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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
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Regierungsprotokollen. Die Brieftasche in der inneren Jackentasche enthält Ihre neuen Personalpapiere, eine Karte für den nächsten Mondflug und Ihre versiegelten Dienstanweisungen vom Kaiserlichen Laboratorium für Astrophysik, gegengezeichnet von Haze-Gaunt.“
    Irgendeine ungeheuerliche Tatsache, die für ihn nicht ganz faßbar war, starrte ihm da entgegen. Wenn er sich nur nicht so matt fühlen würde. „Ich nehme an“, erwiderte er langsam, „dem Kaiserlichen Laboratorium ist bekannt, daß Haze-Gaunt jemanden zur Mondstation entsendet, aber ihm ist nicht bekannt, wer der Glückliche ist. Sonst würde man mich doch auf der Stelle als Schwindler entlarven.
    Ich muß ferner annehmen, daß Haze-Gaunt, sofern er sich darüber überhaupt den Kopf zerbrochen hat, sich im Glauben befindet, er entsende einen kaiserlichen Astrophysiker, dessen Identität nur ihm bekannt ist. Eine solche doppelte Täuschung kann nur ein Dritter geplant und eingefädelt haben.“
    Jetzt hatte er es!
    Und er tappte genauso im dunkeln wie zuvor. Er wandte sich anklagend der Frau zu. „Nur ein Verstand konnte die Wahrscheinlichkeit meines Entkommens aus den Fängen des Shey berechnen, nur ein Verstand konnte voraussehen, wo die Gesellschaft die Verhandlung gegen mich abhalten würde. Nur ein einziger Mann konnte Haze-Gaunts Vorgehen bei der Auswahl des ‚Ames’ beeinflussen – das Mikrofilmgehirn!“
    „Er war es.“
    Alar holte tief Atem. „Aber was mochte ihn zu dem Versuch bewogen haben, das Leben eines Diebes zu retten?“
    „Ich bin mir nicht völlig sicher, aber ich glaube, aus dem Grunde, weil er möchte, daß Sie auf dem Mond etwas Lebenswichtiges entdecken. Etwas in einem Ausschnitt einer Himmelskarte. Es steht alles in Ihren Dienstanweisungen. Außerdem ist das Gehirn ein heimlicher Sympathisant der Diebe.“
    „Das verstehe ich nicht.“
    „Ich auch nicht. Wir sollen es auch nicht.“
    Alar kam sich völlig verloren vor, er befand sich in für ihn zu tiefen Gewässern. Vor ein paar Minuten noch war die Welt glatt in Diebe und Kaiserliche eingeteilt gewesen. Jetzt erkannte er lebhaft die Handschrift eines Gehirns, das beide Parteien als Kinder behandelte – eines unvorstellbar tiefen Gehirnes, das mit unendlichem Geschick und unendlicher Geduld auf etwas – worauf? – hinarbeitete.
    „Dort vorn ist die Mondstation“, sagte seine Gefährtin. „Ihr Gepäck befindet sich bereits an Bord. Sie werden das Visum genau überprüfen – ich glaube aber nicht, daß es Schwierigkeiten geben wird. Das ist Ihre letzte Gelegenheit, es sich zu überlegen.“
    Haze-Gaunt und das Kaiserliche Laboratorium würden schließlich miteinander Kontakt aufnehmen und ihre Unterlagen vergleichen. Eine kurze Vision, wie er von abgebrühten kaiserlichen Polizisten in der winzigen Siedlung des Mondobservatoriums gestellt würde, trat Alar blitzschnell vor Augen, und seine Fechthand zuckte nervös.
    Und doch – was gab es auf den Sternaufnahmen eigentlich zu erkennen? Und warum hatte das Mikrofilmgehirn ihn ausgewählt, es zu entdecken? Konnte es Licht auf seine Identität werfen?
    Natürlich würde er gehen!
    „Auf Wiedersehen also, Keiris“, sagte er leise. „Vor einem möchte ich Sie übrigens warnen: Man hat im Kanzleramt Ihr Fehlen bemerkt. Fragen Sie mich nicht, woher ich es weiß. Es wird für Sie sehr gefährlich werden, wenn Sie zurückkehren. Können Sie nicht mit mir kommen?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Noch nicht – noch nicht.“

 
10
Das Verhör
     
    Als sie die Geheimstiege zu ihrer Wohnung in der Reichskanzlei hinaufeilte, verriet Keiris’ ruhiges Äußeres nichts von dem Aufruhr in ihr – derselbe Aufruhr, der sie beinahe von dem Augenblick an erfaßt hatte, als früher am Abend Alars schlanke Gestalt über die Fensterbrüstung gesprungen war. Der Panzer, den sie nach Kims Verschwinden (war er wirklich tot?) sorgfältig um sich aufgebaut hatte, war zu Trümmern zusammengefallen.
    Warum nur hatte ein unbekannter Dieb diese Wirkung auf sie?
    Sein maskenloses Gesicht hatte keinen Anhaltspunkt für ein Erkennen geliefert. Das war eine Enttäuschung, denn sie vergaß nie ein Gesicht. Und doch hatte der Anblick dieses rundlichen, weichen Gesichts mit den gar nicht dazu passen wollenden harten, dunklen Augen das Problem nur verstärkt, anstatt es zu bewältigen oder als nichtexistent auszuweisen.
    Sie wußte, daß sie dieses Gesicht nie zuvor gesehen hatte. Sie wußte aber auch, daß es ganz und gar vertraut war – so

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