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Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Pferd im Koffer — aber niemand erzählen!“
    „E-e-erster Stock!“ stottert Haralt, dem kein Wort entgangen ist. Und sein Freund Gerd hat alle Mühe, um seinen Mund wieder zuzubekommen.
    „Bitte hier lang...“ bittet er tonlos und wirft einen verstohlenen Blick auf den geheimnisvollen Koffer, den diesmal der Gast selbst in die Hand genommen hat. Und wie er ihn genommen hat. So, als enthielte er nur drei Pfund Gänsefedern.
    Als sich die Tür hinter Patò geschlossen hat, ist der Junge überzeugt, daß es sich doch um einen Zauberkünstler handelt.

    Henry Patò ist allein.
    Nachdem er den Koffer auf die Ablage gepackt hat, unterzieht er sein Appartement einer gewissenhaften und kritischen Musterung. Er probiert sämtliche Lampen aus und läßt sich mit Schwung auf das Bett fallen. Die nächste Kontrolle gilt dem Bad. Als auch hier alles zu seiner Zufriedenheit ausfällt, das heiße Wasser aus dem mit Rot gekennzeichneten Hahn — das kalte aus dem blauen fließt, läßt er sich aufatmend in einen der gewaltigen Ledersessel fallen.
    Und da war es plötzlich — das Geräusch. Ein feines, helles Knacken, kaum wahrnehmbar. Patò erhebt sich geräuschlos aus seinem Fauteuil. Alles an ihm ist jetzt angespannt. Seine Backenmuskeln treten hervor, und die Augen haben sich zu schmalen Schlitzen verengt. Noch weiß er nicht, woher das Geräusch kam. Nur eines steht fest — es war hier im Zimmer.
    Da... er stockt, verharrt regungslos auf dem Fleck. Langsam, ganz langsam öffnet sich die Schranktür. Zentimeter um Zentimeter schwenkt sie zurück. Patò ist mit einem Schritt am Schrank, Sekunden später hat er die Schranktür aufgerissen.
    „Guten Abend, Herr Patò...“
    Mit strahlendem Lächeln tritt ihm ein Mann entgegen. Er trägt einen dreiviertellangen Gabardine-Mantel mit auf gestelltem Kragen. Über der Nase balanciert er eine riesige Sonnenbrille. Er macht eine leichte Verbeugung vor Patò und schwingt dazu pathetisch den Arm.
    Patò hat sich wieder gefangen und lächelt zurück.
    „Guten Abend, mein Herr. Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Aufenthalt in meinem Schrank.“

    Der Fremde schüttelt traurig den Kopf. „Im Gegenteil, es war sehr unbequem...“
    „Würden Sie mir vielleicht auch verraten, was dieses allerliebste Versteckspiel soll?“
    Wieder nickt der Eindringling freundlich. „Natürlich dürfen Sie. Das ist schließlich Ihr gutes Recht. Ich soll Ihnen lediglich viele gute und nette Grüße von Samor bestellen.“
    „Aha... das finde ich reizend vom alten Samor... Nur noch eine einzige Frage: Wer ist Samor?“
    Der Mann aus dem Schrank macht ein betrübtes Gesicht und wiegt bedauernd den Kopf: „Diese Frage zu beantworten, wurde mir leider nicht erlaubt. Das ist hart, nicht?“
    „Sie haben recht, das ist hart..
    Patò schlägt sich vor die Stirn und lacht kurz auf: „Donnerwetter, da habe ich ja eine glänzende Idee. Ich werde Sie einfach der Polizei übergeben. Ihr werden Sie dann sicherlich verraten, wer der liebenswürdige Herr Samor ist. Oder sind Sie anderer Meinung?“
    Für einen Augenblick kneift der Mann die Lippen zusammen. Als er wieder zu sprechen beginnt, ist seine Stimme jedoch wieder verbindlich wie zuvor.
    „Ich glaube nicht, daß das eine gute Lösung ist, Herr Patò!“
    „Und warum nicht, Fremder?“
    Als Patò einen Schritt auf den Mann zu machen will, ruft ihm dieser zu: „Deshalb nicht!“ Im gleichen Moment ist er an der Tür. Patò kommt einen Schritt zu spät. Er hat die Hand auf der Klinke, als sich von außen der Schlüssel im Schloß dreht.
    „Gute Nacht!“ hört er es von außen rufen.
    „Und auf Wiedersehen!“ erwidert Henry Patò ebenso höflich.
    Dann begibt er sich zum Nachttisch, auf dem das elfenbeinfarbene Telefon steht. „Hallo?“
    „Ja, Herr Patò, hier ist der Empfang!“ dröhnt es aus der Muschel, und Patò zuckt erschrocken zusammen. „Sagen Sie, wohnt hier im Hotel ein Herr Samor?“ Für einige Atemzüge hört Patò nur das laute Schnaufen des Portiers.
    „Es tut mir leid, Herr Patò, aber ein Herr namens Samor logiert nicht in unserem Haus.“
    Obgleich der Detektiv diese Antwort erwartet hat, fragt er noch:
    „Ist Ihnen der Name vielleicht sonstwie bekannt?“
    „Nein, ich habe diesen Namen noch nie gehört.“
    „Danke... ach so, noch etwas: Schicken Sie mir doch bitte jemanden hoch, der meine Tür wieder aufschließt.“
    Behutsam legt er den Hörer auf die Gabel zurück. Wenn er an das Gesicht des Portiers denkt, muß er

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