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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
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Ohr – nicht mit dem Mund – jeden Ton nachzumachen, den er sich nur vorstellen kann!“
    Alar warf einen Blick auf die trübe Leuchtstoffröhre in der Deckenhalterung. Ein warmes Erröten kroch ihm den Hals hinauf. Er wußte jetzt, er würde leben und nicht sterben … er würde leben, um das graue Netz zu entwirren, hinter dem seine Vergangenheit verborgen lag … er würde die Diebe verlassen und künftig mit ganzer Kraft auf eigene Faust suchen. Es war jedoch noch so viel zu tun, und er war der Gefahr beileibe noch nicht entronnen. Die Stimme des Richters weckte ihn aus seinen Träumen: „Was bezwecken Sie mit dieser sinnlosen Diskussion mit Dr. Haven? Ihnen bleiben nur noch dreißig Sekunden Zeit für die Verteidigung.“
    Um ihn herum war jetzt das gräßliche Gleiten von feingehämmertem Stahl auf Stahl zu vernehmen. Alle Diebe mit Ausnahme Havens hatten die Schwerter gezogen und beobachteten ihn aufmerksam wie Raubkatzen.
    Alar blickte nach oben auf das uralte Fluoreszenzlicht. Es erinnerte ihn an den durch die Staubwolke glühenden Scheinwerferkegel, als er im Sklaven-Untergrund in der Falle saß. Um seine Flucht von damals gab es kein Geheimnis mehr. Er kannte jetzt die Erklärung für die Gestalt in dem schäbigen Rock, die Gestalt, die die seine zu sein schien. Es war wirklich seine eigene Gestalt gewesen. Es hatte sich um ein auf den niedersinkenden Staub projiziertes Bild seines eigenen Körpers gehandelt. Er hatte nicht das Ausmaß seines Vermögens, sein Reiz-Reaktions-System umzukehren, gekannt, und doch hatte er durch den Wunsch, sich selbst flüchten zu sehen, unbewußt ein Lichtabbild seiner selbst geschaffen – und der Wunsch war in Erfüllung gegangen.
    Er schloß die Augen, konzentrierte sich fieberhaft auf die trübe Röhre an der Decke und versuchte, seine wunderbare Fähigkeit neuerlich zu erwecken. Diesmal mochte sie ihn erneut retten, wenn auch auf andere Weise. Wenn er nur genügend Photonen entsprechender Wellenlänge und Frequenz auf den Leuchtstoffüberzug des Leuchtkörpers warf, konnte er seiner Meinung nach die Wellentäler der emittierten Lichtwellen ausfüllen und den Raum in Dunkelheit stürzen.
    Das Licht schien ein wenig zu flackern.
    Sein Atem ging wie der eines keuchenden Hundes, und der Schweiß floß ihm in das offene Auge. Ein paar Fuß vor ihm hob ein Dieb sein Schwert auf die Höhe von Alars Herzen und nahm entlang der Klinge Maß.
    Havens nervöses Flüstern kam knarrend von irgendwo hinter ihm. „Fluoreszierendes Licht liegt im Spektrum weiter oben – steigere deine Frequenz ein wenig.“
    Der Henker stürzte sich auf ihn.
    Im Saal wurde es dunkel.
    Alar preßte die linke Hand auf die böse Wunde in seiner Brust und huschte ein paar Fuß weiter. Nicht weit – zum Regulieren der Lampe mußte er im Freien bleiben. Sein Leben hing jetzt von der kühnsten Improvisation ab.
    Niemand hatte sich bewegt. Überall um ihn herum war das beschleunigte, erwartungsvolle Atmen der Männer zu hören, die ihn töten wollten – sobald sie seine dunkle Gestalt von der eigenen unterscheiden konnten.
    Dann …
    Sein rechtes Ohr hörte Töne, die aus dem linken Ohr drangen:
    „Keiner bewegt sich! Alar muß noch immer im Raum sein. Wir finden ihn sicher, wenn wir erst Licht haben. Nummer Zwanzig-vierzehn – gehen Sie sofort nach draußen ins Büro und holen Sie Notkerzen.“ Es war eine hinlänglich genaue Nachahmung der Stimme des Richters. Die Gefahr lag nur darin, ob auch der Richter dieser Meinung war.
    Alar trat rasch zwei Schritte zurück und sagte mit gedämpfter Stimme: „Ja, Sir.“
    Wie lange würde es dauern, bis jemand auf den Gedanken kam, daß Nummer Zwanzig-vierzehn weiter unten im Gang Aufstellung bezogen hatte?
    Wieder herrschte dieses gespannte Schweigen, als er nach hinten gewandt zur Tür huschte. Es war ungeheuer schwierig, die Lampe nie aus den Augen zu verlieren. Beim Stolpern nach hinten drängte er andere Diebe mit einer Entschuldigung zur Seite. Es brauchte nur ein einziger in die Sichtlinie geraten, und seine Beherrschung der Lampe würde sich in einem Lichtblitz auflösen. Er würde von einem Dutzend Schwertern niedergehauen werden.
    Er merkte jetzt, daß neben ihm die Tür und davor der Wachtposten war.
    „Wer da?“ Die nervöse Frage des Postens schoß aus der Dunkelheit hervor, aus kaum einem Fuß Entfernung.
    „Zwanzig-vierzehn“, flüsterte Alar eifrig. Er spürte, wie ihm warmes Blut über das Bein hinabrieselte. Er mußte rasch einen Verband

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