Der Mann im Schatten - Thriller
außer Dienst sind, ein paar Drinks intus haben und am nächsten Morgen wieder zum Dienst antreten müssen - wie viele würden stattdessen einfach sagen, scheiß drauf, und weitergehen? Sie haben das nicht getan. Ihnen bedeutet Ihr Job noch etwas.«
Es fiel mir schwer, das mit ernstem Gesicht vorzubringen, trotzdem hatte ich das Gefühl, dass er es mir abkaufte. DePrizio musterte mich und nickte langsam. »Sie wissen, wie man jemandem Honig ums Maul schmiert.«
Ich breitete die Hände aus. »Dieser Kerl hat mich in der Mangel. Ich habe nicht die entsprechenden Ressourcen, um es mit ihm aufzunehmen. Ich verfüge weder über private Ermittler noch über Partner, die mir helfen könnten. Ich muss einfach nur wissen, wer dieser Kerl ist.«
Dieser Punkt war wichtig. Ich musste ihn glauben machen, dass ich weder für ihn noch für Smith eine Bedrohung darstellte.
Der Detective zog eine Riesenshow ab, spielte den Zweifelnden, rieb sich das Gesicht, schüttelte den Kopf, eine wahrhaft oscarreife Leistung. Doch hinter der Fassade dachte er über diese unerwartete Entwicklung nach. Er hatte einen Auftrag für Smith erledigt und war vermutlich davon ausgegangen, die Sache sei damit beendet. Was nun?, fragte er sich. Soll ich diesen Anwalt hochkant rausschmeißen, oder soll ich ihn benutzen?
Vermutlich würde er sehr schnell zu dem Ergebnis kommen, dass er und Smith davon profitieren konnten, wenn ich ihn ins Vertrauen zog. Hab ein Auge auf deine Feinde und so weiter.
»Hören Sie«, erwiderte er. »Ich sage nicht, dass ich Ihnen glaube, Kolarich, okay? Aber selbst wenn, was soll ich Ihrer Meinung nach unternehmen?«
Gut gelöst. Er suchte mein Vertrauen zu gewinnen, während er gleichzeitig weiter den Zweifelnden spielte.
Ich musste ihn ganz ins Boot ziehen.
»Keine Ahnung.« Ich zuckte mit den Schultern. »Wie Sie schon sagten, die Beschreibung passt auf drei Millionen Menschen. Und ich besitze nicht mal ein Bild von ihm.« Ich klatschte auf den Schreibtisch. »Vergessen Sie’s. Sie sind vermutlich nicht die richtige Adresse. Sie haben ihn schließlich verhaftet. Ich kann Sie schlecht bitten, gegen Ihre eigenen Interessen zu ermitteln. Ich werde einen anderen Cop finden...«
Er hob eine Hand. Die Worte ein anderer Cop waren meine Trumpfkarte. Das Letzte, was DePrizio und Smith gebrauchen konnten, war, dass ich mich bei einem anderen Cop über die Geschichte ausheulte.
»Nein«, sagte er. »Es ist mein Fall. Wenn hier was nicht stimmt, dann kümmere ich mich darum.«
Ich erhob mich aus meinem Stuhl. »Ich bin Ihnen sehr dankbar. Wenn mir noch irgendetwas zu der Sache einfällt, vielleicht kann ich dann... ich weiß nicht.«
»Immer mit der Ruhe«, unterbrach er mich. »Ich sage nicht, dass an der Sache wirklich was dran ist. Aber Sie scheinen mir ein ziemlich ehrlicher Mensch zu sein, Mr Kolarich. Und wenn ich Ihnen helfen kann, diesen Typ aufzuspüren, dann weiß ich vielleicht bald schon mehr. Womöglich hat das dann Auswirkungen auf den Fall ihres Bruders, womöglich auch nicht. Aber so oder so - ich werde mich umhören.«
Gut. Ich hatte ihn an Bord. Solche Dinge machen noch eine ganze Ecke mehr Spaß, wenn die Person, die man manipuliert, davon ausgeht, sie manipuliere einen.
»Also, da wäre vielleicht noch eine Sache«, sagte ich, »aber wir müssten dabei sehr diskret vorgehen.«
37
»Zehn Jahre. Zehn Jahre.« Sammy Cutler ließ sich den Gedanken durch den Kopf gehen. »Raus in fünf, wenn ich Glück habe. Eins bereits abgesessen. Also insgesamt noch vier.«
»Ich kann sie noch drücken«, sagte ich. »Die sind nicht scharf auf Öffentlichkeit, jetzt wo Griffin Perlini eine Berühmtheit ist. Der Bezirksstaatsanwalt fühlt sich nicht wohl in der Rolle, jemanden anklagen zu müssen, der den Tod seiner Schwester gerächt hat.«
Sammy nickte zustimmend.
»Angeblich«, fügte ich hinzu.
»Also, ich sitz auf keinen Fall vier weitere Jahre ab.«
»Wir kriegen einen besseren Deal. Aber wir wären dumm, wenn wir die Möglichkeit ganz ausschließen.«
Er hatte offensichtlich keine Lust, mit mir zu streiten. »Was ist mit Archie Novotny?«
»Ich hab sein Alibi für die Mordnacht noch nicht überprüft. Die Gitarrenstunde. Werde ich aber. Außerdem haben wir uns seinen Hintergrund vorgenommen, aber nicht viel Verdächtiges gefunden.«
»Verstehe.« Sammy spielte mit der glimmenden Zigarette zwischen seinen Fingern. »Hab nochmal darüber nachgedacht. Ich kann es mir vorstellen. Ich kann mir vorstellen,
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