Der Mann im Schatten - Thriller
während ich langsam meine Hand ausstreckte, denn schnelle Bewegungen sollte man bei Cops tunlichst vermeiden. »Ich vertrete Pete Kolarich.«
»Kolarich.« Wieder durchforstete er seine Hirndatenbank oder gab es zumindest vor.
»Netter, harmloser weißer Junge«, half ich ihm auf die Sprünge. »Festanstellung, keine Vorstrafen, außer wegen Besitzes von kleinen Mengen, der sich jetzt plötzlich als Drogen- und Waffenschieber im großen Stil entpuppt haben soll.«
»Oh, der, der unschuldig ist.« Er schnippte mit den Fingern.
Ich lächelte nicht. Und er auch nicht. So wie er vor mir stand, mit seinem weißen, oben offenen Hemd, dem braunen Jackett und der Jeans, seinem jugendlichen Gesicht und dem vollen blonden Haar, hätte Denny DePrizio die Hauptrolle in einer Polizeiserie verkörpern können. Seine dunklen, tiefliegenden Augen bildeten das einzige Merkmal in seinem Gesicht, das auf sein wahres Alter hindeutete.
»Haben Sie was für mich? Ich frier mir den Hintern ab hier draußen.«
Ich folgte ihm ins Revier, mitten durch das Erdgeschoss, in dem gerade Hochbetrieb herrschte. Oben im Einsatzraum der Detectives war es ruhiger, Zeugen flüsterten leise mit den Detectives, einige Cops tippten auf alten Computern, der Geruch nach verbranntem Kaffee und billigem Rasierwasser hing schwer in der Luft.
Ich zog einen Stuhl zu seinem Schreibtisch, während er sich dahinter niederließ. »Wollen Sie Kaffee oder so was?«
Ich schüttelte den Kopf. »Sie hatten ein Netz ausgelegt in dieser Nacht«, begann ich. »Ihr V-Mann hat jemanden angelockt, und mein Bruder war zur falschen Zeit am falschen Ort.«
Er schien belustigt. »Ist das so?« »Ja. Der Typ, auf den Sie aus waren, ist übrigens untergetaucht. Aber das wissen Sie vermutlich bereits. Wenn irgendjemand Waffen verschoben hat oder Stoff in großen Mengen, dann dieser Typ. Mein Bruder hatte lediglich vor, sich eine kleine Menge zum Privatbedarf zu besorgen. Er hatte das Pech, dass sein Dealer genau zu diesem Zeitpunkt ein Riesengeschäft durchziehen wollte.«
»Also war das Ganze nur ein Zufall. Ein tragisches Missverständnis.« DePrizio sah sich demonstrativ auf seinem Schreibtisch
um. »Ich glaube, ich hab hier irgendwo ein Taschentuch rumliegen.«
»Schön für Sie. Ich habe ein halbes Dutzend Zeugen, die aussagen werden, dass sie mit Pete unterwegs waren, er nur kurz wegwollte, um ein bisschen Stoff zu besorgen, und dann nie wiederkam. Ich meine, seien wir doch ehrlich, Detective. Sie wussten doch genau, wen Ihr Informant Ihnen liefern sollte, oder? Und das war nicht mein Bruder.«
DePrizio beugte sich zu mir rüber. »Dieser V-Mann, das muss der am geheimsten operierende Informant sein, den ich je hatte. Denn nicht mal ich hab je von ihm gehört.«
Er stritt also ab, dass Marcus Mason, alias >Mace<, sein V-Mann war. »Dann erklären Sie mir bitte, wie es sich abgespielt hat«, stieg ich auf sein Spiel ein.
Er ließ sich in seinem Stuhl zurücksacken und musterte mich. »Glauben Sie tatsächlich, jemand wäre entwischt, wenn ich ein Netz ausgelegt hätte? Halten Sie mich für einen blutigen Anfänger?«
Darauf hatte ich keine Antwort. Ich wartete einfach ab.
»Ich bin früher mal für den Lagerhausbezirk zuständig gewesen, damals, als es noch echte Lagerhäuser waren«, sagte er. »Drogen und Huren. Aus der Zeit kenne ich noch ein oder zwei Kneipenwirte dort. Und in dieser Nacht war ich zufällig drüben im Poppy’s, um mir mit Kumpels ein paar Erfrischungen zu genehmigen. So um kurz nach halb eins komm ich aus dem Laden. Da seh ich irgendein Arschloch um das Gebäude schleichen, wo früher der Lanier’s Amusement Supply drin war. Inzwischen steht der Schuppen leer, wie viele dort. Bereit für die Abrissbirne, heißt es. Jedenfalls, dieser Loser wirkt auf mich nicht gerade wie die Avon-Beraterin. Ich meine, ich bin dort früher Streife gefahren, und ich hatte auch mal ein
Gastspiel im Drogendezernat. Also weiß ich genau, wann ich einen dieser Mistkerle vor mir habe. Ich erkenn sie verdammt nochmal auf Anhieb.«
Ich nickte. Er hatte also J. D. auf seinem Weg zum Eingang des Lagerhauses beobachtet, wo er Mace treffen wollte.
»Also hab ich das Revier verständigt«, fuhr DePrizio fort. »Möglicher Gesetzesverstoß in Vorbereitung, brauche Verstärkung. Und dann seh ich Ihren Jungen, der mit dem Wagen angefahren kommt und in die ganze Sache reinplatzt. Und da ich von Natur aus ein neugieriger Mensch bin, denk ich, ich schau mir die Geschichte mal
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