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Der Mann der nicht zu hängen war

Der Mann der nicht zu hängen war

Titel: Der Mann der nicht zu hängen war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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was wollen Sie damit machen?«
    »Wir könnten ihn den Musikern geben, die für uns spielen. Es ist ein Pianist darunter, er nimmt ihn bestimmt!«
    Ein englischer Offizier reagiert anders als ein Beamter Mussolinis. Er erbarmt sich des Gipsungetüms, und Carmi verbringt von nun an seine Abende damit, es zu reparieren. Eine harte Arbeit— noch dazu ohne richtiges Werkzeug. An die Gipsschicht kann er sich nicht wagen, die sitzt zu fest, und wenn er sie unvorsichtig aufbräche, würde er das Holz beschädigen. Aber der Klavierbauer merkt, daß die bizarre Ummantelung den Ton des Instruments keineswegs ruiniert hat. Auf einem Benzinkanister sitzt er ganz allein in der Wüste — und spielt. Das Instrument hat einen schönen, zarten Ton, der durch den Gips nur wenig gedämpft wird.
    Bald übergibt Carmi den Flügel den Musikern, die überall in Europa Konzerte für die Soldaten im Feld geben. Er sagt zu dem Pianisten: »Er ist sicher nicht viel wert, aber sein Klang ist gut. Ich habe den Gips gereinigt, Sie können ihn wieder bemalen, wenn Sie wollen. Auf alle Fälle ist es ein ungewöhnliches Instrument. Sie fallen bestimmt damit auf!«
    Ein paar Tage später sieht er dem Flugzeug nach, das die Musiker und den Flügel nach England transportiert. Eines Tages, wenn der Krieg zu Ende ist, will er sie wiedersehen. Dieses Versprechen hat er ihnen in seiner Eigenschaft als Pate des skurrilen Instruments gegeben.
     
    1945 sieht Carmi seine Freunde in England tatsächlich wieder. Der Gipsflügel hat sie auf allen ihren Tourneen begleitet. Er trifft sie in Palermo, in Neapel und schließlich in Tel Aviv, wo er inzwischen wohnt. Immer wieder kreuzt der seltsame Flügel die Wege seines Retters — als ob er eine Seele hätte unter seiner Gipsschale. 1949 hat das kleine Ensemble drei Konzerte in Tel Aviv gegeben, dann ist es wieder abgereist.
    Der Geschäftsführer eines großen Cafés, in dem die Musiker aufgetreten sind, hat Carmi davon erzählt. Der ist traurig, daß er sich nicht mehr von ihnen verabschieden konnte. Und der Geschäftsführer erzählt ihm noch etwas, das ihn trifft: »Die haben ihren Flügel zurückgelassen, das Schiff nach England hatte nicht genug Laderaum dafür.«
    »Wo ist er?«
    »Keine Ahnung, sie haben ihn an einen Franzosen verkauft, an einen Bauern, glaube ich.«
    »Und was will er damit machen?«
    »Holz, mein Lieber, Holz ist hier rar. Und der Bursche braucht Holz für seine Bienenstöcke!«
    Aus seinem Flügel sollen also Bienenstöcke gemacht werden. Er wird wimmeln von Insekten und kleben von Honig. Das Instrument hat wahrhaftig ein merkwürdiges Schicksal. Nur von seinem Instinkt geleitet, begibt sich der Klavierbauer auf die Suche nach dem Bauern. Er findet ihn, es ist ein Einwanderer aus Algerien mit großer Familie.
    »Der Flügel? Dieses schreckliche Ding! Ich hab’s aufgegeben. Die Gipsschicht ist nicht runterzukriegen. Ich habe ihn an einen Freund verkauft, der in der Nähe von Tel Aviv Hühner züchtet — er will einen Brutkasten draus machen.«
    »Ist das lange her?«
    »Ungefähr einen Monat — er hat ihn auf einem Karren mitgenommen.«
    Carmi läßt sich Namen und Anschrift des Hühnerzüchters geben, der kurz vor dem Krieg aus Rumänien eingewandert ist. »Der Flügel. Genau. Ich wollte einen Brutkasten daraus machen. Aber das ging nicht. Ich habe ihn an einen Fleischer weiterverkauft.«
    »Spielt der Klavier?«
    Der Rumäne lacht aus vollem Hals: »Klavier? Sicher nicht. Ihn hat nur das Holz interessiert. Er will einen Kühlbehälter daraus basteln.«
    Carmi läuft zu dem Fleischer. Er hat es sich in den Kopf gesetzt, den Flügel noch einmal zu retten — aber der Fleischer hat ihn sicher längst in seine Einzelteile zerlegt. Weit gefehlt! Auch dem Fleischer ist es nicht gelungen, das Holz zu entgipsen.
    »Dieser verdammte Gips ist hart wie Stein. Welcher Idiot das bloß gemacht hat! Jedenfalls ist ’s eine solide Arbeit, das kann ich Ihnen sagen!«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Auf dem Sperrmüllplatz. Ich habe ihn gestern hingebracht. Irgend jemand wird schon noch was daraus machen!«
    Dieser Jemand wird Carmi sein. Klopfenden Herzens läuft er zum Sperrmüllplatz. Der arme Gipsflügel! Er ist nicht mehr. Das ganze Innere ist herausgerissen. Es existiert nur noch der Gipskasten. Sogar die Pedale sind verschwunden, die Tastatur liegt elend, wie abgefressen, daneben. Kinder oder Plünderer haben die Elfenbeinplättchen von den Tasten gerissen. Der Flügel ist endgültig

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