Der Mann, der's wert ist
Windrich, jetzt, wo wir
Hübschen unter uns sind, muß ich ein Machtwort sprechen. Ich find es blöd, daß
Ihre Freundin mich duzt, und wir siezen uns. Also, ich möchte verschärft
vorschlagen, daß wir uns duzen!«
»Angela, das ist eine
großartige Idee, und du bist großartig!« rief Benedikt. »Stoß mit mir an.
Übrigens, ich heiße Benedikt.« Angela kicherte und wollte von Benedikt auf jede
Wange ein Küßchen, zur Besiegelung des Duzens. »Übrigens, ich heiße Angela«,
sagte sie affig.
»Na denn prost«, sagte Gerhard.
»Wenn es sein muß.«
Wir tranken noch eine Runde.
Angela lehnte sich an Gerhard, gähnte und fragte ihn: »Du, hast du nicht Lust,
mich heimzubringen? Ich muß ins Bettchen.« Sie sagte es kindisch, aber überhaupt
nicht unschuldig.
»Nein.«
»Ich kann nicht mehr fahren,
sonst riskier ich meinen Führerschein«, jammerte Angela.
»Warum soll ich meinen
Führerschein riskieren?« sagte Gerhard ungerührt.
Wir nahmen gemeinsam ein Taxi. Zuerst
brachten wir Angela nach Hause. Als sie ausgestiegen war, sagte Gerhard: »Die
treibt’s mit jedem, der sich nicht wehrt.«
Benedikt sagte, er hätte es
mutig von Gerhard gefunden, ihr so direkt einen Korb zu geben.
»Kann sie noch mehr haben von
mir«, murmelte Gerhard. »Ich überlasse sie dir.«
Benedikt lachte: »Kommt gar
nicht in Frage.«
Ich kann nicht sagen, wie ich
auf die Idee kam, aber da dachte ich zum erstenmal, daß es vielleicht gar nicht
so schlecht wäre, wenn Benedikt und ich heiraten.
17. Kapitel
Sicher war Benedikt mir sicher.
Das war nicht der Grund, weshalb ich meine Einstellung zur Ehe etwas änderte.
Eher, weil mich Nora als richtiges Mitglied des Haushalts akzeptieren müßte,
wäre ich ihres Sohnes staatlich anerkannte Ehefrau. Und auch Madame Mercedes
könnte dann nicht mehr so tun, als sei ich ein zugelaufenes, unerwünschtes
Dienstmädchen.
Ich überlegte: Dieses Jahr hat
noch sieben Wochen. Das reicht exakt, um noch zu heiraten. Was würde Benedikt
dazu sagen? Er wäre überrascht, klar, aber im Prinzip hätte er sicher nichts
dagegen. Warum auch? Und alle Leute sagen, wenn man heiratet, spart man soviel
Steuern, und bei Benedikt würde es sogar besonders viel ausmachen, weil ich
dieses Jahr nichts verdient habe. Ohne daß ich es wollte, wurde ich plötzlich
überall mit der Idee konfrontiert. Im Supermarkt stand auf einem Modeheft: »So
werden Sie eine zauberhafte Winterbraut.« — Eine Winterbraut! Das hörte sich
eindeutig besser an als eine gewöhnliche Frühlings-, Sommer- oder Herbstbraut.
Ich kaufte das Heft.
»Die Winterbraut trägt weißen
Nerz«, las ich, auf dem Bett liegend in meinen renovierungsverdreckten
Klamotten, »...selbstverständlich Nerzimitation, denn die moderne Winterbraut
hat ein Herz für Tiere und Männer. Der Bräutigam wird es Ihnen danken, daß er
nur ein Zehntel dessen bezahlen muß, was er für einen echten Nerz hinblättern
müßte. Und auch die Bräute kommen hier auf ihre Kosten: Wer Mutterfreuden
entgegensieht, wird die schmeichelnde Trapezform dieses Mantels sehr zu
schätzen wissen.« Aha.
Unter dem nächsten Foto las
ich: »Wenn die Winterbraut, wie so viele moderne Bräute, nicht in Weiß
heiratet, dann wählt sie die Farbe der Liebe. Zum Beispiel dieses herzrote
Chaneljäckchen aus wattierter Seide zum goldenen Plisseerock.« Au ja, das gefiel
mir. Und ich fand es eigentlich auch zu spießig, in Weiß zu heiraten. Ich las
weiter: »Der goldene, kreisrunde Plisseerock ist mit weichem Gummiband
gearbeitet, engt nicht ein und wächst problemlos mit.« Das Modell gefiel mir.
Man konnte es durchaus auch tragen, wenn man nicht schwanger war.
Abends legte ich das Heft wie
zufällig auf Benedikts Kopfkissen — er schob es nur auf meine Seite rüber. Aber
dann hielt ich ihm das Foto mit dem weißen Nerzimitationsmantel unter die Nase:
»Wie findest du das?«
»Bescheuert. Wie eine
Barbie-Puppe.«
Das fand ich auch. Ich zeigte
auf das herzrote Chaneljäckchen und den goldenen Rock: »Und wie findest du
das?«
»Das gefällt mir.«
Na also. Wir haben den gleichen
Geschmack. Und dann fragte ich ganz nebenbei: »Sag mal, wenn wir heiraten
würden, wen würdest du als Trauzeugen nehmen?«
Und ohne eine Sekunde zu zögern
sagte Benedikt: »Niko.«
Ich lachte nur. Au ja. Benedikt
hatte sich auch schon Gedanken gemacht.
Als wir Samstagabend bei unserem
Italiener saßen, ergab sich rein zufällig wieder eine Gelegenheit, auf das
Thema zu kommen. Auf dem Tisch lag
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