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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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um den Sergeant bildeten, waren nervös geworden.
    » Und jetzt nehmt ihr dieses Bajonett und steckt es auf den Lauf eures Gewehrs, so. Schiebt es darauf, bis es Klick macht. Tretet ein wenig zurück. Ich zeige es euch jetzt einmal, dann versucht ihr es. Beim Gebrauch des Bajonetts gibt es drei Grundschritte. Man rammt es so rein und zieht es raus, wobei man den Feind mit Fuß oder Knie wegdrückt, und dann schlägt man ihm den Gewehrkolben fest auf den Kopf, so, alles in einer geschmeidigen Bewegung … «
    Es ist notwendig, das alles – und auch alles, wozu es geführt hat –, zu vergessen, dachte Tom. Es ist jetzt ebenso notwendig, es zu vergessen, wie es damals notwendig war, es zu lernen. Sie sollten Kriege mit einer Grundausbildung anfangen und mit einem Kurs in Grundvergessen beenden. Der Trick dabei ist, glauben zu lernen, dass es eine abgetrennte Welt ist, eine verrückte Welt, in der das, was jetzt wahr ist, nicht wahr war, in der »Du sollst nicht töten« und dass man sehr viele Männer getötet hat nichts bedeutet, rein gar nichts, denn jetzt ist die Zeit, eheliche Kinder großzuziehen und Geld zu verdienen, sich ordentlich zu kleiden und nett zu seiner Frau zu sein, den Chef zu bewundern, zu lernen, sich keine Sorgen zu machen, und sich als was zu sehen? Das ändert nichts, dachte er – ich bin nur ein Mann in einem grauen Flanellanzug. Ich muss darauf achten, dass mein Anzug immer gut gebügelt ist, denn ich bin ein sehr anständiger junger Mann. Falls Caesar mich erkennt, können wir ja was trinken gehen, das wäre es dann auch. Es ändert gar nichts, ob er mich nun erkennt oder nicht. Es ist lächerlich, in Furcht vor einem Fahrstuhlführer zu leben. Ich werde meine neue Stelle antreten und werde heiter sein, und ich werde fleißig sein und nüchtern. Mein grauer Flanellanzug wird immer makellos sein. Ich werde Humor haben. Ich werde Mut haben – ich bin nicht der Typ, der jetzt anfängt zu weinen.
    Eine Stunde später betrat Tom das United-Broadcasting-Gebäude. Der Fahrstuhlführer, der ihn nach oben zu Ogdens Büro brachte, war ein schmaler Junge von höchstens achtzehn Jahren.

14
    Eine Sekretärin in einem engen rosa Pullover sagte Tom, Ogden könne ihn erst in einer Stunde empfangen, er habe sie aber gebeten, ihm das Büro zu zeigen, in dem er arbeiten werde. Tom dankte ihr und folgte ihr durch den Flur. Der Teppichboden reichte nicht ganz bis zu seiner Tür, allerdings war Tom von der Größe des Zimmers überrascht. Er hatte rund zwanzig Quadratmeter für sich allein, und in einer kleinen Nische saß eine kesse braunhaarige Sekretärin an einem kleinen Schreibtisch und tippte emsig Briefe ab. »Mr Rath, das ist Miss Lawrence«, sagte die junge Frau in dem rosa Pullover. »Sie wird Ihre Sekretärin sein.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Miss Lawrence. Sie stand auf und lächelte.
    Toms Schreibtisch hatte eine ausgefallene Form, ganz ähnlich wie der, hinter dem Walker bei ihrem ersten Gespräch gesessen hatte, allerdings hatte er nur einen gewöhnlichen Drehstuhl, der sich nicht zurückneigen ließ. Er setzte sich darauf. Auf dem Schreibtisch standen zwei Telefone, eine Sprechanlage und eine kleine Schalttafel mit drei roten Tasten darauf. Versuchshalber drückte er auf eine. Fast sofort öffnete sich die Tür zu seinem Büro, und eine distinguierte, stattliche blonde Frau in dunkelgrüner Bluse und teuer wirkendem Tweed-Rock kam herein. »Sie haben gerufen, Sir?«, fragte sie mit einem ziemlich blasierten Bostoner Akzent.
    »Wer sind Sie?«
    »Ich bin die Bürogehilfin. Ich liefere die Post zwischen den Büros aus. Haben Sie nach mir gerufen?«
    »Versehentlich«, sagte Tom. »Haben Sie vielen Dank.«
    Sie ging wieder, und er wandte sich interessiert den anderen Tasten zu. Vielleicht ist die zweite für die Rothaarige und die dritte für die Brünette, dachte er. Nach einem kurzen Zögern drückte er die zweite. Diesmal kam Miss Lawrence herein. »Ja?«, fragte sie.
    »Wofür ist die dritte Taste?«
    »Für nichts«, sagte sie und grinste. »Die ist für die Männer, die zwei Sekretärinnen haben. Wissen Sie, wie die Sprechanlage bedient wird?«
    Er verneinte es, worauf sie es ihm zeigte. Dann erklärte sie ihm auch noch das Telefonsystem und brachte ihm von ihrem Schreibtisch einen Stapel Papiere, die er unterschreiben sollte, wodurch er dann offiziell auf der Gehaltsliste stand und gegen fast alles auf der Welt versichert war, außer gefeuert zu werden. Gerade hatte er

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