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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
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Herzschlag beschleunigt, ehe Sie noch bewußt eine Gefahr wahrnehmen.
    Wir wissen jetzt, daß Ihr Unterbewußtsein Eindrücke und. Stimuli zusammenfügt, von denen Ihr Bewußtsein nichts ahnt, und Ihren Körper auf die noch nicht wahrgenommene Gefahr, welcher Art auch immer sie sein mag, vorbereitet. Das war für uns hinreichend, aber nicht völlig hinreichend, um Sie jenseits des Homo sapiens einzuordnen und Sie von dem Verdacht, Sie seien ein eingeschleuster Spitzel, freizusprechen.
    Wir warteten auf andere Manifestationen Ihrer möglichen Übermenschlichkeit, es zeigte sich jedoch nichts weiter. Und nach dem möglichen Verrat heute nacht überwiegt die Bedrohung, die Sie für die Gesellschaft darstellen, das Verlangen, Sie weiterhin zu studieren.“
    So würde denn sein früheres Leben bald auf ewig versiegelt bleiben. Wußte denn niemand Bescheid? „Ist Muir jetzt anwesend? Stimmt er meinem Tode zu?“ wollte er wissen.
    „Muir ist nicht anwesend, und seit seinem Verschwinden hat ihn auch nie jemand leiblich gesehen. Sie können aber sicher sein, daß er von diesem Prozeß weiß. Bis jetzt hat er keinen Einspruch erhoben. Haben Sie noch weitere Fragen? Wenn nicht, beginnt jetzt die Verteidigungszeit zu laufen. Sie haben zehn Minuten.“
    Alar musterte seine Henker mit bleichem Gesicht. Viele von ihnen mußten zusammen mit ihm gefährliche Abenteuer bestanden haben, waren aber jetzt bereit, ihn zu töten, um die Gesellschaft zu retten. Sein Herzschlag nahm stetig zu. Zweihundert. Er war noch nie so hoch gewesen.
    „Alles, was ich …“ – seine Kaltblütigkeit erstaunte ihn selbst – „… zu meiner Verteidigung vorbringen könnte, müßte vom Standpunkt der meisten von Ihnen so unwahrscheinlich und unglaublich klingen, daß jeder Versuch einer Erklärung nur die Vergeudung kostbarer Minuten wäre. Wenn ich noch zehn Minuten zu leben habe …“
    „Neun“, berichtigte ihn der Schriftführer fest.
    „Dann gedenke ich sie zur Rettung meines Lebens zu nutzen. John!“
    „Ja, Junge?“ Havens Stimme zitterte ein wenig.
    „John, falls du mich für unschuldig hältst, erkläre mir bitte eines – worin besteht die chemische Grundlage des Sehens?“
    Der Biologe sah verblüfft drein, gewann aber sofort seine Haltung wieder. Das Blut floß ihm in die Wangen zurück. „Es wird allgemein angenommen“, erklärte er, „daß die vom gesehenen Gegenstand reflektierten Photonen in die Augenpupille einfallen und daß sie durch die glasige und wäßrige Augenflüssigkeit zur Retina gebündelt werden, wo ein Bild entsteht.
    Dort fallen sie auf den Sehpurpur, wo anschließend eine Substanz frei wird, auf die die Stäbchen und Zäpfchen der Retina empfindlich reagieren. Die Stäbchen und Zäpfchen geben den Reiz an die Nervenenden der Retina weiter, die schließlich im großen Sehnerv zusammenlaufen, und das Bild bildet sich in den Falten des Sehlappens an der Schädelbasis.“
    „Ist Ihrer Meinung nach eine Umkehrung dieses Prozesses völlig unmöglich?“
    „Umkehrung? Sie meinen, daß das Gehirn ein Bild formt, über den Sehnerv zur Retina weiterleitet und der Sehpurpur dazu gereizt wird, Photonen auszusenden, die durch die brechenden Flüssigkeiten des Auges so gebündelt werden, daß ein Bild projiziert wird? Wollen Sie wissen, ob Ihre Augen ein Bild ebensogut projizieren wie eines empfangen können? Wollen Sie darauf hinaus?“
    „Genau. Ist das unmöglich?“
    Die Männer beugten sich überrascht und aufmerksam nach vorn.
    „Sie haben noch drei Minuten“, erinnerte der Schriftführer scharf und blickte von Alar zu Haven und wieder zurück.
    Haven richtete die vor Staunen weit aufgerissenen Augen auf seinen Schützling. „Jenem Wesen, das dem Menschen auf der Leiter der Evolution folgen mag, hat man die Gabe der visuellen Projektion vorausgesagt. Dieses Vermögen kann sich innerhalb der nächsten fünfzig oder hundert Jahrtausende entwickeln. Aber jetzt, im modernen Menschen? Das ist höchst unwahrscheinlich.“
    „Falls jedoch“ – er hob warnend die Hand in einer bedeutungsschwangeren Geste – „jemand imstande wäre, aus den Augen Lichtstrahlen zu projizieren … wenn er dazu imstande wäre, sollte er auch imstande sein, andere Reiz-Reaktions-Systeme umzukehren. Er sollte zum Beispiel dann auch das Trommelfell des Ohres in eine Sprechmembran verwandeln können, einfach durch die Aktivierung des Schneckenganges vermittels des Gehörzentrums im Gehirn. Mit einem Wort, er sollte imstande sein, mit dem

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