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Der Mann, der's wert ist

Der Mann, der's wert ist

Titel: Der Mann, der's wert ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Heller
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nämlich ein Zettel, daß nächsten Freitag das
Lokal geschlossen sei — wegen einer Hochzeit.
    »Sag mal«, sagte ich, »wäre es
nicht steuerlich viel günstiger, wenn wir verheiratet wären?«
    Sofort sagte Benedikt: »Ja.«
    »Ja?«
    »Ja.«
    Als Benedikt »ja« sagte, in
diesem Augenblick überlegte ich, sagt man bei der Trauung eigentlich: »Ja, ich
will« oder einfach nur: »Ja«?
    »Aber das ist zu kurzsichtig
gedacht«, sagte Benedikt.
    »Was?«
    »Weil ich dann bei der nächsten
Gehaltserhöhung weniger bekomme und bei der übernächsten erst recht, ist doch
klar.« Mir war nicht klar, warum das klar war.
    »Als Verheirateter bin ich
doppelt abhängig vom Faber, da glaubt er doch, daß ich festsitze mit Frau, Kind
und allen Verpflichtungen, und er kann die Bedingungen diktieren. Solange ich
frei bin, weiß er, daß ich jeden Moment abschweben kann, wenn sich mir was
Besseres bietet.«
    »Du arbeitest doch gerne bei
Onkel Georg!«
    »Das kann sich täglich ändern.
Seit einer Woche ist der Altersheim-Wettbewerb ausgeschrieben, an dem ich
mitarbeiten sollte, am Jahresende ist schon Abgabetermin, aber zu mir hat er
bisher keinen Ton gesagt. Sein Herr Wöltje macht es. Und ich muß die langweilige
Belüftungsanlage vom Klinikcenter machen! Jetzt bin ich noch drei Wochen in der
Probezeit, bin ja gespannt, ob er meinen Vertrag verlängert. Und wenn er es
tut, darf ich mich ihm auch nicht ausliefern.«
    »Aber ich...«
    »Wenn du mal da arbeitest und
auch dein Geld verdienst, dann macht das steuerlich fast keinen Unterschied.
Dann sind wir Doppelverdiener.«
    Es dauerte eine ganze Weile,
ehe ich sagte: »Meinst du, wir werden niemals heiraten?«
    »Warum redest du dauernd vom
Heiraten? Du bist doch nicht schwanger?«
    Natürlich war ich nicht
schwanger! Ich hatte mir erst vor dem Examen eine neue Spirale einsetzen
lassen. »Meinst du, wir heiraten erst, wenn wir Kinder haben?«
    »Ich weiß doch jetzt nicht,
wann. Ich weiß nur, daß ich mir wie ein alter Mann vorkommen würde, wenn ich
jetzt schon verheiratet wäre.«
    »Warum denn?«
    »Verheiratet sein, das ist so
ein Gefühl, als ob man alle Möglichkeiten verloren hätte. Das hat nichts mit
dir zu tun, so denken alle Männer.«
    »Warum denn? Welche
Möglichkeiten würde ich dir nehmen, wenn wir verheiratet wären?«
    »Weiß ich nicht. Ich weiß nur,
daß wir jetzt nicht darüber reden müssen.«
    »So genau hab ich auch nicht
drüber nachgedacht, ich dachte nur, irgendwann... das heißt, ich dachte nicht,
daß wir nie...«
    »So schnell geht das nicht. Da
hängt doch ein wahnsinniger Verwaltungskram dran. Das geht dieses Jahr nicht
mehr, selbst wenn ich jetzt Feuer und Flamme wär.«
    Da hatte er wahrscheinlich
recht. »Vielleicht ist es schöner, im Frühling oder Sommer zu heiraten, wenn
das Wetter besser ist.«
    »Ich finde es am allerbesten,
gar nicht zu heiraten«, lachte Benedikt. »Bisher war doch alles okay. Was ist
denn los?«
    Ich konnte nicht genau sagen, was
los war. Vielleicht war es auch nur so, daß mir im Moment meine Zukunft so
unklar und irgendwie unsicher erschien. Und deshalb suchte ich vielleicht
irgendwo nach Klarheit.
    Benedikt flüsterte mir ins Ohr:
»Bald ist Weihnachten, und ich zerbrech mir den Kopf, was ich dir schenken
soll! Wie kann ich da an eine Heirat denken? Ich würde dir so gerne etwas ganz
Besonderes schenken, Herzchen. Bitte sag mir sofort, was du dir wünschst. Und
bitte guck nicht so traurig.« Und da sagte ich ganz spontan: »Ich wünsch mir
einen Ring.«
    »Einen Ring? Einen Ehering?«
    »Nein. Einen schönen Ring.«
    »Da mußt du mir aber konkretere
Hinweise geben«, lachte Benedikt. »Versprichst du mir das?«
    »Oh ja, das werde ich tun!«
    Oh ja, Benedikt würde mir einen
Ring schenken. Wenn man einen Ring geschenkt bekommt, bedeutet das, daß man
heimlich verlobt ist. Nein — offiziell verlobt!
    Lieber eine Verlobung aus Liebe
als eine Heirat wegen der Steuer!
     
     
     

18. Kapitel
     
    Gleich Montagmorgen fuhr ich in
die Stadt, um den Ring zu suchen. Es mußte was Besonderes sein. Und bezahlbar!
Ich prüfte die Schaufenster aller Juweliere und Goldschmiede, fand aber nichts.
Dazwischen wärmte ich mich in Boutiquen auf.
    An diesem Tag stellte ich
wieder fest: Dies ist eine ideale Stadt zum Einkaufen, wenn man kein Geld hat.
Die Boutiquen sind hier Museen. Die Verkäuferinnen sind das Wachpersonal.
Niemand erwartet, daß man etwas kauft. Niemals wird man von einer Verkäuferin
angesprochen oder auch nur

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