Der Mann im Park: Roman (German Edition)
der sie gefunden hat? Sind die Gerichtschemiker mit seiner Kleidung fertig?«
»Nichts«, nickte Högstedt erneut. »Keine Blutspuren. Keine Fasern, die von dem Mädchen stammen könnten.«
Ein armer Teufel, dachte Stierna. Der mitten in einem Albtraum gelandet ist.
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Eine halbe Stunde später waren sie fertig.
Stierna schaute auf dem Weg zu seinem Arbeitszimmer in dem Raum vorbei, in dem die Hinweise aus der Bevölkerung eingingen. Hultberg saß dort einem anderen Wachtmeister namens Alfred Weimers gegenüber, der vor allem mit Einbrüchen arbeitete. Weimers telefonierte, Hultberg machte sich Notizen auf einem Block.
Die beiden Telefonnummern für Hinweise waren inzwischen veröffentlicht worden und schienen ins Bewusstsein der Bevölkerung einzudringen. Sie waren in letzter Zeit oft in den Zeitungen und im Radio wiederholt worden. Stierna war verwundert, dass es dennoch so wenige Hinweise gab. Zwar gab es Anrufe und Meldungen, aber nur die wenigsten waren zu etwas zu gebrauchen. Einige Leute glaubten, sie hätten das Mädchen an Orten gesehen, die kaum infrage kamen. Eine ältere Dame war fest davon überzeugt, dass sie Ingrid Bengtsson in Malmö gesehen hatte, zwei Stunden nachdem das Mädchen tot auf der Djurgårdswerft gefunden worden war.
Diverse Hinweise gab es auf merkwürdige Nachbarn, Arbeitskollegen, die sich verdächtig verhielten, und mysteriöse Fremde.
Ein älterer Mann hatte ein kleines blondes Mädchen irgendwann zwischen halb neun und neun Uhr am Abend des zweiten September durch den Vasapark gehen sehen. Im gleichen Alter wie Ingrid Bengtsson. Ein junges Paar hatte offenbar dasselbe Mädchen aus dem Park herauskommen und ungefähr zur gleichen Zeit zum Sankt Eriksplan gehen sehen. Sie schätzten sie jünger als zehn, sie war blond gewesen und hatte wahrscheinlich ein helles Kleid getragen.
Stierna nahm an, dass es Ingrid Bengtsson gewesen war, die der Mann und das junge Paar gesehen hatten. Die Beschreibung passte. Die Zeit stimmte. Das Mädchen war durch den Vasapark zum Sankt Eriksplan gegangen. Vom Sankt Eriksplan zur Upplandsgatan zurück. Auf dem Heimweg. Warum? Hatte der Mörder sie aufgehalten, bevor sie zum zweiten Mal den Vasapark durchquert hätte?
Voreilige Schlussfolgerungen, dachte Stierna. Vielleicht war das gar nicht so verwunderlich. Ingrid Bengtsson war verschwunden, als es dunkel und kaum noch ein Mensch draußen unterwegs war. Und wenn der Mörder sie mit dem Wagen mitgenommen hatte, war es nicht erstaunlich, dass niemand sie an jenem Abend gesehen hatte. Sie konnte aber auch ebenso gut wieder durch den Vasapark gegangen sein, auf dem Heimweg, ohne dass jemand sie bemerkt hatte.
In seinem Arbeitszimmer setzte Stierna sich sofort an den Schreibtisch. Jemand hatte ihm die Post hingelegt, es waren drei Briefumschläge. Brief Nummer eins war eine Einladung. Der Polizeipräsident wurde in einer Woche sechzig, und er gab einen großen Ball im Stadshuset. Die anderen Umschläge waren bereits geöffnet. Einer war an die »Kriminalpolizei in Stockholm« adressiert. Der Poststempel war drei Tage alt. Stierna wusste, er war von den Technikern geöffnet worden, Högstedt hatte ihn sich angeschaut.
Er zog einen handgeschriebenen Brief heraus. Darin stand:
Ein Finne hat das Mädchen erschlagen. Er kann einen Menschen ermorden, wenn er wütend wird. Er hat damit geprahlt, dass er einen Jungen verletzt hat. Eine mir unbekannte Person hat mir davon berichtet.
Svensson
Stierna ließ den Brief sinken. Er hatte schon viele solche Briefe gelesen. Meistens waren sie ohne Wert, von Verwirrten oder aus reiner Bosheit geschrieben. Er nahm den nächsten Brief in die Hand, adressiert an »Polizeipräsident Solman«. Die Handschrift war hässlich und schlampig. Stierna nahm an, dass der Brief von einem Rechtshänder stammte, der mit der linken Hand geschrieben hatte.
Olssons Katze hat es getan. Ich habe es gesehen. Die Katze hat das Mädchen auf der Werft aufgefressen.
Der Brief war nicht unterzeichnet. Stierna legte auch ihn beiseite und lehnte sich auf dem Stuhl zurück.
Im Lauf des Nachmittags würden sie eine Pressekonferenz abhalten, Berner und er. Stierna glaubte nicht, dass irgendwelche Schwierigkeiten dabei auftauchen würden. Die gab es eigentlich nie.
Er wusste, solche Briefe würden auch weiterhin eingehen. Und die Mythomanen, Geisteskranken und Bösen würden aus ihren Löchern kriechen. Besser gesagt: Sie waren schon da.
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Die Beleuchtung im Klassenzimmer der
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