Der Mann, der nicht geboren wurde
eine junge
Führerin aus dem Thostwald.
Naenn wollte es sich nicht nehmen lassen, sich zu ihnen zu setzen.
Sie wischte sich mit Tüchern den Schweià ab und lieà sich dann von Rodraeg die
Stiege hinabhelfen. Bestar erhob sich sogar, als sie strahlend den Raum betrat.
Niemand wusste, wo er das gelernt hatte, vielleicht bei den Riesen.
»Du siehst aus, als ob du bald platzt«, entfuhr es ihm, als er die
unverhältnismäÃige Wölbung unter ihrem Kleid sah.
»So fühle ich mich auch«, schnaufte Naenn und mühte sich auf einen
für sie unbequemen Stuhl.
Tjarka schwieg die ganze Zeit und betrachtete verstohlen den Blinden
und die Schwangere, die beide keine Menschen waren. Sie hatte noch nie
Schmetterlingsmenschen gesehen, denn die lebten im Larnwald, und Tjarka hatte
noch keine Gelegenheit gehabt, ihren Thost weiter als bis nach Miura oder
Brissen zu verlassen.
Als Cajin dann ein paar schnell improvisierte Eierkuchen servierte
und sich zu ihnen setzte, erzählte Bestar, was er, Eljazokad und Tjarka im
Thost erlebt hatten. Begonnen hatte es damit, dass der Waldführer, den der Kreis ihnen empfohlen hatte, nicht mehr lebte, weil er sich
erhängt hatte. Wären sie nicht unterwegs auf Tjarka getroffen, wären ihre
Forschungen nach den verschwundenen Kaninchen wohl sehr schnell zu Ende
gewesen. Aber so konnte Bestar eine Geschichte vorweisen, die schon merkwürdig
begann, aber in ihrem Verlauf ständig bizarrer wurde. Von einem rückwärts
gehenden Spaziergänger . Von einer Kartenlegerin der Unsteten . Vom Niemalsbrunnen und seinen kläglichen
Nachahmungen. Von einem Bereich des Waldes, in dem kein Leben mehr möglich war.
Von verrückten, skrupellosen Männern, die alle Kaninchen des Waldes gefangen
hatten, um sie zu misshandeln, und die sich selbst umbrachten aus Schuld und
aus Scham, sobald man ihrer habhaft wurde, oder in Jagdfallgruben stürzten, die
noch aus früheren Jahrhunderten stammten. Von sinnlosem Gelächter, Eljazokads
vorweggenommenen Beinschmerzen und seinem Tagebuch. Von einer schrecklichen
Gefangennahme, die eine tagelange Folterung in einem unterirdischen ehemaligen
Riesenspinnenbau nach sich zog. Von Eljazokads waghalsigem Selbstversuch, der
ihn in ein fremdes, unglaubliches Land geführt hatte, in das er Bestar und
Tjarka später sogar nachholen konnte â bis die beiden im roten Schnee von
Affenmenschen umgebracht wurden, die wiederum Teil einer komplexen Abfolge von
Prüfungen waren, die Bestar als Martelaskette bezeichnete.
Von ihrem neuerlichen Erwachen auf den Foltertischen und wie es Eljazokad
gelungen war, einen blauhaarigen Krieger und ein rotes Schneekaninchen aus der
anderen Welt mitzubringen und somit das Ende der beiden letzten Folterer
einzuleiten. Von einer Lederfessel, die von dem roten Kaninchen durchgenagt
wurde. Von einem beschwerlichen Weg nach Anfest, wo eine Heilerin namens
Maeredi Eljazokads zerstörte Beine rettete. Und von Eljazokads Bitte, nicht auf
ihn zu warten, sondern so schnell wie möglich nach Warchaim zurückzukehren,
weil Rodraeg unverzüglich erfahren sollte, was sich ereignet hatte.
Nachdem der Klippenwälder mit heiserer Stimme geendet hatte â Tjarka
hatte ihn nicht ein einziges Mal unterbrochen, aber mehrmals bestätigend genickt,
wenn die anderen sie ungläubig ansahen â, saÃen alle da wie vom Donner gerührt.
Besonders in Rodraegs Kopf tobte ein Wirbelsturm. Der blauhaarige Krieger, Udin
Ganija, war tatsächlich nicht tot, sondern wieder auf dem Kontinent. Eljazokad
war auf dem Weg in jene andere Welt über die Brücke der brennenden Blumen
gekommen, hatte Rodraeg dort die richtige Richtung gewiesen und ihm so eine
Rückkehr ins Leben ermöglicht. In dieser anderen Welt waren Bestar und Tjarka
auf Cruath Airoc Arevaun, die Haarjäger aus dem Wildbart, ein Schloss namens
Melronia und menschengesichtige Affenmenschen gestoÃen. Der Name des obersten
Menschen- und Kaninchenfolterers war Siusan gewesen,
genau wie der Name des Magisters, der beim Brand des Slessinghauses ums Leben
gekommen war. Eljazokad war nun alleine dort drauÃen, in einer Zeit, in der
selbst Riban Leribin ihnen geraten hatte, niemals alleine irgendwohin zu gehen.
Aber das hatte Bestar nicht wissen können.
»Ich weiÃ, dass sich das alles bescheuert anhört«, kam Bestar zum
Ende. »Ich würde vieles davon wahrscheinlich selbst für einen Traum oder
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