Der Mann mit den zwei Gesichtern
diesem gefährlichen Schuft, sie wegtragen, in Sicherheit? Sie dort in seine Arme reißen und trösten?
Doch dann ... dann war alles zu Ende.
Dieser ... Gerd küsste sie.
Franziska ließ sich von diesem Typen küssen! Hing an ihm, in seinen Armen und buchstäblich an seinen Lippen.
Tom sanken die Schultern. Das Herz. Er konnte nicht mehr. Das war zu viel. Einfach zu viel. Irgendwo hatte auch er eine Grenze.
Er riss seinen Blick von dem sich leidenschaftlich verschlingenden Paar los und wandte sich ab. Abrupt. Und doch viel zu langsam. Ging mit seltsam abgehobenen Schritten in Richtung Ausgang. Weg. Jetzt war er weg.
Alles Routine
Er war kein bisschen aus der Übung! Sein Herz tat einen angeregten Hüpfer, als er seinen Blick – ganz der routinierte Jäger – zum ersten Mal über das bevölkerte Foyer seines Lieblingstheaters schweifen ließ.
Pause. Geschäftiges Treiben. Plätscherndes Geplauder. Klingende Gläser. Und Umherschauen. Das war das, was Theaterpause vor allem anderen bedeutete. Sehen und Gesehen werden.
Dies war seine Stunde. Der Moment, den er von allen, die sein Job für ihn bereit hielt, am allermeisten liebte. Wahrscheinlich sogar noch mehr als das, was am Ende heraussprang.
Und die letzten Monate über war er dermaßen eingespannt gewesen, ja regelrecht eingesponnen ins klebrige Netz der Beziehungsgelüste von lauter unersättlichen Weibern – die hatten den bloßen Gedanken an diese spontanen Jagden im Keim erstickt. Unwillkürlich richtete er sich zu seiner vollen Größe auf und füllte seine Lungen bis zum Anschlag. Eingesperrt war er gewesen, gegängelt, geknechtet.
Doch jetzt, endlich – war er wieder frei! Ungebunden, männlich, mächtig – zu allem bereit. Alle Frauen dieser Welt lagen ihm zu Füßen. Welche würde er auswählen, damit sie ihm das bewies?
Mit sich erneut beschleunigendem Herzen wandte er seine Aufmerksamkeit dem Pausentreiben zu. Einfach herrlich. Und spannend. Und erregend. Eine überschaubare Menge nett zurechtgemachter Frauenzimmer, schön oder unscheinbar, lebhaft oder still, aufgeregt oder gelangweilt.
Im ersten Durchgang sortierte er stets diejenigen aus, die offensichtlich ihren Partner dabei hatten. Ebenso wie diejenigen, die ihren Ehering gemeinsam mit der ebenfalls verheirateten besten Freundin ausführten.
Zwischen den übrigen hatte er die Wahl.
Der zweite Durchgang ging nach Optik. Er zeigte sich einfach ungern mit durchschnittlich aussehenden Frauen, und das hatte er ja auch gar nicht nötig. Er schaltete seine Wahrnehmung um, begutachtete sich wieder einmal objektiv von außen. Doch, doch, mit seinen strahlenden blauen Augen, dem bei dieser Länge leicht gewellten blonden Haar und seiner auch um diese Jahreszeit noch sonnengebräunten Haut brauchte er sich echt nicht zu verstecken. Und zusammen mit seinem Charme, dem man ihm schon als kleinem Jungen nachgesagt hatte und den er seitdem bis in die Feinheiten perfektioniert hatte ...
Zeit für den dritten Durchgang: Unter den bestaussehendsten Vertreterinnen die Lukrativste auszuwählen.
Da gab es mehrere abzuprüfende Kriterien: Schmuck und Kleidung natürlich. Aber auch Sprache, Gebaren, eventuell Begleitung reicher Väter oder etwas in der Art. All das war er gewohnt, mit einzubeziehen. Mit den Jahren hatte er diese Merkmale meist auf den ersten Blick erfasst.
Zum Schluss gab er sich dem vierten und wichtigsten Durchgang hin: Jetzt kam sein Instinkt zum Tragen. Bei welcher der infrage kommenden Frauen würde er am besten landen können?
Heute jedoch spielte ihm sein so verlässlich arbeitender Instinkt offensichtlich einen Streich. „Die dort“, hatte der geschrien – und zwar bereits in Runde eins. „Jung, schön, reich und auf der Suche nach der wahren Liebe. Die Idealbesetzung.“
Aber die dort hat – neben der hervorragenden anatomischen Ausstattung mitsamt dem zugegebenermaßen echt antiken Familienschmuck an den richtigen Stellen – einen Mann dabei. Einen von der besitzergreifendsten Sorte, dessen Hand die ganze Zeit an ihrem Rücken klebt , hatte er sich bereits in Runde eins zu belehren versucht und sich den ungebundenen weiblichen Exemplaren zugewandt.
Die dort , schrie dieser sogenannte Instinkt jetzt wieder. Dabei beugte sich 'die dort' gerade jetzt zu ihrem Begleiter, um ein Glas Orangensaft entgegenzunehmen und sich vertraulich lächelnd etwas von ihm ins Ohr sagen zu lassen.
Die nicht , versuchte Gee-Bee nochmals, seinem irregeleiteten Instinkt zu
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