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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Dienstausweis am Hals baumelt.
    Mitten in der Auffahrt macht ihr auf dem Absatz kehrt und rennt davon, während die Haustür auffliegt und jemand brüllt: Stehen bleiben, Polizei. Es ist genau wie im Fernsehen. Instinktiv trennt ihr euch, Sammy prescht nach Süden, du nach Norden. Inzwischen trainierst du seit über einem Jahr in der Footballmannschaft, und du bist in Topform. Du kannst rennen wie der Blitz, und das tust du jetzt auch, blickst dich nicht ein einziges Mal um, nutzt alle Vorteile eines Jungen, der zu Fuß unterwegs ist, nimmst Abkürzungen durch schmale Gassen, springst über Zäune, machst deinen Verfolgern im Auto das Leben schwer. Und du bleibst erst stehen, als du sechs bis sieben Kilometer zwischen dich und dein Viertel gebracht hast.
    Sammy. Bei ihm bist du dir nicht so sicher. Er ist längst nicht so schnell wie du. Aber du hoffst, du betest. Okay, du hast deinen Wagen direkt gegenüber von Ice’ Haus abgestellt, und du weißt genau, was im Kofferraum liegt. Trotzdem, vielleicht habt ihr ja Glück: Vielleicht ist Sammy ihnen entwischt;
vielleicht wissen die Cops nicht, dass es dein Wagen ist; vielleicht hat Ice euch beide nicht hingehängt - schließlich ist die Polizei wohl kaum hinter Kleindealern wie euch her. Die wollen vor allem die großen Fische schnappen, richtig?
    In den nächsten Stunden, den ganzen späten Nachmittag und frühen Abend, durchleidest du Höllenqualen. Du streifst ziellos durch die Gegend, näherst dich in großen Kreisen eurem Viertel. Du fragst dich, ob du heute Nacht überhaupt nach Hause zurückkehren sollst, weil du befürchtest, in der Auffahrt könnte ein Streifenwagen warten. Vorsichtig pirschst du dich an euer Haus heran, spähst die Straße hinauf und hinunter. Als du durch die Eingangstür trittst, mit schweißnassen, verklebten Haaren und rasendem Puls, sitzt deine Mutter gemeinsam mit deinem Bruder Pete am Küchentisch.
    Sammy ist auf dem Polizeirevier, teilt sie dir mit.
     
    Auf der Rückfahrt vom Polizeirevier dachte ich an Sammy in seiner Zelle, ich dachte an Mrs Perlini und die Lüge, mit der sie lebte, und ich dachte an den blauen Chevy, der mir in einigem Abstand folgte, seit ich heute Morgen mein altes Viertel besucht hatte. Höchstwahrscheinlich saß darin mein alter Freund, der mir bereits vor einigen Nächten beim Verlassen des Clubs gefolgt war. Kein Zweifel, ich wurde beschattet.
    Ich rief Pete auf dem Handy an. Er wollte am Abend ausgehen, und ich erklärte, ich müsse darüber nachdenken. Er klang ganz okay, aber mir war noch immer die Nacht im Club präsent. Ich war mir ziemlich sicher, dass er wieder Drogen konsumierte, und das vermutlich schon eine ganze Weile. Und nur weil ich selbst in den letzten Monaten bis über beide Ohren im Sumpf gesteckt hatte, war es meiner Aufmerksamkeit entgangen.

    »Wir müssen reden, kleiner Bruder«, erklärte ich.
    Er lachte. »›Wir müssen redend?‹ Was soll das denn heißen?« Offensichtlich hatte ich einen empfindlichen Punkt getroffen. Meines Wissens war Pete immer nur Gelegenheitskonsument gewesen, aber der Schritt in die Sucht war bekanntlich schnell getan.
    Ich antwortete nicht, denn er hatte genau verstanden, was ich meinte. Ich hatte kein Recht, ihm Vorschriften zu machen, und wollte das auch gar nicht. Außerdem hatte Pete sich in der letzten Zeit rührend um mich gekümmert, und es fühlte sich ziemlich merkwürdig an, ihm jetzt eine Strafpredigt zu halten. Trotzdem konnte ich die Sache nicht einfach auf sich beruhen lassen.
    »Nichts. Nur, dass ich heute Abend mit dir reden möchte«, erwiderte ich, nachdem ich genug von seinem genervten Gestöhne hatte.
    »Vergiss das mit heute Abend«, erklärte er. »Spar dir deine Moralpredigten für jemand anders auf. Und übrigens - schön zu wissen, dass du wieder genügend in Form bist, um mir Vorschriften über meinen Lebensstil zu machen.«
    Den Rest des Heimwegs legte ich zu leiser Radiomusik zurück, immer ein Auge auf den Chevy hinter mir gerichtet. Ich merkte mir sein Kennzeichen, auch wenn die Nachverfolgung höchstwahrscheinlich zu nichts führte. Kurz erwog ich, den Kerl zu foppen, auf die Bremse zu treten, ihn vorbeifahren zu lassen, ihm dabei zuzuwinken, oder mich selbst an seine Fersen zu heften, konnte der Sache aber letzten Endes nichts abgewinnen. Besser, er hielt sich für einen Weltklasse-Experten im Beschatten, bis ich eine Strategie entwickelt hatte, wie ich mit ihm fertigwurde.

14
    Ich verbrachte den Abend zu Hause, starrte an

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