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Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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unwillkürlich lächeln. Einer mehr, der mich für verrückt hält, geht es Patò durch den Kopf, und fast scheint es, als hätte er seinen merkwürdigen Besucher aus dem Kleiderschrank schon wieder vergessen.

Von Kollege zu Kollege

    Über Kopenhagen dehnt sich ein wolkenverhangener bleigrauer Himmel. Kurze Windböen jagen durch die Straßen und lassen manchen Hut zum Windrad auf dem Asphalt werden.
    Es ist kurz nach neun Uhr morgens, als Henry Patò sein Hotel verläßt.
    Trotz des trüben Wetters scheint Patò mit sich und der Welt zufrieden zu sein, und fast möchte man meinen, daß er jeden Augenblick mit einem fröhlichen Lied beginnt. Nach einem forschenden Blick auf den wenig zum Spaziergang einladenden Himmel setzt er sich in Marsch. Lustig schwingt er seinen Spazierstock, in dessen Inneren sich ein Regenschirm verbirgt.
    Wer ihn so gehen sieht, ist versucht zu glauben, er genieße den nicht vorhandenen Sonnenschein. Hier und da bleibt er stehen. Sei es, um die Auslagen eines Schaufensters zu besichtigen oder aber um einem Kind nachzusehen... Daß diese bewußte Gemächlichkeit einen sehr guten Grund hat, das ahnt sicher niemand.
    Henry Patò ist es nicht entgangen, daß ihm jemand folgt. Und zwar bereits seit dem Augenblick, in dem er das „Astoria“ verlassen hat. Es ist ein jüngerer Mann, so um die Fünfundzwanzig herum, der sich an seine Fersen geheftet hat. Er trägt ein paar blau-weiße Tennisschuhe, eine schwarze Cordsamthose und einen dunkelblauen Rollkragenpullover.
    Er hält mich für einen Idioten, stellt Patò bei sich fest. Und der junge Mann ist wirklich alles andere als ein in der Verfolgung geübter Schatten. Jedesmal, wenn der Detektiv den Schritt verhält, tut der junge Mann das gleiche. Dabei reißt er gleichzeitig eine Zeitung vor sein Gesicht und tut, als sei er mit der spannendsten Lektüre der Welt beschäftigt. Und das mitten auf der Straße.
    Patò geht die Vesterbrostraße in Richtung Tivoli entlang. Als er den Vergnügungspark fast erreicht hat, erspäht er einen Polizisten, der gerade eine alte Dame über die Straße geleitet.

    Die Frau ist noch dabei, sich überschwenglich zu bedanken, als Patò die beiden erreicht...
    Der Polizist tippt sich mit zwei Fingern an die Mütze, während der Detektiv zum Gruß seinen Stock hebt.
    „Was kann ich für Sie tun?“ fragt der Uniformierte höflich.
    Während Patò mit den Armen zu gestikulieren beginnt, spricht er dazu Worte, die in keinem Zusammenhang zu seinen Gesten stehen.
    „Hören Sie, Wachtmeister... tun Sie so, als ob ich Sie nach einem bestimmten Haus gefragt hätte“, zischt er dem Polizisten durch die Zähne zu. Dieser hat auch sofort begriffen und nickt eifrig.
    „Sehen Sie dort hinten den jungen Mann im Rollkragenpullover... da, jetzt hält er sich die Zeitung vors Gesicht...“
    Der Polizist fuchtelt jetzt ebenfalls mit dem Arm in der Gegend herum. Dabei flüstert er zurück:
    „Ja, ich sehe ihn. Was ist mit ihm?“
    „Ich wohne im Hotel ,Astoria‘... seitdem ich es verlassen habe, ist er hinter mir her... Ich bin Privatdetektiv und dienstlich in Kopenhagen. Ich habe jetzt keine Zeit, den jungen Mann zur Rede zu stellen. Tun Sie mir den Gefallen und nehmen Sie sich ihn einmal vor... Ich angle mir inzwischen dort drüben eine Taxe.“
    Der Polizist ist nun doch ein wenig unsicher geworden. Bevor er jedoch einen Einwand Vorbringen kann, setzt Patò energisch hinzu:
    „Sven Trellen kann Ihnen jederzeit Auskunft über mich geben.“
    So, das zog.
    Der Polizist sieht ihn anerkennend an. Ein Zeichen, daß sich Sven Trellen großer Hochachtung erfreut.
    „Ist in Ordnung. Sie können sich auf mich verlassen“, tuschelt er Patò zu.
    Henry Patò hebt wie vorhin präsentierend seinen Stockschirm und strebt mit großen Schritten dem Taxenstand zu. Als er sein Fahrtziel angibt, kann er sehen, wie der Pullovermann dem Polizisten gegenüber bemüht ist, seine Unschuld zu beteuern.
    Schmunzelnd legt sich der Detektiv in die Polster zurück.
    „Welche Hausnummer in der Börgerstraße?“
    „Nummer 19... wenn es Ihnen nichts ausmacht..
    Der Taxifahrer schielt kurz in den Spiegel. Komische Nudel, mag er denken.
    „Warum sollte es mir etwas ausmachen, mein Herr?“
    Patò lächelt gewinnend. „Ich kannte mal einen Taxifahrer in Stockholm, der sollte mich zu einem Haus fahren, das die Nummer 101 trug...“
    „Na und?“
    „Er setzte mich bereits an der Nummer 99 ab... er sei abergläubisch und die Nummer 101 sei seine

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