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Der Mann, der nichts vergessen konnte

Titel: Der Mann, der nichts vergessen konnte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Ehemalige von Skull and Bones die Logenzahl 322 immer wieder zur Chiffrierung vertraulicher Daten benutzt hatten.
    »Nein«, antwortete sie einsilbig.
    Er startete das Pifish-Programm, rief den Dialog zum Öffnen von Dateien auf und wählte auf dem USB-Stick das verschlüsselte Archiv aus. Ein Fenster erschien, in dem er zur Eingabe eines Passworts aufgefordert wurde. »Wie ist es mit dem Tag eures Kennenlernens?«
    »Hab ich auch schon probiert. In sämtlichen Varianten.«
    »Was hat euch beide noch verbunden? Konnte er bei irgendetwas davon ausgehen, dass nur ihr beide es kennt?«
    »Als Kind hatte ich mal eine Schildkröte mit Namen Alia.
    Fällt aber schon wegen der mangelnden Länge unter den Tisch.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe wirklich alles versucht.«
    »Das glaube ich nicht«, widersprach Tim. »Denk nach! Es ergibt keinen Sinn, für dich ein Schloss einzubauen, ohne dir den Schlüssel auszuhändigen. Wie steht es mit den Namen entfernter Verwandter, von Orten, die ihr besucht habt, von körperlichen oder sprachlichen Eigenheiten…«
    »Moment mal!«, unterbrach sie ihn.
    »Ist dir was eingefallen?«
    »Zabarjad.«
    »Klingt geheimnisvoll. Wie schreibt man das?«
    Sie buchstabierte das Wort und erklärte dann: »Karim war ein orientalischer Romantiker. Manchmal schmeichelte er mir mit Worten in seiner Muttersprache. Er meinte immer, meine Augen leuchteten wie vom Sternenhimmel gefallene grüne Smaragde.«
    Tim sah vom Notebook auf, und für einen wunderbaren Moment, in dem er sich in Gesellschaft eines Engels in den Wolken wähnte, verloren sich ihre Blicke ineinander. »Ich finde, deine Augen ähneln eher polierter Jade, durch die das Sonnenlicht fällt.« Er bemerkte, wie ihre Wangen erröteten, nur ganz kurz, aber er empfand ihre Reaktion als ermutigendes Zeichen.
    »Was sagt Pifish?«, fragte Jamila unvermittelt.
    Es wandte sich wieder dem Bildschirm zu und schüttelte den Kopf. »Fehlanzeige.«
    »Ich hätte schwören können, dass…«
    »Welches Wort benutzt man in Pakistan für einen vom Sternenhimmel gefallenen Stein?«, unterbrach er sie.
    »Du meinst, für einen Meteoriten? Karim hätte in dem Zusammenhang mit Sicherheit tar gesagt. Es bezieht sich nicht nur auf einen fallenden Stern – einen Meteoriten –, sondern auch auf die Pupille im Auge.«
    Tim tippte aufgeregt das neue Passwort in die Tastatur.
    Zabarjad Tar – »der Smaragdstern, der vom Himmel fiel« –
    das musste es einfach sein. Er hämmerte auf die Enter-Taste, und Pifish antwortete lakonisch: Invalid Password. Please try again – »Falsches Schlüsselwort. Mach nicht ein so blödes Gesicht und versucht einfach noch mal.«
    »Warum ziehst du diese Grimasse? Funktioniert’s nicht?«, fragte Jamila.
    »Warte!«, antwortete er, ohne vom Computer aufzublicken.
    Er versuche es andersherum – Tar Zarbajad – doch auch damit war der Fisch mit dem schönen Namen Pi nicht zufrieden. Tim wiederholte die Kombinationen ohne trennende Leerstelle.
    Abermals Fehlanzeige. Dann benutzte er einen Unterstrich, gab also »Zarbajad-Tar« ein.
    »Bingo!«, flüsterte er.
    »Hast du es?«, erkundigte sich Jamila, weil der Lärm des Textron-Lycoming-Motors alle Geräusche unterhalb eines Murmelns zuverlässig überbrüllte.
    Tim ließ sich das Archiv von Pifish entschlüsseln und übergab es anschließend einem Entpacker. Dieses Programm wiederum brachte die in komprimierter Form zusammengefassten Dateien auf ihre Ursprungsgröße zurück und separierte sie.
    »Nur drei Einträge«, kommentierte Tim das Ergebnis.
    Irgendwie hatte er mit einer ganzen Bibliothek von Enthüllungen gerechnet. Sofort machte er sich an die Lektüre des Inhalts und fasste diesen anschließend für die Pilotin zusammen.
    Die erste Datei enthielt einen kurzen Brief Karims an Jamila, in dem er den Standpunkt vertrat, das Experiment sei außer Kontrolle geraten und er wisse nicht, ob er dem Meister noch vertrauen könne. Nummer zwei war eine von der NSA abgeschickte E-Mail. Ihr anonymer Verfasser hatte Azam Zardah alias »Casim« nach Boston beordert. Bei der dritten Information handelte es sich um eine Notiz, die offenbar wieder von Karim selbst geschrieben worden war. Sie besagte, dass der Meister vor 1995 für die CIA tätig gewesen und als Maulwurf in den russischen KGB eingeschleust worden sei.
    Unter dem Codenamen »Sascha« habe er mehrere verdeckte Operationen in Afghanistan und Ostdeutschland durchgeführt.
    »Schon wieder Berlin«, murmelte Tim nach

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