Ich ging umgehend zur nächsten Telefonzelle. Es meldete sich eine Frau mit österreichischem Akzent.
    „Guten Morgen. Ist der Jürgen Rogalla zu sprechen?“
    „Kleinen Moment bitte.“
    Nach einer Pause hörte ich sie sagen: „Für dich, du Langschläfer.“
    Er räusperte sich, brummte und nahm den Hörer.
    „Hier Jürgen Rogalla.“
    Ich freute mich mehr als erwartet, seine Stimme zu hören, und musste grinsen.
    „Hallo, hier Frank Fercher.“
    „Hey, lang nichts gehört, wie geht’s denn so?“
    Auch er klang erfreut. Und völlig ahnungslos. Ich kam gleich zur Sache und erzählte ihm, alle paar Minuten Fünfmarkstücke nachwe rfend, in möglichst knappen Worten, aber ohne etwas auszulassen meine Geschichte. Ich wunderte mich selbst, wie leicht mir das ihm gegenüber fiel. Bei Melanie blieb ich nach wie vor im Ansatz stecken. Vielleicht lag das daran, dass ihr eine sachliche Schilderung allein nicht genügt hätte.
    „Ich kann dir nur raten, geh zur Polizei“, sagte er schlie ßlich, und für meinen Geschmack klang das ziemlich mitleidlos.
    „Heißt das, du willst mir nicht helfen, weil ich pleite bin?“
    „Nein. Ich will dir nicht helfen, weil das ein Wahnsinnsunterfangen ist und ich hier ein super Leben habe.“
    Er sprach mit g edämpfter Stimme weiter.
    „Hier gibt es jede Menge reiche Weiber, die mich gut dafür bezahlen, dass ich ihnen Fotos ihrer urlaube nden Ehemänner in flagranti liefere. Und wenn sie gut ausschauen, hab ich nichts dagegen, dass sie hinterher gleich

Weitere Kostenlose Bücher