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Der Mann, der wirklich liebte

Der Mann, der wirklich liebte

Titel: Der Mann, der wirklich liebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Röhrdanz!
    Und dann nahm sie Anlauf, bückte sich und schleuderte die schwere Kugel so rührend ungeschickt von sich weg … Röhrdanz konnte den Blick kaum von ihr lassen. Guck woanders hin, du Idiot, schalt er sich. Die Kleine ist siebzehn, und du bist ein geschiedener Familienvater von Mitte dreißig. Sie könnte deine Tochter sein.
    »Oh,’tschuldigung …« Angela wandte sich um und lächelte verlegen. »Wieder kein Punkt für unsere Mannschaft …«
    »Macht nichts«, sagte Röhrdanz. »Sie drehen sich falsch.« Er nahm sie bei den Schultern, ihr Haar roch nach Pfirsich. »So, und jetzt Schwung holen, und … loslassen! Ja! Super! Geht doch!«
    Die Kugel rollte in der Mitte der Bahn schnurgerade auf die Kegel los und säbelte sie alle um.
    Er traute seinen Augen kaum. Was für ein Schuss! Röhrdanz, reiß dich zusammen. Lass das Mädel los. Du machst dich zum Affen.
    Angela riss die Arme hoch, strahlte ihn an: »Volltreffer!«
    »Siegerteam«, spöttelte sein Kollege Harald gutmütig und reichte ihm sein Bier. Angela zog sich errötend in
ihre Ecke zurück und nippte an ihrer Cola. Dabei warf sie ihm einen Blick zu, bei dem ihm ganz warm wurde.
    Mochte sie ihn etwa? Ging sie auf seinen Flirt ein?
    Es war ein wunderbarer Abend. Es knisterte zwischen ihnen. Er fühlte sich jung und unbeschwert, vergaß den noch frischen Scheidungskrieg mit Irene, vergaß seine Sorge um die Jungs. Die junge Frau verzauberte ihn. Sie lachten und tauschten heimliche Blicke … bis ihr Freund auftauchte.
    Ein langer Lulatsch, kaum achtzehn, Pickel im Gesicht, Flaum auf der Oberlippe. Sollte das ein Schnurrbart werden, wenn’s mal fertig war? Fand er das männlich? Hilfe, dachte Röhrdanz. Der sollte seinen Friseur verklagen! Wer hatte dem langen Elend bloß diesen Topfschnitt verpasst? Röhrdanz übermannte ein plötzliches Glücksgefühl: Den Spargeltarzan steche ich aus!
    »Können wir Sie noch irgendwohin mitnehmen?«, fragte Angela, als die anderen sich verabschiedeten.
    »Ich wollte noch auf ein Bier in meine Stammkneipe.« Röhrdanz griff nach seiner Jacke. »Die nächste S-Bahn Richtung Innenstadt fährt in zwölf Minuten.«
    »Ach, Holger, lass meinen Chef ein Stück mitfahren«, gurrte Angela und zog am Holzfällerhemd des dürren Bubis. »Er hat mir heute das Kegeln beigebracht!«
    Ich würde dir gern noch ganz andere Sachen beibringen!, dachte Röhrdanz. Tanzen zum Beispiel. Küssen. Ein Jahr noch. Dann ist sie »erwachsen« … Gleichzeitig schämte er sich für diese Gedanken. »Ich hoffe, Sie haben keinen Alkohol getrunken??«, fragte er streng.
    Der Junge schüttelte den Kopf, latschte mit hängenden
Schultern vor ihnen her. Auf der Straße parkte ein winziger grauer Leukoplastbomber.
    »Und in das Spielzeugauto soll ich jetzt einsteigen?«, fragte Röhrdanz amüsiert.
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht?«, fragte Angela keck zurück. Röhrdanz faltete sich zusammen wie ein Taschenschirm und quetschte sich auf die spartanisch kleine Rückbank. Dabei amüsierte er sich königlich.
    »Besser schlecht gefahren als gut gelaufen«, murmelte Holger gekränkt, als er den Motor anließ. Angela setzte sich auf den Beifahrersitz.
    In dem winzigen Gefährt musste Röhrdanz sich nicht groß vorbeugen, um seine Nase in Angelas blonde Mähne zu stecken. Der Pfirsichduft überwältigte ihn … Lass das, Röhrdanz, du bist betrunken!! Du bist ihr Chef!
    Er lehnte sich zurück und schloss die Augen. Siebzehn Jahr, blondes Haar … Abrupt wurde der Wagen abgewürgt. Der Knabe hielt an der vereinbarten Kreuzung. »Da wären wir. War nett, Sie kennenzulernen.«
    Angela glitt anmutig aus dem Wagen, er quälte sich etwas überfordert hinterher.
    War es das?, fragten seine Augen, als er ihr die Hand hinstreckte.
    Das werden wir sehen, antworteten ihre Augen, als sie sie drückte.
    Dann knatterte der Plastikbomber davon.
     
    E in Jahr später nahm Röhrdanz seinen ganzen Mut zusammen und fragte die inzwischen achtzehnjährige
Angela, ob sie nicht Lust hätte, am Samstag mit ihm essen zu gehen.
    »Halten Sie das wirklich für eine gute Idee?«, fragte Angela errötend. »Was, wenn man uns zusammen sieht? Das könnte Gerüchte geben …«
    »Ich dachte, wir fahren nach Venlo, nach Holland«, schlug Röhrdanz vor. »Bis dahin ist es nur ein Katzensprung, und niemand kennt uns dort.«
    »Wann und wo?«, kam es wie aus der Pistole geschossen.
    »Samstagvormittag um elf. Ich hole Sie ab.«
    »Lieber nicht, Chef. Diese Idee ist, glaube ich, doch

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