Der Mann, der's wert ist
lassen wir dich die
innenarchitektonische Lösung machen. Wäre das in deinem Sinn?«
Verzweifelt lachte ich: »Aber
natürlich!«, und verzweifelt dachte ich: Was denkt sich Onkel Georg
eigentlich?! — Er hatte sich wohl nie überlegt, wovon ich lebe. Er dachte, alle
Frauen arbeiten nur, um wie seine verwöhnte Angela ein paar Klamottchen mehr
aus den Boutiquechen abzuschleppen. Fast hätte ich ihm gesagt, daß ich in
diesem Hotel als Putzfrau arbeite, um die Miete zahlen zu können! Aber Onkel
Georg wäre nur enttäuscht gewesen von mir - seine Nichte eine Putzfrau! Also schluckte
ich die Wahrheit runter.
Zum Abschied sagte Onkel Georg
fröhlich: »Viola, wir sehen, was sich machen läßt. Und grüß meinen Bruder und
die Anneliese.«
Auf der Heimfahrt sagte
Benedikt, es sei sinnlos, sich aufzuregen, daß mein Onkel mein Jobproblem nicht
ernst genommen hätte, jetzt sei ja alles klar. Und ich könnte wirklich nicht
erwarten, daß er mich sofort einstellt, um an einem kostenlosen Voranschlag zu
arbeiten. Da hatte Benedikt natürlich recht.
Aber bald wären alle meine Sorgen
vorbei. Ich merkte, daß ich dachte wie Rufus: Tanja hatte gesagt, es würde
klappen. Und bisher hatte alles gestimmt, was Tanja gesagt hatte.
52. Kapitel
»Darf man wissen, wann du an
den Dauerauftrag denkst?« fragte Mercedes in ihrer unverschämten Art.
»Ich hab daran gedacht. Es ist
alles geregelt. Am fünfzehnten bekommst du ab jetzt deine Miete überwiesen.«
»Darf man wissen, wieso erst am
fünfzehnten?«
»Ich hab dir das Geld immer am
fünfzehnten gegeben.«
»Soweit ich weiß, seid ihr am
ersten September hergezogen. Das macht immerhin eine halbe Miete Unterschied,
um korrekt zu sein.«
»Wir sind erst am dritten
hergezogen«, sagte Benedikt, »daran erinnere ich mich genau, um korrekt zu
sein.«
»Und ich habe erst eine Woche
später, also am zehnten, den Schlüssel für dein Zimmer bekommen, um korrekt zu
sein.«
»Wie kleinlich«, sagte Mercedes
verachtungsvoll. »Üblicherweise wird die Miete am Monatsersten bezahlt.«
»Aber wir wollen ja ganz
korrekt sein«, sagte ich, »also fehlt nur die Miete für fünf Tage.« Ich grinste
sie an, ich hatte sie mit ihren eigenen kleinkarierten Waffen geschlagen. Ich
ging hinauf in mein Zimmer, rechnete die Miete für fünf Tage aus, legte sechzig
Mark neben den Teller von Mercedes und sagte: »Der Rest ist Trinkgeld.«
Sie wurde rot, steckte das Geld
aber natürlich ein.
»Übrigens«, sagte Benedikt,
»wolltest du uns nicht diese Woche einladen, um deinen ständigen Verehrer der
Öffentlichkeit vorzustellen?«
»Wir fahren Mittwoch nach
Frankreich, eine Schlemmerreise. Wir kommen erst Freitagnachmittag zurück.«
»Sehr gut, dann kannst du uns
für Freitagabend einladen«, sagte Benedikt gnadenlos.
»Bitte, wenn ihr unbedingt
wollt«, sagte Mercedes, als hinge es nur von uns ab.
»Aber freitagabends treibst du Sport,
Benedikt«, sagte Nora. »Ach so«, sagte Benedikt.
»Seht ihr«, sagte Mercedes,
»dann geht es nicht, für Mutter allein lohnt sich das nicht.«
»Warum lohnt es sich nicht für
mich?« Nora war sofort beleidigt. »Ich möchte ihn doch auch mal kennenlernen.«
»Du kennst ihn doch längst,
Mutter.«
»Meinst du? Ich dachte, der
Herr, den ich damals bei dir getroffen habe, sei nur ein Kollege...«
»Es lohnt sich nicht, weil ich
dann abends noch kochen müßte. Ich kann meinem Herzallerliebsten keinen
Bohneneintopf zumuten.«
»Soll ich kommen und für euch
kochen?« fragte Nora.
»Ich bin gerne bereit, mein
Volleyball ausfallen zu lassen, damit sich das Ereignis lohnt«, sagte Benedikt.
Und ich war gerne bereit, meinen
Kochkurs ausfallen zu lassen. Letzte Woche mußte ich Kartoffelsalat machen,
hatte wie verrückt Kartoffeln, Zwiebeln, Gewürzgurken und gekochte Eier in
Würfel geschnitten, und dann hatten alle behauptet, schon besseren
Kartoffelsalat gegessen zu haben. Dabei hatte ich mich genau an Carolas Rezept
gehalten. Ich war durchaus bereit, auf den Kochkurs zu verzichten — aber was,
wenn der Mann aus Zimmer 4 mich wiedererkannte?
»Das ist zu stressig, Mutter,
wenn du zu mir kommst und kochst.«
Na also, Mercedes würde immer
einen Grund finden, um uns nicht einzuladen.
»Mir würde ein kleiner Imbiß
vollkommen genügen«, sagte Benedikt.
»Bitte, dann Freitag 20 Uhr bei
mir«, sagte Mercedes.
»Wie schön, Kind!«
Ich brauchte Stunden, um mich
von der Überraschung zu erholen. Gleichzeitig wuchsen meine Sorgen.
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