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Der Mann, der starb wie ein Lachs

Der Mann, der starb wie ein Lachs

Titel: Der Mann, der starb wie ein Lachs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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ist, die schlimmsten Samenhasser im Land haben wir ja in Kiruna und Jokkmokk.«
    »Ja, ja, ich weiß«, nickte Eino und machte eine kurze Pause. »Wie gut kennst du eigentlich Esaias Vanhakoski?«
    »Den Mann, den ihr eingelocht habt?«
    Bertil überlegte. Schielte zum Aufnahmegerät hinüber.
    »Ich weiß, wer das ist«, erklärte er ausweichend.
    »Er ist Mitglied im STR-T.«
    »Das ist ja wohl kaum verboten.«
    »Es heißt, dass seine Familie Udde schon früher bedroht hat.«
    »Das ist ihre Sache.«
    Eino nickte nachdenklich. Blätterte in der Mappe mit den Leserbriefen.
    »Aber ihr müsst doch eine Wahnsinnswut auf Udde gehabt haben.«
    »Ich habe den Alten nie angerührt.«
    »Das habe ich auch nicht behauptet.«
    Bertil blickte auf die Pentgäsjärvi-Wiesen. Fing wieder an, seinen Stift zu drehen. Immer rundherum.
    »Ich war genau in der Woche in Södermanland, bei meinem Bruder in Trosa.«
    »Aber vielleicht kennst du sonst jemanden? Irgendeinen Hitzkopf in den STR-T-Kreisen? Ihr seid ja ziemlich mit Dreck beschmissen worden von dem Kerl.«
    »Ich weiß, worauf du hinaus willst.«
    »Jemand aus dem Umfeld? Einer, dem es reichte. Der sich vielleicht zu Hause einen hinter die Binde gegossen hat und dachte, dass diesem Mistkerl jetzt ein für alle Mal das Maul gestopft werden sollte.«
    »Wir sind keine terroristische Vereinigung.«
    »Würdest du nie für das Meänkieli jemanden töten?«
    »Nein.«
    »Könntest du nie, in der extremsten Situation, für deine Muttersprache töten?«
    Bertil überlegte.
    »Ich denke nicht. Könntest du?«
    Eino antwortete nicht, ließ seine Gedanken nur weiterwandern. Wenn es nun wie in Palästina wäre. Hier oben im Tornedalen. Wenn der Druck härter werden würde, dachte er. Wenn die Staatsmacht versuchte, uns mundtot zu machen.
     

11
     
    Rechtsanwalt Kenneth Mikko kam am nächsten Morgen in seinem metallicroten Audi Quattro aus Haparanda angefahren, und bevor er vor dem Gerichtsgebäude von Pajala parkte, schaffte er es noch, im Café Nedan einen Kaffee und einen Kopenhagener zu frühstücken. Eine Stunde und zwanzig Minuten lang saß er seinem schweigenden Mandanten gegenüber, die Juristenmappe in gegerbtem Rentierleder vor sich aufgeschlagen. Mit jeder Minute, die verstrich, wurde er besorgter. Als Dagewitz anklopfte und zum ersten Verhör bat, ging Kenneth Mikko auf die Toilette, trank zwei Gläser Wasser und spürte leichte Kopfschmerzen.
    Im Verhörraum saßen der Festgenommene und der Anwalt mit Dagewitz. Gegenüber ließ Therese sich nieder. Sie hatte die Mückenstiche und die Ringe unter den Augen überschminkt, aber das Weiß in den Augen war von einem feinen Netz roter Äderchen überzogen. Sie schaltete das Aufnahmegerät ein, gab Datum, Zeit und anwesende Personen an und rechnete aus, dass sie nicht einmal zwei Stunden geschlafen hatte.
    »Können Sie, Esaias Vanhakoski, uns berichten, wie Sie die letzte Woche verbracht haben.«
    Ein langes Schweigen. Esaias rührte sich nicht. Starrte nur mit leicht geöffnetem Mund auf das Mikrophon des Aufnahmegeräts. Er ist krank, dachte sie. Es geht ihm nicht gut.
    »Können Sie bestätigen, dass Sie sich während dieses Zeitraums in der Gegend von Pajala aufgehalten haben?«
    Auch jetzt keine Antwort. Die Uhren tickten an den Handgelenken. Das Band drehte sich um seine Spule. Er hat geduscht, registrierte sie. Er riecht besser.
    Nach einer halben Stunde wurde das Verhör unterbrochen. Der Festgenommene hatte nicht ein Wort gesagt. Therese versuchte Ruhe zu bewahren. Er ist derjenige, der gequält wird, er ist es, dem es am schlechtesten geht. Wir werden für die Stunden hier bezahlt, das ist doch nicht schlecht: »Schweig nur weiter, wir werden ja für die Stunden bezahlt.«
    Während der Mittagspause wurde offensichtlich, dass der Festgenommene außerdem noch in Hungerstreik getreten war. Sein Tablett war unberührt, nur das Wasserglas geleert. Kenneth Mikko spürte, wie die Unruhe anwuchs, versuchte sie aber zu ignorieren:
    »So, so, also kein Hunger, oder sind wir hier in einem Kurhotel gelandet?«
    »Er redet mit mir auch nicht«, teilte er Therese später mit. »Ich habe ihn gewarnt, dass ich bald aufgebe, aber er scheint gar nicht zu hören.«
    »Er ist nicht der Erste, der schweigt.«
    »Ich möchte einen Arzt hier haben. Das kann eine Psychose oder sonst was sein, ich weigere mich, den Fall zu übernehmen, wenn er schizo ist.«
    Kenneth dachte missmutig an einen Pyromanen aus Nikkala, der normalste,

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