Der Mann mit dem roten Zylinder
Liste vom Parkhotel .RoyaF nachgesehen. Es gibt nur einen einzigen spanisch sprechenden Gast dort. Er heißt Señor Rodrigo Feruzza. Wenn man bedenkt, daß der Mann mit dem roten Zylinder aller Wahrscheinlichkeit nach im ,Royal‘ wohnt, sollte man doch diesem Señor mal auf den Zahn fühlen. Was meinen Sie, Chef?“
Olanson hatte zuletzt interessiert zugehört. Sein Blick ruht wohlwollend auf seinem Gehilfen, der mit herabhängenden Armen vor ihm steht.
„Der Gedanke ist nicht so schlecht. Wenn ich ihm auch keinerlei Erfolg zubillige. Aber warum nicht? Du kannst heute nachmittag mal ins ,Royal’ gehen und dir diesen Señor Feruzza anschauen.“
Fredrik beginnt über das ganze Gesicht zu strahlen. Er weiß vor Aufregung nicht, wohin er seine Hände stecken soll, und so streckt er sie seinem Chef entgegen. „Ich danke Ihnen, Chef. Ich werde Sie bestimmt nicht enttäuschen.“
„Aber äußerste Umsicht. Am besten, wenn du dir einen Schlosseranzug in die Tasche steckst, ihn in der Toilette des betreffenden Stockwerks anziehst und auf Kontrolle der Lichtschalter machst. Klar?“
„Klar, Chef, mache ich. Ich werde der beste und tüchtigste Kontrolleur von Lichtschaltern sein, den es je gegeben hat.“
Er glüht vor Begeisterung, und am liebsten würde Fredrik einen Indianertanz auf führen.
Olanson läßt ihn mit seinem Glück allein und begibt sich in sein Zimmer.
„Ich werd’s dir jetzt noch einmal genau erklären“, redet Ola auf seinen Zwillingsbruder ein.
Jonas sitzt am Tisch und bastelt an einem Flugzeugmodell herum. Er tut so, als würde er gar nicht zuhören.
„Als man dieser Madame Dupont die Perlenkette zurückbrachte, benutzte man ein Seil oder eine Strickleiter, das ist klar. Klar ist auch, daß der Mann aus dem Hotel kam. Also wohnte er vielleicht auch dort.“
Jonas zeigt noch immer kein Interesse an Olas Schilderungen. Doch unbeeindruckt fährt Ola fort:
„Ich habe heute mittag nach der Schule den Liftboy vom ,Royal‘ abgepaßt.“
„Also deshalb warst du plötzlich verschwunden“, erinnert sich Jonas.
„Ja, deshalb“, äfft ihn 01a nach. „Ich habe den Boy gefragt, ob ein Spanier im Hotel wohne. Das hat mich eine ganze Krone gekostet.“
„Wieso ein Spanier?“ fragt Jonas verdutzt.
„Kannst du dich nicht mehr an den Brief erinnern, den der Mann mit dem roten Zylinder an Vater geschrieben hat? Der begann mit ,mein lieber Señor Olan-son‘. Deshalb, du Schlafmütze.“
Jonas ist aufgesprungen. Seine Augen blitzen, als er aufgeregt zu Ola sagt: „Wenn du glaubst, daß ich mit in das Hotel gehe, bist du auf dem Holzweg. Ich will mit dieser Geschichte nichts mehr zu tun haben.“
„Mir gleich!“ entgegnet Ola unbeeindruckt. „Dann kann ich wenigstens die Belohnung für mich behalten.“
„Du schnappst noch über“, ist alles, was Jonas darauf zu erwidern weiß.
„Für mich steht jedenfalls fest, daß Señor Rodrigo Feruzza der Mann mit dem roten Zylinder ist.“
„Ist das ein Spanier?“ Jetzt ist Jonas doch neugierig geworden. Ola tut, als würde er Jonas’ Interesse nicht bemerken. „Nein, ein Brasilianer. Der einzige Hotelgast, der zur Zeit spanisch im Hotel spricht.“
„Und du willst hingehen und fragen, ob er der Mann mit dem roten Zylinder ist?“
„Ja!“ antwortet Ola voller Trotz.
„Erst hast du behauptet, Doktor Kratt sei der Mann mit dem roten Zylinder, und jetzt ist es auf einmal ein Brasilianer. Daß ich nicht lache.“ Jonas versucht einen Lacher, doch es wird nur ein klägliches Gemecker. Angestrengt überlegt er, wie er Ola von seinem Vorhaben abbringen könne, doch ihm kommt kein brauchbarer Gedanke. Unbefriedigt wendet er sich wieder seiner Bastelarbeit zu und weiß doch schon jetzt, daß er Ola nicht allein ins Hotel gehen lassen wird. Er, Jonas, wird sich wieder opfern, um im Ernstfall seinen Bruder nicht allein zu lassen.
„Wann willst du denn gehen?“ erkundigt er sich mit möglichst harmlosem Gesicht.
„Kurz nach fünfzehn Uhr sei es am besten, hat der Liftboy gesagt. Dann hätten die Hotelgäste ausgeschlafen. Übrigens hat er behauptet, daß Señor Feruzza und seine Frau die geizigsten Hotelgäste seien, die er jemals erlebt habe. Da hast du’s, geizig auch noch.“
So beginnt ein neues Verhängnis seinen Anfang zu nehmen.
„Selbstverständlich, Madame, ich werde es sofort veranlassen. In spätestens fünf Minuten haben Sie den Stadtplan! — Oh, keine Ursache, Madame.“
Herr Johannson, der Empfangschef des
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