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Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman

Titel: Der Mann, der niemals schlief: Ein Tom-Sawyer-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon X. Rost
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bekam auch Major James O’Beirne dreitausend Dollar. Wissen Sie, wer Major O’Beirne ist, Mr Sawyer?«
    »Nein, weiß ich nicht. Aber bei der Jagd auf Booth war er nicht dabei.«
    »Das stimmt. Er war derjenige, in dessen Zuständigkeitsbereich die Brücken und Wachtposten am Potomac und in Virginia fielen, an denen Booth vorbeigeritten ist, ohne je angehalten zu werden.«
    Tom sprang auf. »Was? Wofür zum Teufel hat Stanton ihm eine Belohnung gegeben?«
    »Vielleicht dafür, dass er weggeschaut hat, als ein weltbekannter Schauspieler des Weges kam?«
    Tom schüttelte den Kopf. Er spürte Zorn in sich aufwallen, als er sich wieder setzte, während Crittenden seinen Spaziergang durch den Mittelgang wiederaufnahm.
    »Auch Major Eckart, der Leiter des Telegrafenamtes, wurde kürzlich befördert. Vielleicht dafür, dass man am fraglichen Abend keine Nachrichten über zwei flüchtende Mörder verschicken konnte? Man weiß es nicht. Seltsam ist auch, dass Booth am nächsten Tag, als die Telegrafenleitungen auf wundersame Weise wieder funktionierten, mehrere recht simpel verschlüsselte Telegramme in die Hauptstadt geschickt hat, die seinen Aufenthaltsort verraten haben.«
    »W-was zum Teufel …?«
    »Ja, nicht wahr? Das passt alles nicht zusammen, oder es lässt nur einen Schluss zu: Etwas stimmt nicht bei dieser Suche nach Booth. Erst lässt man den Mann laufen, dann setzt man ein hohes Kopfgeld auf ihn aus, und schließlich, bevor er etwas sagen kann, wird er schnell und ohne Verhör erschossen. Und seine Mitverschwörer fängt man bereits kurz nach dem Attentat, man steckt sie ins Gefängnis, jeden in eine andere Zelle, damit sie nicht miteinander reden. Man zieht ihnen wattierte Kapuzen über den Kopf, damit sie nichts sehen und nichts hören. Dann macht man ihnen einen Militärprozess, obwohl so ein Attentat gar nicht der Militärgerichtsbarkeit unterliegt. Aber Minister Stanton hat es so bestimmt. Denn damit war er es, der über das Schicksal der Verschwörer entscheiden konnte. Es hieß, er habe die Zeugen massiv eingeschüchtert und sogar ein Gnadengesuch an den Präsidenten unterschlagen, damit man seiner Linie folgte und dem Todesurteil für alle Inhaftierten nichts mehr im Wege stand.«
    »Alle sind tot. Niemand kann mehr etwas sagen.« Tom hatte leise zu sich selbst gesprochen.
    Crittenden blieb vor ihm stehen und stützte die Arme auf die Bank. »So ist es, Mr Sawyer. Und das Ganze wäre vermutlich niemandem aufgefallen, wenn da nicht diese achtzehn fehlenden Seiten wären.«
    Verwirrt schüttelte Tom den Kopf. »Was für achtzehn Seiten?«
    Crittenden löste sich von der Bank und wandte Tom den Rücken zu.
    »Aus Booth’ Tagebuch.«
    ~~~
    Das Tagebuch.
    Vor Toms innerem Auge tauchte ein rot eingeschlagenes Buch auf, das Booth, fiebernd und schwach, im Lichte der verglühenden Tabakblätter aus der Innentasche seines Gehrocks hervorgezogen und wieder zurückgesteckt hatte. Und Tom hörte Booth’ hohe, sich überschlagende Stimme, während der Mörder auf das Buch tippte.
    Ich habe einiges zu erzählen. Und alle werden zuhören. Lafayette Baker, Minister Stanton, Präsident Johnson – sie alle werden mir zuhören, und sie werden rote Ohren bekommen, wenn ich ihnen das hier vortrage!
    »›Ich habe einiges zu erzählen‹«, murmelte er und berichtete Crittenden dann von Booth’ Ankündigung in der Scheune.
    Crittenden ging zu der Bank, wo seine Mappe lag, und machte sich schweigend eine Notiz. »Das passt«, sagte er dann. »Und durch eben dieses Tagebuch kam alles ins Rollen. Wie Sie vielleicht wissen, ist einer der Verschwörer, John Surratt, der Sohn der Pensionsbesitzerin, bei der sich die Verschwörer getroffen haben, noch immer flüchtig. Der Generalstaatsanwalt bereitet dennoch schon einen Prozess gegen Surratt vor und ist dabei, Beweismittel zu sichern. Dazu gehört auch das Tagebuch von Booth, das sich in Stantons Besitz befindet.«
    »Stanton hat Booth’ Tagebuch?«
    »Ja. Er hat es von Lafayette Baker, und der wiederum hat es von Colonel Everton Conger, der auch befördert wurde und eine Belohnung von fünfzehntausend Dollar bekommen hat und der Booth das Tagebuch kurz vor dessen Tod persönlich abgenommen hat, wenn das stimmt.«
    »Ich nehme es an, Sir.«
    Crittenden blieb stehen. »Sie nehmen es an? Sie waren doch dabei?«
    Tom kratzte sich am Kinn. »Nicht während Booth’ letzten Minuten. Es war klar, dass der Schuss in den Nacken tödlich war, und ich war so wütend, dass Corbett,

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