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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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hinter all diesen Machenschaften steckt. Verdammt.« Ich leerte mein Bier und schwenkte die Flasche. »Mir bleiben drei Wochen, kleiner Bruder. Drei Wochen, um diesen ganzen Schlamassel aufzuklären.«
    »Unterwegs, um die Welt zu retten. Das ist mein Bruder.« Pete kippte den Rest seines Biers und ging frische Flaschen holen. Er gab mir eine, dann ließ er sich wieder auf die Couch fallen. »Weißt du, Jason, die konnten mich da unmöglich reinreiten ohne Unterstützung. Ohne meine eigene Unterstützung. Niemand hat mich gezwungen, in dieser Nacht loszuziehen und Koks zu kaufen. Vielleicht solltest du besser stocksauer auf mich sein, weil ich dein Leben noch mehr verkompliziert habe. Und Sammy sollte vermutlich auch stocksauer auf mich sein.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich sag ja nur, ich bin nicht ganz unschuldig. Mehr nicht. Mann.«
    »Okay, okay. Aber halt jetzt endlich die Klappe«, erwiderte ich. Ich trank mein Bier in großen Schlucken und spürte eine sanfte Benommenheit. »Ich krieg noch richtige Kopfschmerzen von deinem Gerede.«
    Mein Bruder starrte mich an, dann sagte er: »Wahrscheinlich nicht das erste Mal, dass ich dir Kopfschmerzen bereite.«
    »Nein, ganz sicher nicht.«
    »Ich möchte dich was fragen.«
    »Schieß los.«
    »Pilgerst du immer noch jeden Tag zum Friedhof?«
    »Was? Weiß denn die ganze Welt davon?« Ich blickte zu meinen Bruder, der loskicherte. Auch ich musste plötzlich lachen. Es fühlte sich gut an. Etwas von der ganzen Spannung fiel von uns ab.
    »Lass uns ausgehen«, schlug er vor. »Ich hab’s satt, hier eingesperrt zu sein.«
    Es bedurfte keiner großen Überredungskunst seinerseits. Wir machten uns auf ins Lacy’s, ein weiteres todschickes, neues Lokal mit minimalistischer Einrichtung, ohrenbetäubender Musik und einer beträchtlichen Schar von Frauen ohne Begleitung. Pete war in seinem Element. Und obwohl ich wusste, dass diese Art von Umgebung ihn normalerweise zum Drogenkonsum animierte, war ich froh über den Stimmungswechsel. Zum ersten Mal seit seiner Verhaftung schien er guter Laune. Seitdem Pete bei mir wohnte, hatte ich jeden Tag sein Zimmer durchsucht, ohne sein Wissen, und keinerlei Anzeichen von Drogenkonsum entdeckt.
    Um Mitternacht quoll der Laden über von Menschen, die meisten davon in ihren Zwanzigern, was mich zu einem der älteren Mitbürger machte, und Pete, der fünf Jahre jünger war als ich, zu einem reiferen Mann, aber noch nicht so alt, dass er deplatziert gewirkt hätte. Wenn ich in den Monaten nach Talias Tod mit Shauna und/oder Pete ausgegangen war, hatte ich immer die Zuschauerrolle eingenommen. In dieser Art Schuppen war es üblich, eine Weile mit demjenigen zusammenzubleiben, mit dem man gekommen war, aber wenn man auf ein sexuelles Abenteuer aus war, so wie Pete, war bald jeder
frei, zu tun, was er wollte. Wir starteten an der Bar, wo ich einen doppelten Wodka orderte und Pete einen Tanqueray Tonic, und nahmen von dort aus den Laden unter die Lupe. Es dauerte weniger als fünf Minuten, bis Pete eine Gruppe von Frauen ausgemacht hatte. Er wollte mich mitschleifen, aber ich weigerte mich standhaft, und so zog er alleine los, während ich an der Bar abhing und mir die Leute betrachtete.
    Das Energielevel in diesen Läden ließ mich immer an Football denken, an die Spieltage, wenn alle vor Spannung vibrierten, vor Auslosung der Seiten noch einmal ihre unter Strom stehenden Glieder dehnten, die Mitspieler sich gegenseitig auf die Schulterpolster droschen und laut anfeuerten. In diesen Momenten vor dem Spiel hatte ich immer die Einsamkeit gesucht; ich war in mich gegangen, um Ruhe und Konzentration zu finden.
    Aus der Lautsprecherbox über mir plärrte eine Frauenstimme zum Stakkato elektronischer Beats. Wanting you, needing you, longing for you. Durchaus passend zu der Szenerie hier, allerdings sorgten diese Textzeilen und der Alkohol bei mir lediglich dafür, dass ich an Talia dachte. Pete hatte vorhin einen wunden Punkt angesprochen - ich war schon ein paar Tage nicht mehr auf dem Friedhof gewesen. Vermutlich war das als ein gewisser Fortschritt zu deuten. Aber ich dachte nicht gern über diese Dinge nach. Fortschritt setzt immer so etwas wie eine Zukunft voraus, ein erster Schritt auf einem langen Weg, aber für mich war es immer noch schwierig, über den nächsten Tag hinaus zu denken. Die Vorstellung, dass dieser Schmerz ein ganzes Leben andauern würde, war kaum erträglich, aber noch unerträglicher war die Vorstellung, dass er mit der

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