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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
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jedoch verstörte, was von seinem Verstand Besitz ergriff und das rapide Hämmern seines Herzens übertönte, war dieses – er hatte die T-zweiundzwanzig schon früher gesehen, vor Jahren.
    Selbst als der Sandsack gegen seinen Kopf krachte und selbst als er sich vergeblich an das Bewußtsein zu klammern versuchte, konnte er nur an eines denken: T-zweiundzwanzig, T-zweiundzwanzig – wann?

 
8
Entdeckung durch Folter
     
    „Er erlangt das Bewußtsein wieder“, kicherte die Stimme.
    Alar setzte sich auf einem Knie auf und spähte aus schmerzenden Augen.
    Er befand sich in einem großen Käfig aus Metallstangen, kaum groß genug, daß er darin stehen konnte. Der Käfig stand inmitten eines großen Raumes mit Steinmauern. Überall um ihn herum gab es einen scharfen, stickigen Geruch. Die Schärfe, erkannte er mit bebenden Nasenlöchern, war Blut. In diesen Räumen praktizierte der kaiserliche Psychologe seine unmenschlichen Künste.
    „Guten Morgen, Dieb!“ plapperte Shey, der auf den Zehenspitzen auf und ab ging.
    Alar bemühte sich vergebens zu schlucken, dann stand er mühsam auf. Zum ersten Mal in seinem Leben war er dankbar, daß er völlig erschöpft war. In den langen Stunden, die folgen würden, würde er leicht und häufig ohnmächtig werden.
    „Es ist mir hinterbracht worden“, zirpte Shey, „daß sich bei entsprechender Stimulation in Ihnen vielleicht Kräfte zeigen, die zuvor bei Menschen unbekannt waren – deshalb der eiserne Käfig, in dem Sie jetzt festsitzen. Wir würden gerne eine gute Leistung sehen – aber ohne Gefahr für uns selbst und ohne das Risiko, Sie zu verlieren.“
    Alar schwieg. Proteste würden ihm nichts nützen. Es würde auch kaum seine Lage verbessern, wenn Shey die Stimme des Diebes erkannte, der ihn erst kürzlich ausgeraubt hatte.
    Der Psychologe trat näher an den Käfig heran. „Schmerz ist etwas Wunderbares, müssen Sie wissen“, flüsterte er eifrig. Er rollte den rechten Ärmel empor. „Sehen Sie diese Narben? Ich hielt heiße Messer daran, so lange ich konnte. Die Stimulation – ach!“ Er atmete ekstatisch ein. „Aber Sie werden es bald selbst kennen, nicht wahr? Mein Problem liegt darin, daß ich das Messer immer auslasse, ehe ich die maximale Stimulation empfangen habe. Aber wenn einem jemand hilft, wie ich Ihnen helfen werde …“ Er lächelte einnehmend. „Ich hoffe, Sie enttäuschen uns nicht.“
    Alar spürte, wie ihm die Kälte langsam den Rücken hinaufkroch.
    „Nun denn“, fuhr der Psychologe fort, „strecken Sie bitte den Arm aus, damit Ihnen der Assistent eine Injektion geben kann – oder ziehen Sie es vor, daß wir Sie zur Verabreichung zwischen den Käfigwänden einquetschen? Bloß ein bißchen harmloses Adrenalin, damit Sie nicht ohnmächtig werden – lange, lange nicht.“
    Da half alles nichts. Und auf gewisse Weise war er noch neugieriger als Shey, was passieren würde. Er streckte düster schweigend den Arm aus, und die Nadel fuhr in ihn hinein.
    Das Telephon klingelte. „Heben Sie ab“, befahl Shey.
    „Es ist von oben“, rief der Assistent. „Sie wollen wissen, ob Sie Madame Haze-Gaunt gesehen haben.“
    „Sagen Sie nein.“ Damit war die Sache anscheinend erledigt.
    Weitere Assistenten rollten einen schweren Behälter mit Scharnieren herein, öffneten ihn und fingen an, Gegenstände herauszunehmen und sie auf den Tisch zu legen. Wieder andere schoben die Käfigwände zusammen und zerquetschten den Dieb wie einen Bazillus, der sich zwischen Mikroskopgläsern befand.
    Alar hörte unklar, wie ihm der Schweiß vom Kinn auf den Boden tropfte und eine verrückte Begleitmusik zum Klimpern seines adrenalinbeflügelten Herzens lieferte. Von irgendwo hinter ihm drang der Geruch rotglühenden Metalls.
    Zumindest Keiris hatte es geschafft, zu entkommen.
     
    Es herrschte Zwielicht, und weil es keinen Schmerz mehr gab, dachte er einen Augenblick lang, er sei tot. Dann stand er auf und blickte sich verwundert um. In dieser Welt war er der einzige bewegliche Gegenstand.
    Er hing aufgehängt im Raum neben einer schweigenden, sich windenden Säule. Die Schwerkraft war von hier verbannt. Es gab kein Oben, kein Unten, keinen Bezugsrahmen für die Richtung, so daß die Säule weder notwendigerweise vertikal noch horizontal war. Er rieb sich die Augen. Die körperliche Berührung von Handfläche und Gesicht schien wirklich zu sein. Das war kein Traum. Irgend etwas Ungeheures, Seelenerschütterndes war mit ihm geschehen, das er nicht ergründen

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