Der Mann mit dem roten Zylinder
Glanz, und sogar die hellblauen Strümpfe weisen noch keine Flecke auf. Das Auffälligste an ihm jedoch sind die Haare. Feucht gebürstet und wie mit dem Lineal gescheitelt, lassen sie ihn so verändert erscheinen, daß Patò zweimal hinsehen muß.
„Tag, Knut... na, wie hast du geschlafen?“
„Gut...“ Und mit einem bedrückten Seitenblick erkundigt er sich: „Gefalle ich Ihnen?“
„Prächtig siehst du aus. Ich hätte dich um ein Haar nicht wiedererkannt. Wer hat dich denn so herausstaffiert?“
„Mutter“, antwortet Knut und macht ein unglückliches Gesicht. „Sie meint, das sei ich Ihnen schuldig...“
Und als ihm Patò lächelnd auf die Schultern klopft, mault er: „Ich komme mir wie ein Affe im Tivoli vor, dem man Hosen und Jacke angezogen hat...“
Patò betrachtete ihn nachdenklich, bevor er erwidert: „Hm, wie ein Affe siehst du ja nicht gerade aus... Wenn ich ehrlich sein soll, so finde ich dich direkt ansehenswert... Besonders dein Scheitel hat es in sich... Mit dem kann man ja fast Brot schneiden, so scharf ist er.“
Knut scheint zu überlegen, ob er gekränkt sein soll oder nicht. Doch dann entschließt er sich für die zweite Möglichkeit.
„Ich werd’s halt wie ein Mann tragen . .
„Recht so! Kennst du die Stern-Garage?“
Knut erinnert sich seiner Aufgabe als Ortskundiger und erklärt eifrig:
„Die übernächste Straße rechts. Das ist die Sunquiststraße. Die Stern-Garage steht an der Ecke und gehört Kalle Pamela.“
Henry Patò ist beeindruckt, und anerkennend ruft er: „Bravo, Toffi, du bist wirklich der ideale Fremdenführer. Ich werde dich in meinem Bericht anerkennend vermerken. Gehen wir!“
Und so gehen sie die Straße entlang.
Ein ungleiches Gespann. Der Ältere, dessen graue Mähne an beiden Seiten unter dem Hut hervorlugt, und der Junge, der mit stolzgeschwellter Brust die enorme Wichtigkeit seiner Person zur Schau trägt.
Sie gehen knappe zehn Minuten bis zur Stern-Garage. Als sie die Einfahrt betreten, weist Knut auf einen schnauzbärtigen Mann im weißen Overall.
„Der dort drüben mit dem Tropfenfänger ist Kalle Pamela.“
Patò wendet sich seinem jungen Begleiter zu.
„Der mit was?“ fragt er.
„Na, der mit dem Tropfenfänger unter der Nase... ich meine den Schnurrbart...“
Patò atmet laut aus, und dann spricht er schnaufend: „Mein lieber Mann, du hast ja eine schöne Ausdrucksweise... Also, beehren wir den Tropfenfänger!“ Kalle Pamela blickt ihnen schon entgegen. Mit dem sicheren Gefühl eines erfahrenen Geschäftsmannes hat er sofort erkannt, daß es sich bei diesem Gespann garantiert um keine Kunden handelt. Und er findet es besser, schon von vornherein ein ablehnendes Gesicht zu zeigen. Man kann schließlich nie wissen, wofür die Leute sammeln kommen. Ob für den Tierschutzverein, den zoologischen Garten oder für neue Farbe auf die öffentlichen Parkbänke.
„Guten Tag, mein Herr. Ich nehme an, daß Sie Herr Pamela sind?“
Der Garagenbesitzer nickt kurz und reserviert. Henry Patò übersieht die Ablehnung und stellt sich vor:
„Mein Name ist Patò. Ich bin Privatdetektiv und hätte Sie gern etwas gefragt.“
Pamela hat Patòs Worte mit unbewegter Miene angehört. Fieberhaft überlegt er, ob er oder jemand von seinen Leuten Grund hat, einen Detektiv zu fürchten. Doch als ihm beim besten Willen keinerlei Sünden einfallen, antwortet er um einiges freundlicher: „Bitte, wenn es nicht zu umgehen ist!“
Patò unterdrückt ein Lächeln und stellt seine erste Frage: „Gehört Ihnen der auf Kopenhagen zugelassene Wagen zwei-zwei-eins-eins?“
„Ja, der gehört mir!“
„Können Sie mir sagen, wer sich das Fahrzeug am gestrigen Tage ausgeliehen hat?“
Voller Spannung wartet Patò auf die Antwort. Er ist überzeugt, daß Pamela jetzt erst in seinen Aufzeichnungen nachsehen muß, doch dieser antwortet ohne Zögern:
„Der Wagen lief gestern als Mietwagen. Das heißt, er ist für den ganzen Tag zu einem festen Preis einschließlich Chauffeur gemietet worden.“ Doch im gleichen Atemzug schränkt er ein: „Den Namen des Mieters kann ich Ihnen allerdings nicht sagen, da dieses Geschäft nur gegen Barzahlung erfolgt und wir uns in so einem Fall nicht für Name und Beruf interessieren.“ Patòs Hoffnung ist auf den Nullpunkt gesunken. Pamelas Angebot, im Fahrtenbuch nach der Route nachzusehen, lehnt er dankend ab. Was würde ihm das schon nützen.
Henry Patò bedankt sich kurz und wendet sich zum Gehen.
Knut trottet
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