Der Mann mit den zwei Gesichtern
aber schneller hinzu. „Aber zweitens und drittens stimmen.“
„Dass er Gerd heißt?“ Andrea schien vergessen zu haben, dass sie den Wagen fuhr, und starrte Franziska perplex an. „Bist du jetzt von allen guten Geistern verlassen?“
Hektisch deutete Franziska nach vorn und Andrea wandte sich ab, um sich wieder auf die Straße zu konzentrieren.
„Er hat sich mir vorgestellt“, sagte Franziska schließlich sehr kleinlaut. „Mit Vor- und Nachnamen. Aber da bin ich so aufgelöst gewesen wegen des verpassten Vorstellungstermins, dass ich einfach nicht so genau hingehört habe. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass er Gerd heißt - oder so.“
„Du machst mich völlig fertig.“ Andrea sah in der Tat ziemlich entgeistert aus. „Wirst von einem Mann schwanger, von dem du gar nichts weißt? Sag mal, habt ihr nicht irgendwann einmal miteinander geredet?“
Franziska dachte nach. „Zuerst über den Termin in der Klinik. Dann über die Wagenreparatur und dann im Lokal war es zu laut.“
„Und dann?“
„Dann haben wir nicht mehr geredet“, antwortete Franziska hastig und verschränkte ihre Hände.
Andrea seufzte resigniert und schwieg. „Schöne Gegend“, sagte sie schließlich und wies nach vorn, auf die nahen Berge.
„Viel Wald, das ist, was ich in Erinnerung habe.“
„Aber du kannst dich schon daran erinnern, dass dieses Oberrain in den Bergen liegt?“
„Natürlich hab ich im August auch die Berge gesehen, aber da hab ich sie kaum wahrgenommen. Zuerst wegen des Vorstellungstermins und dann noch viel mehr, als die Panne passiert war“, sagte Franziska wahrheitsgemäß. „Außerdem vergisst du, ich habe mitten im Wald festgesteckt. Da hab ich die Berge völlig vergessen.“
„Mich wundert jetzt nichts mehr“, sagte Andrea und schüttelte schon wieder den Kopf. „Doch, eines. Wie du es geschafft hast, Ärztin zu werden. Das wundert mich wirklich.“
Franziska hielt es für angebracht, schleunigst das Thema zu wechseln. „Ich glaube, jetzt ist es nicht mehr weit.“ Sie sah um sich. Hier war überall Wald. „Genauso habe ich es in Erinnerung.“
„Du glaubst, du glaubst“, äffte Andrea sie nach. „Gerade sind wir an einem Schild vorbeigekommen, dass es noch drei Kilometer sind.“
Oh. Das hatte Franziska gar nicht bemerkt. Sonst war sie doch auch nicht so schusselig. Für den Rest der Fahrt zog sie es vor, zu schweigen.
Peinlichkeit hoch vier
„Ist sie das?“ Andrea wies auf die junge Frau im zum Glück völlig menschenleeren Empfang des „Landhotel Hubertus.“
„Nein“, schüttelte Franziska den Kopf. „Die Wirtin ist deutlich älter.“
Andrea und sie hatten gehofft, auf die gleiche Frau zu treffen, die sich dann hoffentlich noch an Franziska erinnern würde.
„Wir fragen sie trotzdem.“ Andrea öffnete die Türe. „Grüß Gott. Wir hätten da ein Problem.“
Franziska schlug auf einmal das Herz bis zum Hals, doch sie gab sich einen Ruck: „Ich habe hier vor etwas mehr als drei Wochen übernachtet.“
„Und da haben Sie etwas vergessen?“, fragte die junge Frau mit stark bayrischem Akzent. „Wissen Sie, solange heben wir die Sachen nicht auf. Eine Woche – und wenn sich dann niemand gemeldet hat, werfen wir sie weg.“ Sie sah Franziska bedauernd an.
Die las das kleine Namensschild, das die Frau am Dirndl trug: Gudrun Huber. „Nein Frau Huber, Sie missverstehen mich. Ich habe nichts vergessen.“ Dies hier war ganz entschieden peinlich. Franziska wand sich. Aber es nützte nichts. Wenn sie Gerds Namen wollte, musste sie das tun: „Es ist mir sehr unangenehm, Sie das fragen zu müssen, aber ich habe diese Nacht nicht alleine verbracht. Der Mann, mit dem ich hier war, hat sich bei Ihnen eingetragen. Könnte ich bitte einmal nachsehen, ich bräuchte seinen Namen.“ Sie wies mit der Hand auf das kartonierte Belegungsbuch auf der Theke.
Welches Frau Huber sofort an sich nahm. „Nein. Das geht nicht. Über die darin enthaltenen Daten haben wir Schweigepflicht.“ Energisch legte sie das Buch weit hinter sich. „Es tut mir leid ...“
„Ihnen wird es bald leidtun, wenn Sie uns nicht helfen.“
Andrea, ein energisches Funkeln in den Augen, deutete auf das Buch. „Sie haben ja keine Ahnung, warum wir diesen Namen brauchen.“
„Tut mir leid, aber Sie müssen mich verstehen.“ Die arme Frau Huber sah ganz und gar unglücklich drein, blieb aber eisern. „Da stehen Namen drin, die ich einfach nicht weitergeben darf.“
„Namen stehen auch im
Weitere Kostenlose Bücher