Der Mann im Schatten - Thriller
will ich.« Ich erinnerte ihn an den Revolverlauf, der in seinem Nasenloch steckte.
»Der Typ wohnt in der Tenth Street. Nicht so fest, Mann.«
»Sein voller Name, J.D.«
Er dachte darüber nach. Womöglich erwog er auch nur seine Optionen. Mir schien er allerdings ernsthaft bemüht, sich an den Namen zu erinnern.
»Mason ist sein Nachname«, antwortete er schließlich. »Ich glaube, er heißt Marcus oder so.«
Marcus Mason. Endlich hatte ich Maces richtigen Namen.
»Mann, warum wollen die mich umlegen? Ich hab doch gemacht, was sie gesagt haben.«
Ich schüttelte den Kopf. »Sie wollten, dass ich dich teste.
Um zu sehen, ob du unter Druck plauderst«, log ich. »Falls ja, sollte ich dich umlegen.«
»Oh, also, hören Sie...«
»Du hörst zu, Scheißkerl. Ich werde keine Kugel auf deinen Arsch verschwenden. Ich erzähl denen, du hättest dichtgehalten. Und du... du tust so, als wäre das hier nie passiert.«
»Nie passiert«, stimmte er eifrig zu.
»Und wenn ich du wäre«, fuhr ich fort, »dann würde ich schön die Füße ruhig halten, genau so, wie sie es dir befohlen haben. Denn wenn du abhaust, J.D., werden sie sich fragen, warum. Und du weißt, ich finde dich überall.« Ich ließ sein Haar los. Der Regen war jetzt in ein schwaches Nieseln übergegangen, allerdings zu spät für John Dixon. Seine klatschnassen Klamotten klebten hauteng am Körper. Er hatte Zwillingsschrammen auf den Wangen und ein blutiges Ohr.
»Heutzutage kannst du als Geschäftsmann nicht mehr in Ruhe dein Unternehmen führen«, beschwerte er sich, während er sich aufrichtete und den Schaden begutachtete.
»Ja, was ist nur aus unserer Welt geworden?« Ich schob den Revolver hinten in den Hosenbund. »Aber steig doch einfach aus dem Geschäft aus«, schlug ich vor. »Halt dich an deinen Postjob.« Ich nickte ihm zu, drehte mich um und marschierte davon, kehrte dann aber nochmal um und verpasste ihm einen ordentlichen Tritt in die Rippen. Das war für Pete. Trotzdem war J.D. insgesamt glimpflich davongekommen. Blieb abzuwarten, wie es Marcus Mason erging.
33
Am Mittwochmorgen verließ ich das Haus alleine. Ein Chrysler Sedan folgte mir in komfortablem Abstand. Einige Zeit nachdem ich weg war, schlüpfte Shauna Tasker durch die Hintertür und lief zu ihrem Wagen, den sie in einer Parallelstraße geparkt hatte. Ich hatte sie vorher informiert, dass ich nachts womöglich eine kleine Spritztour mit ihrem Wagen unternehmen wollte, ihr dann aber am Morgen Bescheid gegeben, dass es nicht dazu gekommen war, ohne näher auf die Gründe dafür einzugehen. Sie ahnte vermutlich, dass ich nachts anderweitig unterwegs gewesen war, fragte aber nicht nach, und ich erzählte ihr auch nichts.
Was hätte ich auch an Ergebnissen vorzuweisen gehabt, einmal abgesehen von einer Erkältung? Immerhin, ich konnte jetzt mit Bestimmtheit sagen, dass Smith nicht bluffte; er steckte tatsächlich hinter Petes Verhaftung. Die ganze Sache war so abgelaufen, wie ich es vermutet hatte. Sie hatten J.D. gehörig Angst eingejagt, ihm Geld in die Taschen gestopft, und als Pete dann wegen dem Stoff zu ihm kam, hatte der Dealer dafür gesorgt, dass Mr Marcus Mason anwesend war.
Smith verfügte also über Geld, und er gebot über eine kleine Gang von Männern. Vier weiße Männer, hatte J.D. gesagt. Vermutlich dieselben vier Typen, die Pete überfallen hatten. Und vermutlich auch dieselben vier Typen, die mich im Team abwechselnd beschatteten.
Im letzten Moment bemerkte ich, wie ich vor einer roten Ampel einnickte. Ich hatte jetzt zwei Nächte nicht geschlafen. Ich hatte mich darauf verlassen, dass die Anspannung mich wachhalten würde. Vor meinen Augen flimmerte es, und meine
Hände zitterten. Und zum x-ten Mal fragte ich mich, ob ich all dem wirklich gewachsen war. Doch es gab zwei Dinge, die mich dranbleiben ließen: Erstens, ich hatte keine Wahl, ich musste Sammy verteidigen; und zweitens, ich hatte immer noch eine ziemlich hohe Meinung von meinen eigenen Fähigkeiten im Gerichtssaal. Ein guter Prozessanwalt glaubt von sich, dass er der Jury ein X für ein U vormachen und ihr den Tag als Nacht verkaufen kann. Außerdem besitzt er die Gabe, das Gesamtbild zu verwischen, schließlich muss er nur einen begründeten Zweifel an der Schuld seines Mandanten wecken.
Ich entschloss mich, Joel Lightner anzurufen, um nicht einzuschlafen. Vermutlich war ich der erste Fahrer in der Geschichte des Straßenverkehrs, der mit dem Handy telefonierte, um so konzentrierter fahren
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