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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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dunkel aus, aber auf der weißen Leinenhose kamen sie
originalblau zur Geltung. Ich wußte es: Wenn ich nicht sofort die Farbe
auswusch, waren die Flecken nie wieder zu entfernen. Wenn sie einmal trocken
sind, ist es zu spät. Ich blieb liegen. Alles, was zählte, war auf diesem
Gerüst zu liegen, und gleich nebenan war Harald. Das Gerüst war wie ein Bett.
    Und ich gab mich meinen Träumen
hin. Egal, wenn dies das Ende meiner neuen weißen Leinenhose und des roten
T-Shirts ist. Dies ist vielleicht der Beginn einer wunderbaren Zukunft. Und
wenn ich will, kann ich morgen wieder Leinenjeans kaufen und ein neues T-Shirt.
Angeblich kaufen sich alle anderen Frauen unablässig Klamotten, die sie
höchstens einmal tragen. Und das sogar vom schwer verdienten Geld ihrer Männer.
Also konnte ich mir von meinem selbstverdienten Geld, das mir nicht so schwer
verdient erschien, wie es das Geld der Männer immer sein soll, genauso
Klamotten für nur einen Tag leisten — für den ersten Tag, den ich mit Harald
zusammen war. Außerdem konnte ich die Hose und das Top weiterhin als
Arbeitskleidung tragen, wer sagt denn, daß man nur alte Sachen für
Dreckarbeiten tragen darf? Dies war meine Arbeitskleidung. Es war alles egal.
    Nur war nach zwei Quadratmetern
Blau mein Arm so lahm, daß ich ihn kaum mehr heben konnte. Die Handwerker
verließen den Frühstücksraum. Für sie war Feierabend. Sie betrachteten die
erste Wolke und sagten zu Harald: »Mühselige Arbeit, wann wollen Sie damit
fertig sein?«
    »Keine Ahnung«, sagte Harald.
    »Mehr als sechs Quadratmeter
schaffen Sie kaum pro Tag«, sagte der Angebermaler, als sei er der Chef. »Da
werden Sie frühestens in zwei Wochen fertig«, sagte ein anderer, als wäre er
der Chef vom Chef.
    »Dann bin ich eben erst in zwei
Wochen fertig«, sagte Harald. Schon in zwei Wochen, dachte ich.
    Die Handwerker gingen, Harald
setzte sich in die Sitzgruppe und rauchte. Er rauchte ständig, auch beim Malen.
Ich beschloß, auch eine Pause zu machen, kroch vom Gerüst, setzte mich neben
Harald: »Es ist so ungewohnt, nach oben zu streichen, mein Arm ist völlig
lahm.«
    »Du hast keine Muskeln«, sagte
Harald, legte seinen Arm um mich und kniff mich ein bißchen in meine
nichtvorhandenen Armmuskeln. Ich lachte. Und da kam Rufus.
    »Um Gottes willen«, rief er,
»wie siehst du denn aus?!«
    Er meinte mich.
    »Dein schöner Pulli und deine
Hose sind voll Farbe! Und du hast die Hose und den Pulli erst heute morgen
gekauft!«
    »Na und?« sagte ich, als würde
ich jeden Tag für zweihundert Mark Klamotten versauen.
    »Mir gefällt’s«, sagte Harald
und betrachtete die Flecken auf meinem Busen, »eine gute Methode, um
Vollkommenheit zu zerstören.«
    »Dann ist ja alles in Ordnung«,
sagte Rufus und ging wieder nach oben zu seinem Computer.
    Harald sah mich an: »Sag mal,
ist das dein Freund?«
    »Nein, das ist mein Chef. Und
weil ich Innenarchitektin bin, hat er, beziehungsweise hat unsere Oberchefin
mich hier angestellt, bis der Umbau fertig ist, danach ziehe ich wieder
zurück.« Und ich erzählte Harald meine ganze Geschichte, von meinen
Putzfrauenanfängen bis zum bitteren Ende mit Benedikt, und ich erzählte auch,
daß Rufus eigentlich Saurierforscher ist und auch nur zufällig hier arbeitet.
Und Harald ließ mich reden und sagte nur immer sehr verständnisvoll »hm«, »hm«,
»hm«.
    »Seit Benedikt Windrich mich
verlassen hat, leben Rufus und ich wie der Glöckner von Notre-Dame und seine
Putzfrau in diesem Hotel.«
    Harald lachte: »Ist Rufus der
Glöckner von Notre-Dame? Dazu ist er zu groß, er müßte gebückt gehen. Aber
seine Frisur und die Haare im Gesicht sind überzeugend. Und malerisch sehr
interessant.«
    »Es ist egal, wie er aussieht,
er will eben so bleiben, wie er ist. Wir arbeiten nur zusammen. Und er ist sehr
nett.«
    »Muß ein Mann schön sein?«
sagte Harald nachdenklich. Er sah mich an. »Du solltest einen gutaussehenden
Mann haben, du brauchst das.«
    Ich lachte und wurde rot.
Harald mit seinen dunklen Locken und seinem immer leicht amüsiert wirkenden
Mund sah sinnlos gut aus, und natürlich wußte er das.
    »Gut, wenn Rufus nicht dein
Freund ist, was sitzen wir hier rum? Komm, wir gehen, ich will was essen und
trinken.«
    »Ich zieh mich schnell um.«
    »Mir gefällst du so. Ich zieh mich
auch nicht um.« Er stand auf, verschloß die Farbeimer mit Plastikdeckeln,
stellte die Pinsel in Wasser, nahm mich bei der Hand, zog mich aus dem Hotel,
zu seinem Morgan, und wir

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