Der Mann vom CDT
einigen dichten Foon-Büschen nahm er eine rasche Bewegung wahr; dann schoß ein zweiter Pfeil an ihm vorbei, der fast seine Schulter streifte, und fiel irgendwo ins Gebüsch.
Retief tat, als hätte er nichts bemerkt, ging gemächlich auf den Nunu-Baum zu – und verschwand dann plötzlich hinter dem Stamm. Rasch ergriff er einen kleineren Zweig in Hüfthöhe, bog ihn herunter und befestigte die Spitze mit dem Narkotik-Stäbchen an der porösen Baumrinde. Dann lief er leise und schnell, den Baum zwischen sich und dem unsichtbaren Bogenschützen, in den Schutz eines dichten Gebüsches.
Eine Minute verstrich; ein Zweig knackte. Ein großer, dicker und tätowierter Tsugg erschien, die massige Gestalt in schmutzige Seide gekleidet, einen kurzen, dicken Bogen mit eingesetztem Pfeil und gespannt, in den mächtigen Fäusten. Der Bandit schlich auf Zehenspitzen vorwärts und machte plötzlich einen großen Satz hinter den Nunu-Baum. Als er feststellte, daß seine Beute verschwunden war, blieb er mit dem Rücken zum Baum gewandt stehen und spähte in das Unterholz.
In diesem Augenblick sprang der gebogene Zweig hoch – von dem abgebrannten Narkotik-Stäbchen freigegeben – und traf den überraschten Bogenschützen in den verlängerten Rücken. Der Pfeil fiel zu Boden, als der Tsugg erschrocken zusammenzuckte und dann auf der Stelle erstarrte.
»Nicht zuschlagen, Herr!« bettelte er. »Es waren die anderen, die mir das eingeredet haben …«
Retief trat aus seinem Versteck, nickte dem Tsugg freundlich zu und nahm ihm den Bogen aus den kraftlosen Fingern.
»Gute Arbeit«, sagte er anerkennend, als er die Waffe untersuchte. »Groaci-Handelsware?«
»Handelsware?« entgegnete der Tsugg entrüstet. »Nur weil dein Partner mir einen Dolch in den Rücken bohrt, brauchst du mich nicht gleich zu verspotten. Ich habe ihn den Fünfäugigen geraubt, ganz offen und ehrlich, so wahr ich hier stehe.«
»Verzeihung«, sagte Retief. Er hob den Pfeil auf und legte ihn probeweise auf den Bogen.
»Du bist wohl nicht zufällig ein Mitglied von Hoobriks Bande, wie?« fragte er beiläufig.
»Nicht zufällig, das stimmt«, antwortete der Tsugg mit Nachdruck. »Ich habe die Große Prüfung gemacht, genau wie die anderen Jungs.«
»Welch ein glücklicher Zufall, daß wir uns begegnet sind«, meinte Retief. »Ich bin auf dem Wege zu Seiner Wildheit, um ihm einen Besuch abzustatten. Kannst du mich zu ihm führen?«
Der Tsugg richtete seine 290 Pfund schwere Masse auf. »Sag deinem Freund, er soll das Schlimmste tun«, erwiderte er mit brechender Stimme. »Fim Gloob ist kein Verräter.«
»Verrat habe ich eigentlich nicht gemeint«, beschwichtigte Retief. »Ich dachte nur an ganz gewöhnliche Diplomatie.«
»Deine Drohungen werden dir gar nichts nützen«, erklärte Fim Gloob.
»Ich verstehe«, sagte Retief. »Trotzdem müßte es doch eine Möglichkeit geben, sich zu einigen.«
»Kein Außenseiter kommt in das Lager von Hoobrik, es sei denn als Gefangener.« Der Tsugg rollte seine glänzenden schwarzen Augen. »Äh – Herr, könntest du deinen Partner nicht bitten, nicht ganz so stark zu pieken? Ich fürchte, er wird mir sonst noch meine Weste zerreißen, die meine alte Mam für mich gestohlen hat – ein Andenken, verstehst du.«
»Gefangener, nur als Gefangener, eh, Fim? Übrigens habe ich keinen Partner.«
»Wenn das so ist«, sagte Fim Gloob langsam nach einer kurzen nachdenklichen Pause, »wer könnte dann der Halunke sein, der mir ein Messer in den Rücken bohrt?«
»Soweit ich weiß«, meinte Retief aufrichtig, »ist außer dir und mir niemand da.«
Der Tsugg drehte vorsichtig den Kopf und blickte hinter sich. Mit einem ärgerlichen Knurren entfernte er den störenden Zweig.
»Ich und meine überstarke Phantasie!« Er schüttelte den Kopf. »Und jetzt …« er wandte sich Retief mit drohender Miene zu …
»Vergiß nicht, ich habe immer noch deinen Bogen«, bemerkte Retief freundlich.
»Das wird dir gar nichts nützen«, knurrte Firn und kam näher. »Nur ein echter Tsugg hat den Arm, diesen Bogen abzuziehen!«
»Oh?« Retief setzte den Pfeil noch einmal ein und spannte den Bogen, bis dieser scharf gebogen war. Noch ein bißchen – und das kräftige Kunstholz zerbrach mit einem scharfen Knacken.
»Jetzt verstehe ich, was du meinst«, sagte Retief. »Aber schließlich haben die Groaci immer ziemlich schlechte Waren produziert.«
»Du … du hast ihn zerbrochen!« rief Firn Gloob zutiefst bekümmert.
»Mach dir nichts
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