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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
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für den Fall meiner Gefangennahme getroffen, und ich muß Sie warnen, daß dem Kanzler heute nacht die Leiche von Madame Haze-Gaunt zugeschickt werden wird, wenn ich diesen Palast nicht innerhalb von zehn Minuten heil und sicher verlasse.“
    Shey runzelte die Stirn und musterte nachdenklich sein Opfer. „Diese Stimme – hmm. Sie lügen natürlich – wollen nur Zeit gewinnen. Ihre Exzellenz befindet sich noch immer im Ballsaal. Ihr hastiges Atmen, die verengten Pupillen, die trockene Stimme – alles deutet auf eine bewußte Lüge. Ich werde es nicht einmal nachprüfen. Wollen Sie also bitte die Arme für eine kleine Adrenalininjektion ausstrecken?“
    Läutete dieses Telephon denn nie?
    Seine anhaltende Beherrschung erstaunte ihn. „Nun gut“, murmelte er und streckte den Arm aus. Die Nadel stieß hinein und traf einen Nerv. Alar verzog leicht das Gesicht. Die Gehilfen schoben die Käfigwände zusammen und preßten den Dieb wie ein Hühnchen am Spieß zusammen.
    Der Geruch heiß werdenden Metalls hinter ihm war unverkennbar. In seinem Kopf drehte sich alles. Etwas war nicht in Ordnung. Hätte es nicht die ihn zerquetschenden Stangen gegeben, wäre er zu Boden gestürzt, das wußte er. Von den Achselhöhlen seiner Jacke gingen langsam nasse Schweißringe aus.
    Zwei untersetzte Gehilfen rollten den Instrumentenbehälter herbei. Alar zwang sich, unbeteiligt zuzusehen, wie sie ihn öffneten und Shey eine merkwürdig geformte Zange reichten.
    Ein Schauer des Abscheus kroch Alar in die Kehle, als er sich an seine blutigen, fingernagellosen Handgebilde erinnerte – in jener anderen Zeit.
    „Wissen Sie“, gluckste Shey und warf Alar einen züchtigen Blick zu, „ich glaube, Sie sind der Kerl, der mich vor ein paar Nächten heimgesucht hat.“
    Das Telephon läutete.
    „Es ist von oben“, rief der Gehilfe zögernd. „Man will wissen, ob Sie Madame Haze-Gaunt gesehen haben.“
    Shey wartete sehr lange mit seiner Antwort. Sein nach innen gerichteter Blick erstarb langsam. Schließlich drehte er sich um und legte den Nägelausreißer in den Behälter zurück.
    „Sagen Sie nein“, antwortete er, „und holen Sie sofort den Kanzler für mich ans Telephon.“
    Alar wurde auf der von ihm ausgesuchten belebten Kreuzung in der Unterstadt abgesetzt, und nachdem er eine Stunde lang wachsam herumgegangen war, um mögliche Beschatter der kaiserlichen Polizei abzuschütteln, ging er durch Allee und Keller zum Eingang des Treffpunkts der Diebe. Bevor er schlief, aß und noch bevor er sich ein neues Schwert verschaffte, wollte er dem Rat über die unglaublichen Ereignisse in Sheys Folterkammer Bericht erstatten.
    Etwas Scharfes fuhr ihm in die Seite. Er hob langsam die Hände und fand sich von maskierten Dieben mit gezogenen Schwertern umgeben. Derjenige, der ihm am nächsten den Säbel schwang, sprach es aus: „Sie sind verhaftet.“



 
9
Unkontrollierte Fähigkeiten
     
    „Sie sind soeben zum Tode verurteilt worden“, leierte der Maskierte auf der Estrade herunter. „Den Gesetzen der Gesellschaft gemäß wird die Anklage gegen Sie verlesen, anschließend haben Sie zehn Minuten Zeit zur Vorbringung Ihrer Verteidigung. Wenn dieser Zeitraum verstrichen ist, werden Sie per Degenstoß durch das Herz zum Tode befördert, sofern es Ihnen nicht gelingt, die gegen Sie erhobenen Anschuldigungen zweifelsfrei zu entkräften. Der Schriftführer dieses Tribunals verliest jetzt die Anklage.“
    Alar gelang es nicht, eine lähmende Mattigkeit aus dem Kopf zu verdrängen. Er war selbst zum Wundern zu müde. Von all den Dieben erkannte er nur Haven, dessen kummervolle Augen durch eine braune Maske auf ihn spähten.
    Der maskierte Schriftführer erhob sich von einem Schreibtisch auf dem erhöhten Platz im Saale und verlas mit feierlicher Stimme: „Alar wurde vor rund vier Stunden von Agenten der Regierung gefangengenommen, in die unteren Kammern eingeliefert und Shey übergeben.
    Ein paar Minuten später wurde er unverletzt aus dem Palast auf die Straße geleitet und dort freigelassen. Angesichts seiner unversehrten Haut kann es als sicher gelten, daß der Gefangene vertrauliche Informationen über die Gesellschaft preisgab. Die Anklage lautet auf Verrat, das Urteil auf Tod.“
    „Mitdiebe!“ Haven sprang auf. „Ich protestiere gegen dieses Verfahren. Die Beweislast für den Verrat sollte die Gesellschaft treffen. In der Vergangenheit hat Alar sein Leben viele Male für die Gesellschaft aufs Spiel gesetzt. Ich beantrage daher, daß

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