Der Mann mit den zwei Gesichtern
Happy Birthday to you.“
Andrea drückte erst Franziska an sich und ihr dann ein Päckchen in die Hand: „Für deinen besonderen Geburtstag.“
„Was soll an diesem Geburtstag denn so Besonderes sein?“, fragte Franziska und fügte in Gedanken hinzu: Davon abgesehen, dass ich an diesem Geburtstag ganz besonders unglücklich bin.
„Wenn dieser siebenundzwanzigste Geburtstag auf einen Siebenundzwanzigsten fällt, ist er wohl etwas Besonderes“, beharrte Andrea und deutete auf das Päckchen. „Aber nun mach schon auf.“
Es waren eine kleine Flasche Sekt – und zwei Theaterkarten.
„Der Widerspenstigen Zähmung? Heute?“, staunte Franziska die Karten an. Dann lachte sie: „Du Hexe. Weil ich gesagt habe, dass mein Geburtstag diesmal ausfällt.“ Spontan umarmte sie die Freundin. „Das ist so lieb von dir. Natürlich gehe ich gerne mit dir ins Theater. Gerade heute.“ Sie hatte zwar verkündet, nicht feiern zu wollen, aber das hier – war schließlich ganz was anderes.
„Oh“, sagte Andrea nur und schüttelte lächelnd den Kopf. „Du gehst. Aber nicht mit mir.“ Verheißungsvoll holte sie Luft.
Genau das tat Franziska nicht mehr. Atemlos starrte sie Andrea an. Was wollte sie damit sagen? Dass vielleicht ...
„Du gehst mit Tom.“
Kaltes Wasser. Franziska hatte das Gefühl, einen ganzen Eimer davon abbekommen zu haben. Tom, der sich in den letzten Wochen zu einem guten Freund gemausert hatte. Tom.
„Nein“, sagte sie, schüttelte den Kopf und reichte Andrea die Karten. „Geh du mit ihm.“
„Das wär aber ein Geschenk“, empörte sich Andrea. „Du bekommst Theaterkarten, und ich geh hin.“
„Ich will nicht mit Tom“, schüttelte Franziska den Kopf. „Aber du.“
„Nein, Liebchen“, strahlte Andrea sie da an. „Ich hab es dir doch schon mal gesagt: Mit Tom habe ich abgeschlossen. Endgültig. Er ist ein lieber Arbeitskollege, aber mehr auch nicht. Du gehst mit ihm.“
„Er ist auch für mich nur ein lieber Arbeitskollege“, widersprach Franziska. „Und nicht mehr.“
„Aber du hast Geburtstag.“ Andrea schob Franziskas Hand mit den Theaterkarten zurück. „Du gehst.“
„Mit dir“, startete Franziska einen erneuten Versuch.
„Oh Gott, Franziska“, schnaubte Andrea da los. „Sieh es als Therapie für mich. Eine 'Schlag ihn dir aus dem Kopf' Therapie. Du gehst mit Tom dahin und damit basta.“
Franziska, die den strengen Schwesternton nur zu gut an Andrea kannte, wusste, Widerspruch war zwecklos. Wenn die sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, gab es kein Auskommen. Sie hatte nur noch ein einziges Argument dagegen: „Ich habe nichts anzuziehen.“
„Oh doch“ strahlte Andrea, die ganz offensichtlich mit diesem Ausweichmanöver gerechnet hatte. „Du ziehst dein süßes kleines Schwarzes an.“
„Dafür bin ich sicher schon zu dick“, widersprach Franziska, wusste aber, dass sie damit nicht durchkommen würde. Sie war jetzt in der dreizehnten Woche, hatte noch keinerlei Bauch und kein Gramm zugenommen.
„Ach papperlapapp.“ Andrea sah an ihr herauf und herunter. „Und zu dem Kleid trägst du die tolle Kette deiner Großmutter.“
Da gab Franziska den Widerstand auf. Wenn Andrea derart entschlossen war, kam sie nicht dagegen an. „Weiß Tom schon von seinem Glück?“
„So genau nicht. Aber ich habe ihm gesagt, er solle sich ein wenig herausputzen und bereithalten. Es gäbe noch eine Überraschung.“
„Gut“, nickte Franziska ergeben. „Ich mache mit. Aber du sagst es ihm.“
„Mit dem größten Vergnügen, Prinzessin. Ich rufe ihn gleich an.“
Andrea kreischte vergnügt auf, als Franziska mit der Päckchenschleife nach ihr schlug.
*
Aufgeregter, als er hätte sein dürfen, rutschte Tom hinter dem Lenkrad hin und her. Viertel vor sieben schon. Mittlerweile war er gar nicht mehr zu früh. Heute Abend schien aber auch ganz München auf den Straßen zu sein.
So, endlich grün.
Es war wirklich ungemein rührend von Andrea, Franziska mit ihm ins Theater zu schicken. Und selbstverständlich würde er sich auch revanchieren. Mit Franziska zusammen, wäre natürlich seine Traumoption. Naja, drängen würde er sie nicht.
Von Anfang an war er sehr froh gewesen, dass Andrea es in die Hand genommen hatte, die Feier von Franziskas Geburtstag zu planen. Sonst hätte diese sich auch heute allein in ihrer Wohnung vergraben – wie die meiste Zeit der vergangenen Wochen. In denen sie ihm nach wie vor bedrückt und traurig erschienen war. Tom
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