Der Mann im Park: Roman (German Edition)
kamen heraus. Der eine war ziemlich klein und ging etwas gebückt. Er ging auf die fünfzig zu, sein Gesicht war kantig und wettergegerbt, und er hatte etwas Verwundertes im Blick. Der andere war jünger, um die dreißig, mit dünnem Schnurrbart und dunklem Haar. Die Uniform stand ihm nicht, sie schien zu groß und unförmig für ihn zu sein.
Stierna blieb stehen und stellte seine Tasche ab. Rehn tat es ihm gleich.
Der jüngere der beiden Männer drehte seine Uniformmütze in den Händen.
»Kommissar Stierna?«, fragte er.
»Richtig«, bestätigte Stierna. »Landjäger Linnell?«
»Ja. Willkommen in Ramberg.«
»Danke. Das ist Hauptwachtmeister Rehn.«
»Angenehm. Ich habe Landjäger Björnlund mitgebracht, aus Ireld. Das ist die Nachbargemeinde.«
Stierna und Rehn schüttelten die Hände der beiden Landpolizisten.
»Wo werden Sie übernachten?«, fragte Linnell.
»In Ludvika«, antwortete Stierna. »Im Bahnhofshotel von Ludvika. Kennen Sie das?«
»Ich war ein paarmal dort, habe aber nie da gewohnt.«
Als sie das Bahnhofsgelände verließen, fiel Stierna auf, wie nah der Wald an den Ort heranreichte. Dazwischen lagen hier und da einige offene Felder und ein paar vereinzelte Höfe. In der Ferne konnte er den See Bråden sehen.
»Der Landpolizeihof liegt nur ein paar Minuten von hier«, sagte Linnell. »Sollen wir tragen helfen?«
»Nein, nicht nötig«, wehrte Stierna ab.
Die beiden Landjäger gingen einen breiten Kiesweg entlang, der nach einem kurzen Stück eine scharfe Linkskurve machte. Stierna und Rehn blieben aufgrund der schweren Reisetaschen hinter den Männern zurück.
*
Der Steilhang erhob sich etliche Meter über die Wasseroberfläche. Das Sägewerk lag an die hundert Meter davon entfernt: Stierna konnte das Holzbassin mit dem schwimmenden frischen Holz ausmachen, er hörte den Lärm aus dem Sägehaus und vom Holzboden, sah die Männer, die auf dem Holzhof arbeiteten.
Sie waren die Landstraße entlanggegangen, nachdem sie ihre Taschen in dem alten Landpolizeihof abgestellt hatten. Die Landstraße verlief nur ungefähr zwanzig Meter von der Klippe entfernt, genau wie Linnell gesagt hatte.
Stierna trat an den Steilhang. Die anderen blieben ein paar Schritte hinter ihm.
»Von hier aus ist er also gesprungen«, hörte er Linnell sagen. »Cederin.«
Stierna drehte sich um.
»Und die Arbeiter unten im Sägewerk haben ihn gesehen?«
»Ja.«
»Warum ist er gesprungen, als die Arbeiter ihn sehen konnten?«
Linnell räusperte sich, schwieg aber noch mehrere Sekunden, bevor er sich zu einer Antwort durchrang.
»Ich weiß es nicht. Vielleicht wollte er damit etwas mitteilen. Vielleicht hängt sein Selbstmord mit seiner Arbeit zusammen. Vielleicht wollte er es seinen Kollegen zeigen.«
»Haben Sie etwas gefunden, was darauf hindeutet, dass Cederins Selbstmord etwas mit seiner Arbeit im Sägewerk zu tun hat?«
»Ich habe mit einem Vorarbeiter geredet, Kaj Fransson, und er hat mir erzählt, dass Cederin mit seinem Lohn unzufrieden war, dass es deshalb immer wieder Ärger gab. Aber das ist doch wohl kaum ein Grund, sich das Leben zu nehmen.«
»Nein«, stimmte Stierna zu. »Wenn das nicht der Tropfen ist, der das Fass zum Überlaufen bringt.«
Linnell schwieg.
»Haben Sie auch noch mit anderen aus dem Sägewerk gesprochen?«, fragte Stierna weiter.
»Noch nicht«, antwortete Linnell.
»Und wäre Cederin nicht gesprungen, dann hätten Sie auch den Wagen nicht gefunden.«
»Nein. Wie ich schon am Telefon sagte, wäre er vermutlich bis in alle Ewigkeit dort unten liegen geblieben.«
Rehn trat an den Abgrund und schaute hinab auf die dunkle Wasserfläche.
»Kannten Sie Cederin?«, fragte Rehn.
»Ich habe ihn mal getroffen«, sagte Linnell. »Aber ich kann nicht sagen, dass ich ihn kannte.«
»Wie war er?«
»Er schien ganz bodenständig zu sein. Hat hart gearbeitet. Machte nie Probleme, jedenfalls nicht, soweit ich weiß.«
»Und Sie?«, fragte Rehn und wandte sich an Björnlund.
Björnlunds Dalarna-Dialekt war nicht so ausgeprägt wie der von Linnell, manchmal nuschelte er.
»Ich weiß, wer er war, aber ich habe ihn nicht gekannt. Er hat Frau und Kinder. Manchmal habe ich ihn im Wirtshaus in Lerborn gesehen.«
»In Lerborn?«
»Ja, das ist nicht weit von hier. Da, wo die Volksschule ist. Und dort habe ich ihn manchmal an einem Samstag gesehen. Er wirkte gepflegt.«
Gepflegt, dachte Stierna. Und trotzdem ist dieser Cederin hier von der Klippe gesprungen, mit Ketten und
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