Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
Vom Netzwerk:
Marke?«
    Der Tabakhändler dachte nach. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Nein. Ich kann mich nicht mehr erinnern. Aber ich weiß noch, dass er nach Zigarettenrauch roch. Ziemlich intensiv, als würde er viel rauchen.«
    Lundby machte sich Notizen auf seinem Block.
    »Würden Sie ihn wiedererkennen?«, fragte er. »Wenn Sie ihm heute wieder begegnen würden?«
    »Wohl kaum«, sagte der Tabakhändler. »Ich kann mich nicht an sein Gesicht erinnern.«
    Lundby holte tief Luft und ließ sie durch die Nase wieder ausströmen. Er hatte das Gefühl, dass es hier drinnen stickig war, zusammen mit dem penetranten Tabakduft machte ihn das müde.
    »War er allein, als er hier einkaufte?«
    »Ja.«
    »Wie lange haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Nicht lange. Nicht mehr als das Übliche. Guten Tag und Auf Wiedersehen … Sonst haben wir nicht viel gesagt.«
    Lundby drehte sich um, schaute durch das Schaufenster. Draußen war es grau, sicher würde es bald anfangen zu regnen.

53
    Er klebte den Umschlag zu. Schrieb langsam die Adresse darauf, es sollte gut aussehen. Den Namen des Freundes, Ivar. Des Freundes, zu dem er schon vor langer Zeit den Kontakt verloren hatte, den er jedoch als den einzigen richtigen Freund ansah, den er je in seinem Leben gehabt hatte.
    Der Brief war nichtssagend. Keine Bekenntnisse, ziemlich langweilig und formal. Ein kurzer Bericht über das Leben in der Großstadt. Nicht gerade beschönigt, aber platt, verlogen. Ein Dank, dass er sich um die Beerdigung der Mutter gekümmert hatte. Mehr nicht, trotzdem war es eine große Anstrengung für ihn, das zu schreiben. Er hatte fast über jede Formulierung nachdenken müssen, denn es sollte ja das erste Lebenszeichen sein, das er nach knapp neun Monaten von sich gab. Und er hatte ein paar Ansichtskarten dazugelegt, Bilder von der großen Stadt, in der er jetzt lebte. Von Riddarhuset, Vasabron und Strömsborg, Stadshuset, dem Königlichen Schloss und dem Hauptbahnhof.
    Er stand vom Tisch auf, nahm den Brief in die Hand. Ging in dem kleinen Zimmer auf und ab. Es war sauber und ordentlich, wie immer. Er öffnete den Schrank, holte seinen Mantel und den schwarzen Hut heraus.
    Er verließ die Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Auf der Straße waren viele Leute unterwegs.
    In Gedanken versunken, ging er die Hagagatan entlang. Er registrierte kaum, was um ihn herum geschah.
    Kurz bevor er die Odengatan erreichte, fiel ihm ein, dass er Zigaretten kaufen wollte. Auf der anderen Seite, in einem Eckhaus, befand sich ein Tabakladen. Er überquerte die Straße, ohne sich umzuschauen.
    Er sah das Taxi nicht. Erst als es dicht vor ihm war, höchstens einen Meter entfernt. Der wütende Fahrer rief ihm etwas zu. Doch er murmelte nur ein leises »Entschuldigung« und ging weiter.
    Drinnen im Tabakladen hatte er bereits die Vorstellung abgeschüttelt, dass er vor nicht einmal einer Minute hätte überfahren werden können.
    Wie immer kaufte er Stamboul. Gleich zwei Päckchen.
    Im Postamt Stockholm 6 drängten sich die Wartenden in langen Schlangen vor den Schaltern, die Luft war schlecht.
    Er stellte sich in der dritten Schlange an und musste warten. Aber wie üblich war das kein Problem für ihn. Er blendete alles um sich herum aus.
    Dann war er an der Reihe. Er legte eine Hand auf die Metallstange, die um den hohen Holztresen lief.
    Die Postangestellte lächelte ihm zu. Sie war jung, hatte kurzes blondes Haar und trug einen schwarzen Kittel.
    »Womit kann ich dienen?«
    Er zog den Brief aus der Manteltasche, legte ihn auf den Tresen.
    »Den möchte ich aufgeben.«
    Die Angestellte nahm den Brief in die Hand.
    »Der ist aber schwer.«
    Sie legte den Brief auf eine Waage neben ihrer Kasse.
    »Ich fürchte, der kostet das doppelte Porto«, sagte sie, »zwanzig Öre.«
    Plötzlich begann sein Herz schneller zu schlagen. Er begriff, dass er das gar nicht wollte, er wollte auch weiterhin verschwunden bleiben, nicht aufzufinden sein. Ohne Verbindung zu allem, was gewesen war.
    »Kann ich den Brief wiederhaben?«, bat er. »Ich habe etwas vergessen.«
    Die Postangestellte sah ihn verwundert an.
    »Sie haben etwas vergessen?«
    »Ja«, sagte er nur. »Ich habe etwas vergessen.«
    Die junge Frau gab ihm den zugeklebten Umschlag zurück und schaute ihn kurz an. Sie würde ihn auch bald vergessen haben.
    Dann war er wieder draußen auf der Straße. Er dachte an das Mädchen, das er erschlagen hatte. Das tat er oft, die Gedanken drängten sich ihm auf, auch wenn er das gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher